Nach der Präsidentschaftswahl in den USA geht das ifo Institut davon aus, dass der wirtschaftspolitische Kurs von Donald Trump Deutschland und die Europäische Union vor erhebliche Probleme stellen wird. Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer VDMA fürchtet eine spürbare Belastung der transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen.
„Trump verfolgt eine ausgeprägt protektionistische Agenda, die auf höhere Importzölle und stärkere Beschränkungen des internationalen Handels setzt, insbesondere gegenüber China und potenziell auch gegenüber Europa“, sagt ifo-Präsident Clemens Fuest und empfiehlt, dafür Vorkehrungen zu treffen.
Deutsche Exporteure, für die die USA der größte Absatzmarkt außerhalb der EU sind, müssen mit empfindlichen Einbußen rechnen, sollte Trump seine Drohung wahrmachen und Basiszölle von 20 Prozent auf US-Importe aus der EU und 60 Prozent auf Importe aus China erheben. Diese Maßnahmen des erneut gewählten US-Präsidenten würden allein in Deutschland einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden von 33 Milliarden Euro bedeuten. Das ifo Institut schätzt, dass die deutschen Exporte in die USA damit um etwa 15 Prozent zurückgehen könnten. Zusätzlich würden die Ausfuhren nach China um 10 Prozent sinken, weil Chinas Exporte in die USA massiv zurückgehen würden.
“Wir müssen uns darauf einstellen, dass sich die USA weiter von einer offenen, globalen Zusammenarbeit entfernen. Deutschland und die EU müssen nun ihre Position durch eigene Maßnahmen stärken. Dazu gehören eine tiefere Integration des EU-Dienstleistungsmarktes und glaubwürdige Vergeltungsmaßnahmen gegenüber den USA.“
Lisandra Flach, Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft
So könnte beispielsweise das von der EU neu geschaffene Anti-Coercion-Instrument genutzt werden. Es sieht neben Zöllen weitere Gegenmaßnahmen bei wirtschaftlichem Zwang vor. Außerdem könnten Deutschland und die EU die Zusammenarbeit mit einzelnen US-Bundesstaaten verstärken.
Zollankündigungen ernst nehmen
Die zweite Amtszeit von Donald Trump werde für die deutsche und europäische Industrie eine größere Herausforderung sein als seine erste Präsidentschaft, kommentierte auch VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann. “Insbesondere seine Zollankündigungen müssen wir ernst nehmen. Das wird die transatlantischen Handels- und Investitionsbeziehungen nochmals spürbar belasten. Die USA werden ihre Handelspolitik auch weiterhin mit Fokus auf nationale Sicherheit und Schutz der eigenen Industriearbeitsplätze betreiben. Der strategische Wettbewerb zwischen den USA und China wird sich weiter verschärfen. Europa und Deutschland sind umso mehr gefordert, eigene wirtschaftliche Stärke zu entwickeln.”
“Die USA sind und bleiben aber der wichtigste Exportmarkt außerhalb der EU für den Maschinen- und Anlagenbau aus Deutschland. Unsere Unternehmen bieten die erforderlichen Produkte an, um die von Donald Trump angestrebte Re-Industrialisierung der USA umzusetzen. Der Gesamtausblick des VDMA auf den amerikanischen Markt bleibt daher positiv.”
Thilo Brodtmann, VDMA-Hauptgeschäftsführer
“Unsere Industrie ist während der ersten Trump-Präsidentschaft auf dem US-amerikanischen Markt stark gewachsen. Wir glauben, dass wir auch unter einer zweiten Trump-Präsidentschaft gut aufgestellt sind”, sagte auch VDMA-Präsident Bertram Kawlath. Die USA würden weiter versuchen, sich zu re-industrialisieren, “und wir wollen und können dabei eine konstruktive Rolle spielen. Wir hoffen, dass Donald Trump von seinen Plänen abrückt, Importe in erheblichem Maß mit Zöllen zu belegen. Dies würde unserer exportorientierten Branche einen weiteren dicken Stock in die Speichen schmeißen. Das können wir in der aktuell angespannten wirtschaftlichen Situation überhaupt nicht gebrauchen”, analysierte der VDMA-Präsident.
Reformbedarf in der EU-Politik
Der VDMA-Präsident betonte zugleich, dass deutsche Politik immer auch die Stärkung Europas zum Ziel haben muss. “Wenn es uns nicht gelingt, die EU zu stärken und dabei auch immer wieder über unseren nationalen Schatten zu springen, werden wir im knallharten globalen Wettbewerb nicht bestehen”, mahnte Kawlath. Auch in der EU gibt es einen erheblichen Reformbedarf, um den Binnenmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit mit Blick auf die Wirtschaftsmächte USA und China zu stärken. Der VDMA hat dazu jüngst in einem Diskussionspapier ganz konkrete Maßnahmen aufgezeigt, wie die EU nachhaltig wettbewerbsfähiger werden kann – etwa indem sie sich von ihren viel zu komplexen Regulierungsvorhaben verabschiedet und einen neuen, pragmatischeren Weg einschlägt.
Quellen: ifo Institut / VDMA