Multipond – von Laufgewichts- und Zeigerwaagen zum ersten Wägeautomaten Europas

Der Dosiermodus ist patentiert. Er gehört nur bei MULTIPOND zu den Grundfunktionen und eignet sich ideal für freifließende, nicht klebrige, granulierte Produkte.
Der Dosiermodus ist patentiert. Er gehört nur bei MULTIPOND zu den Grundfunktionen und eignet sich ideal für freifließende, nicht klebrige, granulierte Produkte.

Im Oktober 1947 wird die ATOMA Gesellschaft für automatische Waagen GmbH ins Handelsregister eingetragen. Geschäftsgegenstand sind der Bau und die Instandsetzung von Waagen aller Art. Seit Wilhelm Ludwig Krämer das Unternehmen gründete, hat es sich nach bewegter Geschichte zu einem der Weltmarktführer entwickelt. Die Marke MULTIPOND steht heute weltweit für Qualität, Zuverlässigkeit und innovative, maßgeschneiderte Lösungen.

Die Flucht vor der heranrückenden Sowjetarmee verschlägt Wilhelm Ludwig Krämer, den Gründungsgesellschafter der ATOMA-MULTIPOND Unternehmensgruppe, kurz vor Kriegsende nach Oberbayern. Zusammen mit seinem Vater, der in Berlin sein Ingenieurbüro zurücklassen musste, war er zunächst in dem kleinen Ort Traunwalchen bei Bauern untergekommen.

Firmengründer Wilhelm Kraemer etwa 1970.

Firmengründer Wilhelm Kraemer etwa 1970.

Der gelernte Ingenieur ist damals noch keine 30 Jahre alt und möchte nicht untätig bleiben. Er beschließt gemeinsam mit einem Freund, der bis dato als Kaufmann in der Waagenbranche tätig war, ein Unternehmen zu gründen. Der Sitz des Unternehmens befindet sich 70 km östlich von München und 35 km nördlich des Chiemsees. Außer Wald und ein paar Gebäuden einer stillgelegten Sprengstofffabrik gibt es dort nichts. Sudetendeutsche, die bei Kriegsende ihre Heimat verlassen mussten, gründeten dort später das Städtchen Waldkraiburg.

Schwierige Anfangszeiten

Das Unternehmen wird im Oktober 1947 als ATOMA Gesellschaft für automatische Waagen GmbH gegründet. Anfangs lebt man von Reparaturen kriegsbeschädigter Waagen. Ziel ist es, automatisch anzeigende Waagen herzustellen, daher auch der Firmenname. Der Kompagnon scheidet bald wieder aus, und Wilhelm Ludwig Krämer führt das Unternehmen allein weiter. Mangels Rohstoffen und fehlender Zulieferer können von 1946 bis 1950 jedoch nur handbetätigte Laufgewichtswaagen nach Konstruktionszeichnungen des Gründers hergestellt werden. Für den Einkauf von Rohstoffen und Halbfabrikaten müssen anfangs beim bayerischen Wirtschaftsministerium Materialbezugsscheine erbettelt werden.

Waagenausstellung anlässlich der Gemeindegründung von Waldkraiburg 1950.

Waagenausstellung anlässlich der Gemeindegründung von Waldkraiburg 1950.

Mit der Währungsreform am 21. Juni 1948 ändert sich die Situation schlagartig, und so kann endlich mit der Serienproduktion von Waagen begonnen werden. 1950 geht man zur Produktion von selbsttätigen Zeigerwaagen über, die vorwiegend in Industrie und Handel, auf Bahnhöfen, Postämtern und in Raiffeisenbanken eingesetzt werden. ATOMA hat sich bereits einen gewissen Namen gemacht, muss aber immer noch ums Überleben kämpfen.

Prof. Ludwig Erhard, der Vater des Wirtschaftswunders und damalige Bundeswirtschaftsminister prüft sein Gewicht am ATOMA-Stand der Handwerksmesse in München 1952.

Prof. Ludwig Erhard, der Vater des Wirtschaftswunders und damalige Bundeswirtschaftsminister prüft sein Gewicht am ATOMA-Stand der Handwerksmesse in München 1952.

