Nachfüllbares Bag-in-Bottle-System für viskose Produkte aller Art

Liquid Plug & Play ist ein Bag-in-Bottle-Airless-Refill-System, das ohne Pumpaufsatz auskommt. (Bild: Jule Venrath)

Liquid Plug & Play heißt das erste nachfüllbare Bag-in-Bottle-Airless-System, das ohne Pumpaufsatz auskommt und wie eine Squeezeflasche funktioniert. Das universelle Verpackungssystem löst nicht nur technische Probleme, sondern vereint auch ökologische und wirtschaftliche Aspekte auf neuartige Weise.

Entwickelt wurde Liquid Plug & Play von Jule Venrath. Ihr beruflicher Werdegang ist ungewöhnlich: Mit einem Abschluss in Wirtschaftspsychologie und einer Ausbildung als Grafikerin war sie zunächst weit entfernt von der Welt der Verpackungstechnik. Doch durch ihren gestalterischen Ansatz und den Wunsch, Alltagsprobleme pragmatisch zu lösen, fand sie ihren Weg in die Erfinderszene. Die Initialzündung war der Frust über nicht restlos entleerbare Nagellackflakons. „Aus dem Flakonprojekt ist dann leider nichts geworden, aber in Folge entstand die Idee zu meinem aktuellen Projekt, in dem es zunächst um die Restentleerung von Shampoo und Creme ging. Dann bin ich tiefer in die Thematik eingestiegen“, berichtet die Erfinderin.

Was als vage Idee zur Restentleerung von Kosmetikverpackungen begann, entwickelte sich zu einem patentrechtlich geschützten, skalierbaren Verpackungssystem. „Die Patentanmeldung erfolgte 2021 und zunächst machte man mir wenig Hoffnung, da es in der Verpackungsindustrie bereits eine enorme Anzahl an Patenten gibt. Doch dann kam Ende 2023 mein Patent und die Reise startete.“

Magische Umstülpkante

Liquid Plug & Play ist ein Bag-in-Bottle-Airless-Refill-System, das sich wie eine klassische Squeeze-Bottle verwenden lässt. Das System setzt auf ein mechanisches Pumpprinzip, bei dem durch Drücken auf die Außenhülle Luftdruck auf eine Membran wirkt, die den eingelegten Produktbeutel verdrängt. Durch eine gezielt konstruierte Umstülpkante im Inneren der robusten Außenhülle wird der Produktbeutel bei der Anwendung kontrolliert mittig fixiert und stülpt sich zur Entleerung ineinander – somit kann der gesamte Inhalt restlos entnommen werden.

Anders als bei herkömmlichen Flaschen oder Tuben wird keine Luft eingesogen, um das entnommene Volumen auszugleichen. Das schützt die Textur und verlängert die Haltbarkeit viskoser Produkte deutlich. Gleichzeitig kann der Einsatz von Konservierungsstoffen reduziert werden. Der Clou des Systems liegt vor allem in der Einfachheit der Anwendung: kein Umfüllen, kein spezielles Handling, keine Tricks zur vollständigen Entleerung.

Ein zentrales Element ist die Trennung von langlebiger Außenhülle und leichtgewichtigem Innenbeutel. Die Außenhülle kann individuell gestaltet und über viele Zyklen hinweg wiederverwendet werden, während der Produktkontakt auf den Innenbeutel begrenzt bleibt. Das bedeutet: keine Cross-Kontamination und maximale Hygiene.

Auch die Dosiergenauigkeit ist ein wichtiges Merkmal: Durch das mechanisch kontrollierte Pump- und Ventilsystem lässt sich eine gleichbleibende Produktmenge entnehmen – unabhängig von Füllstand oder Viskosität. Das macht das System auch interessant für Branchen, in denen Hygiene und kontrollierte Dosierung entscheidend sind, etwa im medizinischen oder gastronomischen Bereich.

Durch eine Umstülpkante im Inneren der Außenhülle stülpt sich der Produktbeutel zur Entleerung ineinander – somit kann der gesamte Inhalt restlos entnommen werden. (Bild: Jule Venrath)

Ein System für viele Branchen

Liquid Plug & Play ist bewusst als universelles System konzipiert worden. Die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Anwendungen ist einer seiner größten Vorteile. So eignet es sich beispielsweise in der Kosmetikindustrie ideal für Cremes, Shampoos oder Lotionen. Die Außenhülle kann hochwertig gestaltet und sogar mit digitalen Funktionen wie NFC, App-Anbindung oder Sensorik ausgestattet werden. Im Gastronomiebereich bietet Liquid Plug & Play vor allem hygienische Vorteile und optimale Entnahmebedingungen für Soßen oder Dressings. Im medizinischen Bereich sieht Jule Venrath ihr System sogar als potenziellen Gamechanger.

„Ultraschallgel zum Beispiel ist hochviskos und lässt sich in den bislang verwendeten Flaschen nie restentleeren. Das Prozedere beim Ultraschall könnte mit meinem System viel einfacher werden, denn von der ersten bis zur letzten Entnahme ist der Ausstoß immer gleich und das Produkt immer sofort abrufbereit. Und Liquid Plug & Play bietet auch Vorteile für Lagerung und Logistik, denn es muss nur noch ein Drittel des Gewichts transportiert werden. Hier ist meine Erfindung auch ein wirtschaftliches Tool.“

Jule Venrath

Ein weiterer Vorteil: Dank Thermoeffekt in der Außenhülle können selbst temperaturempfindliche Produkte außerhalb der Kühlung über einige Zeit gelagert werden. Anwendermöglichkeiten gibt es auch im Heimwerkerbedarf oder im Haushalt: Von Klebstoffen bis hin zu Reinigungsmitteln – Liquid Plug & Play sorgt für eine saubere Anwendung, weniger Verschwendung und eine starke Markenbindung.

Lizenzmodell statt eigener Produktion

Jule Venrath verfolgt ein klares Ziel: „Ich habe ein Proof of Concept erstellt, um zu zeigen, dass meine Idee umgesetzt werden kann. Es war aber nie mein Plan, die Verpackung selbst zu produzieren. Ich möchte Lizenznehmer gewinnen, die die Technologie in ihre bestehende Produktionslinien integrieren.“ Unternehmen können auf einen erprobten Prototyp und ein validiertes Konzept zurückgreifen, ohne eigene Grundlagenforschung betreiben zu müssen. „Ich bringe die Idee, die Unternehmen bringen die Produkte“, fasst Venrath ihr Modell zusammen.

Erste Gespräche mit potenziellen Partnern laufen bereits, das Feedback sei durchweg positiv. „Ich bin begeistert, wie offen die Türen auch bei großen Konzernen sind, und bekomme häufig auch mehrfache Einladungen.“ Das Interesse an der neuen Technik ist da – nicht zuletzt, weil das System auch ein strategisches Werkzeug zur Positionierung im wachsenden Markt nachhaltiger Produkte sein könnte.

Kreislauffähigkeit als Leitgedanke

Das System Liquid Plug & Play denkt den gesamten Lebenszyklus mit: Die Außenhülle ist langlebig und am Ende sortenrein recycelbar. Die Innenbeutel bestehen wahlweise aus Monomaterial oder trennbaren Verbundstoffen, je nach regulatorischen Anforderungen. Durch die klare Trennung von Technik und Produktkontakt ermöglicht das System eine hygienische Nachfülllösung ohne Kontaminationsrisiken – ein bisher ungelöstes Problem vieler Refill-Systeme.