Grüne Verpackungen sind oft undurchsichtig. Die Verbraucherzentrale NRW hat jetzt die Nachhaltigkeitsaussagen der Hersteller unter die Lupe genommen.
Bio-Milch im vermeintlichen Pappkarton, Spülmittel in der Plastikflasche Made for recycling oder Wurst in der Verbundverpackung mit 65 Prozent weniger Kunststoff. Immer häufiger stoßen Konsumenten bei Lebensmitteln oder Drogerieartikeln auf Verpackungen, die besonders umweltfreundlich erscheinen wollen und mit entsprechenden Botschaften werben. Viel grüne Farbe, ein natürliches Design und eine Vielzahl von Siegeln betonen zusätzlich die Nachhaltigkeit des Verpackungsmaterials.
Aber steckt dahinter tatsächlich ein ökologischer Mehrwert? Und sind die Nachhaltigkeitsaussagen für Verbraucher überprüfbar, die Hinweise verständlich? Um das herauszufinden, hat sich die Verbraucherzentrale NRW insgesamt 60 Verpackungen (33 Drogerieartikel und 27 Lebensmittelprodukte) genauer angeschaut. Ausgewählte Beispiele wurden anschließend unter wissenschaftlicher Begleitung mit Verbrauchern begutachtet und diskutiert.
Aufmachung suggeriert zu oft Nachhaltigkeit
Ergebnis: Potenzielle Käufer bewerteten die Mehrzahl der betrachteten Produkte aufgrund ihrer Aufmachung deutlich nachhaltiger als die Fachleute der Verbraucherzentrale.
Als besonders problematisch stuft die Verbraucherzentrale Getränkekartons im Altpapier-Look ein, wie zum Beispiel von Bio-Milch.
“Bei solchen Produkten vermuteten die Verbraucher, dass die Verpackung anschließend ins Altpapier gehöre. Dabei handelt es sich bei Getränkekartons um Verbundstoffe, die im gelben Sack entsorgt werden müssen.” Philip Heldt, Umweltexperte der Verbraucherzentrale NRW
Auch Umverpackungen aus nachhaltig wirkendem Papier – beispielsweise bei Zahnpasta – suggerierten den Teilnehmenden besondere Öko-Qualitäten. Dabei ist die zusätzliche Umhüllung der Kunststofftube unnötig und verbraucht zusätzliche Ressourcen.
Aussagen wie Recyclebare Verpackung oder Made for recycling auf Verpackungen führten ebenfalls zu ungerechtfertigt positiven Beurteilungen durch die Konsumenten. Ein wirkungsvoller Marketingtrick, denn “hier werben die Hersteller mit Selbstverständlichkeiten. Gesetzlich sind Verpackungen grundsätzlich so herzustellen, dass sie wiederverwendbar oder -verwertbar sind”, erläutert Philip Heldt.
Verbraucherzentrale NRW sieht Handlungsbedarf
Positiv aufgefallen sind bei potenziellen Käufern wie Experten dagegen Drogerieprodukte, deren Verpackung einen tatsächlich sehr hohen Anteil an recyceltem Plastik (mehr als 90 Prozent) aufweist. Teils verwenden Hersteller sogar sogenanntes Social Plastic. Das ist Plastik, das aus der Umwelt aufgesammelt und dann wiederverwertet wird. Erläutern Unternehmen dieses Konzept auf ihrer Verpackung und belegen es mit weiterführenden Links glaubwürdig, kommt dies bei den Konsumenten besonders gut an.
Schwer für die Befragten einzuordnen waren dagegen die Prozentzahlen und Hochrechnungen auf Großpackungen. Die Angaben sollen vermitteln, dass sich gegenüber kleineren Verpackungseinheiten Material und Transportwege einsparen lassen – ein tatsächlicher Gewinn in Sachen Nachhaltigkeit, den Verbraucher jedoch nicht auf Anhieb erkennen konnten.
“Da es bei den Nachhaltigkeits-Aussagen zur Produktverpackung noch keine Standards gibt, sind Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Bewertung auf sich selbst gestellt. Dabei kommt es sowohl zu ,Greenwashing’-Effekten als auch zu fehlerhafter Entsorgung.” Philip Heldt
Die Verbraucherzentrale NRW sieht Handlungsbedarf und hat Hersteller daher in der Europäischen Woche der Abfallvermeidung zu einem Fachgespräch eingeladen. Die Untersuchung zu Nachhaltigkeitsaussagen auf Verpackungen wurde durchgeführt im Rahmen des EU- und landesgeförderten Projekts MehrWertKonsum.
Quelle: Verbraucherzentrale NRW