Eine Vision wird Wirklichkeit

Der Zufall leitet 1962 die entscheidende Wende ein. Inzwischen sind auch in Deutschland sogenannte Supermärkte aufgekommen, die bereits fertig abgepackte und exakt verwogene Waren zur Selbstbedienung anbieten. Der damalige Inhaber einer Waldkraiburger Süßwarenfirma hatte auf Messen Waagen englischer und amerikanischer Hersteller gesehen, die Verpackungsmaschinen automatisch, kontinuierlich, mit hoher Geschwindigkeit mit einer vorbestimmten Portion beschicken. Er wendet sich an Wilhelm Ludwig Krämer und animiert ihm, solch einen Wägeautomaten zum Abpacken von Bonbons für ihn zu entwickeln und herzustellen. Der Interessent macht ihn mit dem Verkaufsleiter eines deutschen Schlauchbeutelmaschinenherstellers bekannt, der großes Interesse daran hat, von einem deutschen Unternehmen Waagen beziehen zu können, die seine Schlauchbeutelmaschine mit den gewichtsgenauen Portionen beschicken. Dieser nimmt Krämer an die Hand und fliegt mit ihm nach Paris, um ihm auf der dort stattfindenden Verpackungsmesse mit der Welt der Verpackungsmaschinen bekannt zu machen. Wilhelm L. Krämer erkennt seine Chance, nimmt die Herausforderung an und macht sich – auf der Bettkante sitzend, vor sich ein Zeichenbrett, nächtelang durcharbeitend – an die Konstruktion einer solchen Abfüllwaage.

Der erste Wägeautomat Europas

1963 stellt ATOMA als erster Hersteller auf dem europäischen Kontinent einen solchen Wägeautomaten auf der Verpackungsmesse interpack in Düsseldorf aus. ATOMA ist damit so erfolgreich, dass man sich fortan nur noch diesem Waagentyp widmet und die Produktion von Zeigerwaagen einstellt. In den folgenden Jahren werden die Automaten immer leistungsfähiger und universeller einsetzbar. Die ständige Verbesserung beruht insbesondere auf dem Einsatz moderner Elektronik. Um sich auf die Entwicklung auf diesem Gebiet zu fokussieren, gliedert W. L. Krämer 1978 die „Elektroabteilung“ der ATOMA aus und gründet die Electroprocess GmbH, Gesellschaft für Mess- und Regeltechnik.

Ihre Aufgaben sind die Entwicklung und Fertigung von Wägezellen und Steuerungen. Die in dieser Firma entwickelten Waagensteuerungen in Verbindung mit den ebenfalls aus diesem Haus stammenden Messwertgebern, den sogenannten Wägezellen, machen es möglich, die erfassten Gewichtswerte statistisch zu verarbeiten. Ab 1984 werden die Wägeautomaten mit DMS-Wägezellen ausgestattet. Mit dem deutschen Schlauchbeutelmaschinenhersteller schließt ATOMA einen exklusiven Vertretungsvertrag. Die Nachfrage nach den Wägeautomaten ist so groß, dass man mit der Produktion kaum nachkommt.

Der Firmensitz in Deutschland etwa 1980.

Der Firmensitz in Deutschland etwa 1980.

Aufbau eines Vertriebsnetzes

Die Situation ändert sich nach einigen Jahren schlagartig, als dieses Unternehmen an einen großen deutschen Konzern verkauft wird. Dieser besitzt in seiner Unternehmensgruppe bereits einen anderen Hersteller von Wägeautomaten und veranlasst daher die Kündigung des Vertrags mit ATOMA. ATOMA sieht sich nun mit der Notwendigkeit konfrontiert, mithilfe von Handelsvertretern in Deutschland und Europa ein eigenes Vertriebsnetz aufzubauen. Da man auf dem französischen Markt bereits recht erfolgreich ist, entschließt man sich, diesen Markt selbst zu bearbeiten, und gründet 1978 die erste Vertriebs- und Servicetochter, die ATOMA societé pour les techniques de l’emballage s.a.r.l. 1986 folgt die Gründung der ATOMA Benelux B. V. mit Sitz in Eindhoven, Niederlande. Im Jahre 1991 entschied man sich zur Gründung der MULTIPOND Ltd. im Raum London als drittes Tochterunternehmen.

