Die Verpackungsindustrie steht vor der Herausforderung, nachhaltige Lösungen zu finden und gleichzeitig die Funktionalität und Attraktivität ihrer Produkte zu erhalten. Eine Möglichkeit können erneuerbare Rohstoffe für Kunststoffe und neue Recyclingtechnologien bieten. Das finnische Unternehmen Neste beschäftigt sich mit beiden Routen.
Nachhaltigkeit bei Plastikverpackungen muss sich mit zwei Themen auseinandersetzen: Zum einen ist da die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikabfall, zum anderen bildet der Einsatz fossiler Rohstoffe trotz zunehmender Nachhaltigkeitsbemühungen immer noch die Grundlage für 90 Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion. Dieser hohe Anteil belastet durch einhergehende Treibhausgasemissionen nicht nur den Planeten, sondern stellt auch eine Abhängigkeit von endlichen Ressourcen dar.
Chemisches Recycling: der Weg zur Wiederverwertung
Ein Kernelement der Nachhaltigkeitsbemühungen der Industrie ist die Kreislaufwirtschaft: Je mehr Kunststoffabfall dem Recycling zugeführt werden kann, desto weniger landet in der Umwelt, während gleichzeitig weniger fossile Rohstoffe benötigt werden. Allerdings stößt (mechanisches) Recycling in einigen Fällen an Grenzen – sowohl was die Abfallströme anbelangt als auch bei der Qualität des Rezyklats und der recycelten Produkte. Eine Ergänzung bestehender Recyclingtechnologien kann das chemische Recycling bieten: Dieses ermöglicht es, Kunststoffabfälle zu verwerten, die nicht mechanisch recycelt werden können, etwa farbige und mehrschichtige Kunststoffe oder Verpackungen und Folien aus mehreren Materialien. Gleichzeitig ermöglicht chemisches Recycling Produkte in der Qualität von Neuware und damit auch recycelte Lösungen für Verpackungen mit hohen Anforderungen an Qualität und Sicherheit.
Zu den Unternehmen, die chemisches Recycling vorantreiben, gehört Neste aus Finnland. Das Prinzip: Etwa durch Pyrolyse verflüssigte Plastikabfälle werden in der Raffinerie des Unternehmens zu Rohstoffen für neue Kunststoffe verarbeitet. Ein Projekt (“PULSE”) des Unternehmens im finnischen Porvoo wird von der Europäischen Union mit 135 Millionen Euro gefördert und soll perspektivisch 400.000 Tonnen verflüssigten Kunststoffabfall pro Jahr verarbeiten.
“Wir verfolgen ein klares Ziel: das chemische Recycling zu einem Pfeiler der Kreislaufwirtschaft entwickeln. Perspektivisch wollen wir über eine Million Tonnen Kunststoffabfälle pro Jahr verarbeiten.“
Jeroen Verhoeven, Vice President Value Chain Development bei Neste Renewable Polymers and Chemicals
Neste setzt neben recyceltem Material auch auf erneuerbare und biobasierte Rohstoffe, um nachhaltigere Kunststoffe für Verpackungen zu ermöglichen. Das Unternehmen verarbeitet dafür vornehmlich Öle und Fette aus Abfällen und Rückständen, etwa gebrauchtes Speiseöl oder Abfälle und Rückstände aus der Pflanzenölproduktion. Daraus entstehen erneuerbare Rohstoffe für die Kunststoffindustrie, die dort eins zu eins fossile Rohstoffe ersetzen können. „Es lassen sich exakt die gleichen Produkte herstellen wie aus konventionellen Rohstoffen“, erklärt Jeroen Verhoeven. „Unsere erneuerbaren Rohstoffe ermöglichen etwa bereits heute Verpackungen für Bento-Boxen in Japan, Kaffeekapseln in Europa oder Trinkbecher in den USA.“
Der wesentliche Unterschied gegenüber fossilen Rohstoffen findet sich in der Klimabilanz: Beim Rückgriff auf biobasierte Öle und Fette wird Kohlenstoff genutzt, der aus dem natürlichen Kohlenstoffkreislauf stammt. Die Pflanzen, die etwa ursprünglich für die Herstellung von Speiseöl genutzt wurden, haben bei ihrem Wachstum Kohlenstoff aus der Atmosphäre aufgenommen. Selbst wenn ein auf erneuerbaren Rohstoffen basierendes Kunststoffprodukt am Ende seines Lebens verbrannt wird, gelangt so nicht mehr Kohlenstoff in die Atmosphäre, als zuvor aufgenommen wurde. Die Gesamtmenge an Kohlenstoff im System bleibt unverändert. Laut einer Lebenszyklusanalyse (LCA) von Neste kann der Einsatz der erneuerbaren Rohstoffe die Treibhausgasemissionen um über 85 Prozent senken, wenn diese fossile Rohstoffe in der Kunststoffherstellung ersetzen.
Vorteil für bestehende Lieferketten: Der „Drop-in“-Charakter
Sowohl die Route über das chemische Recycling als auch jene über die erneuerbaren Rohstoffe bietet einen großen Vorteil für bestehende Lieferketten: In beiden Fällen entstehen sogenannte „Drop-in“-Lösungen. Das heißt, dass fossile Rohstoffe eins zu eins in bestehender Infrastruktur ersetzt werden können. Es braucht keine Investitionen in neue Anlagen oder eine Veränderung der Endprodukte. Die recycelten oder erneuerbaren Rohstoffe können zudem auch mit fossilen Rohstoffen gemischt werden, um eine schrittweise Einführung in die Wertschöpfungsketten zu ermöglichen.
Die Verpackung der Zukunft kann nicht nur gleichbleibend funktionell, sondern auch umweltfreundlicher sein, und es braucht keinen großen Aufwand, um damit zu beginnen. Neste will mit seinen Lösungen für erneuerbare und recycelte Rohstoffe zeigen, dass dies bereits heute möglich ist.