Nachhaltigkeit im Verpackungsmaschinenbau ist nur erfolgreich, wenn über die eigentliche Maschine hinaus gedacht wird – so die Einstellung bei Somic. Mensch, Umwelt und Technik müssen als Gesamtsystem betrachtet werden. Aber welche Zusammenhänge sind hier besonders wichtig?
Die bekannten drei Säulen der Nachhaltigkeit, Ökonomie, Ökologie und Soziales, erfordern es, bereits bei der Konstruktion einer Maschine neben dem Herstellungsprozess auch den Einsatz beim Kunden und schlussendlich die spätere Verwertung zu betrachten. Dabei steht bereits von Beginn an der Mensch im Mittelpunkt. „Wir versetzen uns bereits während der Konstruktion in den Bediener der Maschine und überlegen uns, wie wir ihm seinen Arbeitsplatz optimal gestalten können“, erklärt Dr. Johann Härtl, Konstruktionsleiter bei Somic, einem Hersteller von Endverpackungsmaschinen. Doch was bedeutet das in der Praxis?
Der Mensch im Fokus
Der Bediener nutzt ein klar strukturiertes Touchscreen-Panel und profitiert von der intuitiven Darstellung aller Arbeitsschritte. Standardmäßig sind hier die Instruktionen in der jeweiligen Landessprache des Kunden hinterlegt, weitere Sprachen werden optional angeboten. Das sichert eine gute Verständlichkeit der Maschinenfunktionen und wird durch eine Hilfefunktion mit Hinweisen über die Bedeutung der verschiedenen Parameter ergänzt.
Das Umrüsten auf verschiedene Formate basiert auf einfach zu handhabenden QuickChange-Verbindungen für die Wechselteile. Dazu erhalten die Bediener klare Ablaufanleitungen, die mithilfe von Teilecodes und dem Bedienpanel eindeutig nachvollziehbar sind.
Zudem wird die Ergonomie als grundsätzliches Konstruktionsmerkmal betrachtet. „Das schwerste Teil, das der Bediener an der Maschine bei einem Formatwechsel austauschen muss, wiegt üblicherweise nicht mehr als fünf Kilogramm, und die Erreichbarkeit wird bereits im CAD anhand eines Dummys bewertet“, erklärt Härtl.
Weiterhin achtet das Konstruktionsteam auf die Zugänglichkeit der Maschine, um dem Bediener eine schonende Arbeitshaltung zu ermöglichen. Bei der Inbetriebnahme bietet Somic ausführliche Trainings für den Einstieg in die Bedienung der Maschine.
Und bei zusätzlichem Bedarf können ganz gezielt unterschiedliche Personenkreise mit der Maschine vertraut gemacht oder die Handgriffe für die Wartungsarbeiten gemeinsam trainiert werden. Die Belastung der Bediener im Produktionsbetrieb wird auch an den Emissionen bemessen.
„Wir unterschreiten den vorgegebenen maximalen Schalldruckpegel für industrielle Arbeitsstätten von 80 dB(A) deutlich. Durch speziell optimierte Bewegungskurven für die eingesetzten Roboterachsen erreichen wir selbst bei höchster Verpackungsleistung eine kaum zu überbietende Laufruhe. Das sorgt außerdem für eine äußerst schonende Behandlung der Produkte und geringsten Maschinenverschleiß.“ Stefan Julinek, Verkaufsleiter bei Somic
Sparsamer Verbrauch – robuste Konstruktion
Der Strom- und Druckluftverbrauch einer Maschine wird großteils von der Konstruktion beeinflusst. Hier ersetzt Somic möglichst viele pneumatische Funktionen durch Servotechnik. So kann das Bewegungsverhalten besser kontrolliert werden, und Leckagen im Druckluftnetz sind kein Thema mehr. Der funktional benötigte Unterdruck in sämtlichen Transportsystemen wird nicht mit Venturi-Düsen, sondern äußerst energiesparend mit elektronisch geregelten Seitenkanalverdichtern erzeugt.
