Beumer: Inbetriebnahme aus der Ferne

Mann vor mehreren Bildschirmen überwacht Inbetriebnahme aus der Ferne
Vom Backoffice aus wird der Anwender durch die Inbetriebnahme geführt. (Bild: Beumer)

Die Beumer Group hat erstmals eine komplette Verpackungsanlage samt Palettierer aus der Ferne in Betrieb genommen – bei einem Zementhersteller in Aserbaidschan.

Dass einzelne Komponenten remote, also nicht direkt am Gerät, sondern aus der Ferne, parametriert und in Betrieb genommen werden, ist dank der Digitalisierung keine Seltenheit mehr. Beumer hat aber jetzt erstmals eine komplette Verpackungsanlage samt Palettierer in Betrieb genommen – aus über 4.000 Kilometern Entfernung.

Kunden bei Störungen oder Stillständen bestehender Anlagen zu helfen, ist auch aus der Ferne für Beumer kein Problem. Vor einer völlig neuen Situation stand der Systemanbieter als eine geplante Inbetriebnahme mit der Entsendung von Servicepersonal vor Ort auf Grund der Reisebeschränkungen durch die Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden konnte. Man reagierte flexibel und stellte die Weichen auf Remote-Commissioning – die Inbetriebnahme aus der Ferne.

„Der Trigger war klar die Pandemie“, erläutert Peter Teichrib, Fachbereichsleiter im Engineering. Jedoch sei dieses nicht das einzige Szenario, das den neuen Service erforderlich mache. Alles, was den persönlichen Zugang zu Anlagen und Anwendern erschwert oder unmöglich macht, verlange nach neuen Lösungen.

Mann an Förderanlage mit Zementsäcken

20 Prozent der Elektro-Installation führte der Kunde selber durch – der Beumer Support überprüfte und dirigierte aus der Ferne mithilfe der Beumer Smart Glasses. (Bild: Beumer)

Konkretes Beispiel: die Verpackungslinie des Zementherstellers Norm LLC in Aserbaidschan, die bereits vor Ort nahezu fertig montiert war. Die Anlage besteht aus zwei Sacktransportlinien, einem Lagenpalettierer Beumer paletpac 5000 sowie der Verpackungsmaschine Beumer stretch hood A.

„Alle Komponenten standen bereits komplett. Lediglich einige Elektroinstallationen und die Inbetriebnahme mussten noch umgesetzt werden, als unsere Fachleute das Land aufgrund der weltweiten Reisewarnung verlassen mussten.“ Für den Kunden eine heikle Situation: Er hat die Kapazität der beiden Verpackungslinien bereits eingeplant. Läuft die Anlage nicht an, drohen ihm Lieferengpässe und Verluste von Marktanteilen.

Ferninbetriebnahme als Pilotprojekt gestartet

Generell müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Projekt Ferninbetriebnahme (remote commissioning) überhaupt in Betracht gezogen werden kann. Bereits im Vorfeld muss die Anlage vorab inhouse getestet werden. „Bei dieser Anlage hatten wir in der Tat eine erweiterte Hausinbetriebnahme durchgeführt, da der Beumer paletpac 5000 erstmals mit der neuen Steuerung S7-1500 PLC lief“, sagt der Fachbereichsleiter. „Wir wollten sichergehen, dass später alles einwandfrei funktioniert. Letztlich machte dieser Umstand das Remote-Commissioning erst möglich.“

Know-how trifft auf Technik

Hardwareseitig liefern mehrere IP-Kameras den notwendigen Überblick über die komplette Anlage, während die Beumer Smart Glasses, eine speziell hierfür entwickelte Datenbrille, die Beumer-Experten audio-visuell direkt mit dem Anwender vor Ort verbinden. „Hierfür muss natürlich eine Breitband-Internetanbindung vorhanden sein.“ Über die Datenbrille gelingt der Detailblick: Der Support sieht das gleiche wie der Träger vor Ort und kann die richtigen Handgriffe direkt vorgeben. So führt er den Anwender Schritt für Schritt durch die Inbetriebnahme.

Mann mit Smart Glasses, Smartphone und Laptop

Vor Ort: Smart Glasses, Smartphone und Laptop schaffen eine audio-visuelle Verbindung zur Beumer Group. (Bild: Beumer)

Die Kameras und die Smart Glasses sind Bestandteil des Plug-and-Play-Sets für die Ferninbetriebnahme. Zu diesem gehören außerdem ein WiFi-Router für die Beumer Smart Glasses und ein VPN-Client, der auf einem mGuard-Router installiert ist. Die IP-Kameras müssen via LAN-Kabel angeschlossen sein, um eine ausreichende Bildqualität und stabile Übertragung sicherzustellen. „Wir haben die Hard- und Software-Komponenten erst einmal hier vor Ort aufgebaut und die Konfiguration getestet. Anschließend schickten wir das komplette Paket an Norm LLC“, erzählt Teichrib. Dieses Vorgehen hat sich bewährt und ist auch für kommende Remote-Commissioning-Projekte vorgesehen.

Inbetriebnahme aus der Ferne: den Ãœberblick behalten

Für dieses Projekt hat das Unternehmen kurzfristig ein separates Backoffice aufgebaut: Über vier Monitore und einen Laptop hatten die Service-Mitarbeiter die Bilder der IP-Kameras, das Blickfeld der Smart Glasses sowie die über den VPN-Client gesendeten Daten der Anlage immer im Blick.

Quelle: Beumer