Entwicklung des Teilmengen-Kombinations-Prinzips

Die Weiterentwicklung des Waagenbaus wird ganz entscheidend von der Elektronik geprägt. Elektronische Bausteine werden immer kleiner, leistungsfähiger und preiswerter. Damit wandeln sich die Abfüllwaagen grundsätzlich. Die größtmögliche Genauigkeit einer Portion hängt bei den sogenannten Linearwaagen vom Stückgewicht eines Produkts ab. Sie bewegt sich innerhalb einer Toleranz von +/- 1 Stück. Jetzt ist der Weg frei, einen Denkansatz, der die Techniker schon längere Zeit beschäftigte, weiterzuverfolgen und technisch umzusetzen. Mikroprozessoren ermitteln aus den Einzelgewichten einer Vielzahl von Wägesystemen diejenige Kombination, die genau dem Sollgewicht der Gesamtportion entspricht oder ihm am nächsten kommt. 1984 baut das Unternehmen seinen ersten nach dem sogenannten Teilmengen-Kombinationsprinzip arbeitenden Wägeautomaten, den man unter der Marke MULTIPOND auf den Markt bringt. Die 1987 in Waldkraiburg gegründete MULTIPOND Wägetechnik GmbH übernimmt Vertrieb und Service dieses neuen Waagentyps.

Die roten Kunststoffbehälter werden schnell zum Erkennungszeichen von Multipond. Der Typ MP 1401-B war 1993 kleinste Waage des Herstellers.

Die roten Kunststoffbehälter werden schnell zum Erkennungszeichen von Multipond. Der Typ MP 1401-B war 1993 kleinste Waage des Herstellers.

Rote Behälter werden zum Erkennungszeichen

Als erster Hersteller entscheidet sich W. L. Krämer dafür, die Behälter der Waagen aus einem hochwertigen, für Lebensmittel zugelassenen, antistatischen, antiadhäsiven, Eis und Fett abweisenden Kunststoff herzustellen. Die „roten Behälter“ einer MULTIPOND Waage werden bald zum unverwechselbaren Erkennungszeichen auf dem Weltmarkt. Eine Stärke des Unternehmens ist von jeher das Verwiegen von schwierigen Produkten. In engster Zusammenarbeit mit dem Kunden entwickelt man Wägeautomaten für außergewöhnliche Einsatzgebiete. Die Anwendungstechnik stellt sich den schwierigen Aufgaben und orientiert sich stets am Optimum für den Fertigungsprozess des Kunden.

Übergabe an die zweite Generation

1997 kann W. L. Krämer auf über 50 Jahre erfolgreicher Geschäftsführung zurückblicken und übergibt die Geschäftsleitung an seine Nachfolger, seine beiden Söhne Robert und Wilhelm Krämer sowie Margret Stemick. Dabei übernahm Wilhelm Krämer den Aufgabenbereich Vertrieb und Marketing, um alles Kaufmännische kümmerte sich Margret Stemick und Robert Krämer war für die Betriebsleitung zuständig. 1998 wird die Gründung einer Tochtergesellschaft in Amerika beschlossen. Angesiedelt in der MULTIPOND GmbH, wird diese unter dem Namen MULTIPOND America Inc. in Green Bay, USA, eröffnet.

Robert Krämer (li.) fungiert als Betriebsleiter. Wilhelm Krämer jun. (re.) verantwortet den Aufgabenbereich Vertrieb und Marketing.

Robert Krämer (li.) fungiert als Betriebsleiter. Wilhelm Krämer jun. (re.) verantwortet den Aufgabenbereich Vertrieb und Marketing.

Die Entwicklungen der Unternehmensgruppe laufen gut, und so wird 2002 die neue Dosierwaage „DW“ für pulvrige bis granulare Wägegüter in den Markt eingeführt. In den nächsten drei Jahren folgt eine ganze Serie von Markteinführungen. So wurde im Jahr 2003 die „Topping Unit“ vorgestellt. Die Waage ist insbesondere für kleinere Losgrößen geeignet und stellt eine gute Lösung für häufige Produkt- und Standortwechsel dar. 2004 fand die Markteinführung der Kombinationswaagenserie „LW“ statt. Eine neue Mehrkopfwaage zum Verwiegen von Produkten, die aufgrund ihrer Eigenschaften nicht automatisch gefördert werden können, wurde in Form der MULTIPOND-Serie „SAL“ im Jahr 2005 auf den Markt gebracht.

Das Thema Hygienisches Design wurde mit Einführung der neuen J-Waagengeneration komplett neu definiert.

Das Thema Hygienisches Design wurde mit Einführung der neuen J-Waagengeneration komplett neu definiert.