Neben den Verbrauchswerten für Strom und Druckluft lohnt es sich, den Materialverbrauch beim Verpackungsprozess genau zu prüfen. Das Team nutzt dabei mehrere Ansätze. Bei der Verpackungsspezifikation und beim Design des Kartons kann der Kunde seinen Materialeinsatz reduzieren, jedoch trotzdem noch für den notwendigen Produktschutz sorgen. Mit dem firmeneigenen Karton-Plotter lassen sich Formatvarianten vergleichen und eine möglichst materialsparende Zuschnittvariante erarbeiten.
Zusätzlich zur Zuschnittgestaltung ist der Leimverbrauch eine maßgebliche Größe, wenn es um Ressourcenschonung geht. In den Maschinen sorgen hochpräzise Leimdüsen für einen Leimauftrag im Millimeterbereich. Die Ansteuerung der Leimdüsen geschieht bei den Hochgeschwindigkeitsprozessen in der Kartonformierung mit einer Zykluszeit von weniger als zwei Millisekunden. Der Leimpunkt wird genau da gesetzt, wo er gebraucht wird.
Was ein Mehrverbrauch an dieser Stelle bedeutet, rechnet Julinek vor: „Bei einer nur einen Millimeter längeren Leimspur als nötig erhöht sich bei 16 Klebestellen eines Wrap-around-Kartons der Leimbedarf um sieben Prozent – das sind 35 Kubikmillimeter Mehrverbrauch pro Karton! Pro Woche kann das einem zusätzlichen Aufwand von circa zehn Liter entsprechen.“ Es lohnt sich also, an dieser Stelle mit höchster Präzision zu arbeiten.
Wie ermitteln die Somic-Experten die Nachhaltigkeit ihrer Maschinen im laufenden Produktionsbetrieb – sieht man mal von den Verbrauchsstoffen ab? „Um Informationen über die Robustheit unserer Maschinen zu erhalten, müssen wir nur in unsere ‚Bücher‘ schauen“, weiß Stefan Julinek. Diese Informationen sind für zwei Aspekte wichtig. Zum einen lässt sich so die Total Cost of Ownership für die Maschinen errechnen, und zum anderen erlauben sie eine Aussage darüber, wie langlebig die verbauten Baugruppen und -teile sind.
Beide Experten fassen das Ergebnis so zusammen: „Unsere Daten sprechen für sich. Denn wenn wir unsere Kunden fragen, dann können sie ihren Ersatzteilbedarf gar nicht beziffern.“ Ressourcenschonung heißt damit also – so schade das für Somic ist – nur wenig Ersatzteilgeschäft. Dennoch gibt es für die Abteilung Service und Aftersales genug zu tun.
Zwischen fünf und 20 Formate sind üblicherweise bei Auslieferung der Maschine im kundenspezifischen Verarbeitungsprogramm hinterlegt. Mit diesen Formaten kommen viele Kunden bereits auf eine langjährige Betriebsdauer. Sollten Marktveränderungen weitere Formate erfordern, ist das kein Problem. „Jüngst haben wir für eine mehr als 20 Jahre alte Maschine einen neuen Formatsatz gebaut. Das zeigt, dass unsere Maschinen in Sachen Lebensdauer in jedem Fall unter der Flagge Nachhaltigkeit segeln. So können auch für ältere Maschinenmodelle Nachrüstteile geliefert werden“, berichtet Julinek.
Qualität und Regionalität
Das Unternehmen mit Sitz im oberbayerischen Amerang verlässt sich zu über 90 Prozent auf Zulieferer aus der Region. „Was gerne als „Kirchturm-Sourcing“ belächelt wird, sichert uns kurze Reaktionszeiten und bewahrt unseren Qualitätsanspruch“, erklärt Härtl. Die kurzen Wege vermeiden Umweltbelastungen und Lieferverzögerungen durch Störungen auf dem Transportweg. Zudem kennen die Zulieferer die Maschinen, sie wissen, wo ihre Teile eingebaut sind und worauf es ankommt.
Konsistente Schritte in Sachen Nachhaltigkeit: Die Somic Experten sind überzeugt, dass nachhaltiges Handeln nur dann richtig funktioniert, wenn alle Themen konsequent auf dieses Kriterium geprüft werden. „Wir haben dafür kein spezielles Nachhaltigkeitsprogramm, sondern wir machen diese Schritte, weil wir von dieser Strategie überzeugt sind – seit jeher“, sagt Härtl. Und Julinek ergänzt: „Wir sehen auch, dass der Markt genau das wünscht.“