Als größte und wichtigste Messe in der Verpackungsindustrie gilt nach wie vor die interpack. Sie gilt als unverzichtbares Event für alle Entscheidungsträger. 2014 präsentierte sich MULTIPOND dank der neuen J-Generation als Vorreiter in der Industrie. Die Investition in den Hauptstandort in Waldkraiburg unterstützt den Erfolg des Unternehmens. Eine Drei-Millionen-Euro-Investition wird für ein neues Technikum, einen Kühlraum und das neue Zentrallager verwendet. Kühlraum und Technikum schaffen nun optimale Bedingungen für Kundenversuche. Speziell der Kühlraum ermöglicht nun Versuche mit Tiefkühlprodukten unter realen Bedingungen. Das Zentrallager optimiert den gesamten Produktionsprozess der Unternehmensgruppe. Im Jahr 2015 übergibt Margret Stemick ihren Teil der Geschäftsführung, den Bereich Verwaltung und Personal, an Karl Hans Bauer.

Die Marke MULTIPOND

Mit mehr als 70 Jahren Erfahrung hat sich MULTIPOND sich einen Namen als marktführender, innovativer Hersteller von Mehrkopfwaagen gemacht. Heute steht die Marke MULTIPOND weltweit für Qualität, Zuverlässigkeit und innovative, maßgeschneiderte Lösungen. Der Erfolg basiert auf dem hohen qualitativen und technischen Standard der Wägesysteme.

Behälter wurden später auf blau umgestellt, da sich diese Farbe einfacher detektieren lässt. Heute ist die blaue Farbe auch ein Zeichen für Hygiene.

Behälter wurden später auf blau umgestellt, da sich diese Farbe einfacher detektieren lässt. Heute ist die blaue Farbe auch ein Zeichen für Hygiene.

Es wird nach wie vor ganz bewusst auf eine hohe Fertigungstiefe sowie die Produktion ausschließlich in Deutschland gesetzt. Dies garantiert einen durchgängig hohen Qualitätsstandard und erlaubt es, stets flexibel auch auf die schwierigsten Kundenanforderungen einzugehen. Mehr als 4.500 verkaufte und erfolgreich installierte Wägesysteme sprechen für sich.

Unternehmensmaxime

Das Thema Kundenorientierung hat sich die Unternehmensgruppe zur Unternehmensmaxime gemacht. So setzt ein Team aus mittlerweile mehr als 250 Mitarbeitern weltweit alles daran, den Kunden aus dem Food- und Non-Food-Bereich stets die optimale, individuelle Lösung, exakt zugeschnitten auf deren Anforderungen, zu bieten. In der Produktion konzentriert sich MULTIPOND ganz bewusst auf die Kernkompetenzen, die Wäge- und Dosiertechnik, sowie auf die Prozessschritte vor und nach dem Wiegen, sprich die Zuführung des Produkts zur Waage und die sichere Übergabe der abgewogenen Portion an die Verpackungsmaschine. MULTIPOND ist der einzige Hersteller von Mehrkopfwaagen weltweit, der diese Komponenten „inhouse“ konzipiert, produziert und in die Anlagen integriert. Ansteuerungs- und Synchronisationsschnittstellen sind Bestandteil der Basissoftware.

Durch die jahrzehntelange Erfahrung im Handling mit Produkten unterschiedlichster Konsistenz und Fördereigenschaften verfügt man über eigene patentierte Oberflächen.

Durch die jahrzehntelange Erfahrung im Handling mit Produkten unterschiedlichster Konsistenz und Fördereigenschaften verfügt man über eigene patentierte Oberflächen.

Höchste Hygienestandards

MULTIPOND hat das Thema hygienisches Design mit Einführung der neuen Waagengeneration komplett neu definiert und setzt somit eine Benchmark in der Industrie. Laut Industrieexperten aus den USA ist das Unternehmen mit dem neuen hygienischen Design der Industrie einen weiten Schritt voraus. Um durchgängig einen hohen Hygienestandard sicherzustellen, ist die Unternehmensgruppe Mitglied beim EHEDG. MULTIPOND ist sogar noch einen Schritt weiter in Richtung Hygiene gegangen: Die neue J-Generation ist standardmäßig mit der Schutzart IP69 versehen. Die Schutzart wurde im Gegensatz zum Wettbewerb ohne die Erzeugung von Überdruck in der Maschine erreicht.