Die Zentrale Stelle Verpackungsregister nimmt laut dem neuen Verpackungsgesetz am 1. Januar 2019 ihre Arbeit auf. Bis dahin ist noch einiges zu erledigen. Alles dient dem Ziel, Informationen zu den Verpackungsmengen zentral zu sammeln und Unregelmäßigkeiten schneller aufzudecken. Vorstand Gunda Rachut gibt im Interview Tipps, worauf Unternehmen bereits 2018 achten können.
pj: Das Verpackungsgesetz tritt erst am 1. Januar 2019 in Kraft. Ihre Stiftung wurde bereits im Juni dieses Jahres gegründet. Was werden Ihre Aufgaben sein, bis es in 14 Monaten „richtig losgeht“?
Gunda Rachut: Zunächst haben wir gerade eine europaweite Ausschreibung für die Erstellung der Datenbank auf den Weg gebracht, damit bis Mitte nächsten Jahres für alle Unternehmen rechtzeitig eine Registrierung bei der Zentralen Stelle möglich ist. Wir arbeiten an der Umsetzung der Aufgaben aus dem Gesetzestext, stellen dafür Strukturen und Standards auf und müssen die richtigen Mitarbeiter finden – insgesamt noch ca. 30 an unserem Standort Osnabrück. Zu den drei Expertenkreisen zu Register/Datenmeldung/Standards, zu Recht/IT und zu recyclinggerechtem Design, die das Kuratorium von der Projektgesellschaft übernommen hat, kommen im Oktober noch ein vierter Expertenkreis zum Thema Kommunikation und ein fünfter für die Finanzierungsvereinbarungen hinzu. Ab Anfang 2018 wird dann ein letzter Expertenkreis zum Themenkreis Mengenstromnachweis und Branchenlösungen die Arbeit aufnehmen.
Gunda Rachut ist im Juni von den Stiftern der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister zum Vorstand bestellt worden. Die Umweltjuristin lebt in Osnabrück und war bereits Geschäftsführerin der Projektgesellschaft für den Aufbau der Stiftung Verpackungsregister. Diese Gesellschaft wurde 2015 von der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE), dem Handelsverband Deutschland (HDE), der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen und dem Markenverband gegründet. Zuvor war sie als selbstständige Sachverständige eine gefragte Expertin, unter anderem für Konzepte für Sortier- und Mengenstromanalysen im Bereich Verpackungen, bei Elektroaltgeräten und in der Kunststoffverwertung sowie deren begleitende IT-Systeme.
pj: Neben der Registrierung der verpackungsproduzierenden und -vertreibenden Unternehmen und der Erfassung und Kontrolle der Verpackungsmengen gehört zu den Aufgaben auch die Standardisierung für mehr recyclinggerechtes Design bei Verpackungen. Was bedeutet das konkret?
Gunda Rachut: Das Gesetz fordert die ökologische Gestaltung der Beteiligungsentgelte. Der Bericht dazu muss im Juni 2019 an die Zentrale Stelle abgegeben werden. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt wird die Zentrale Stelle deshalb mit Hilfe der Expertenkreise die endgültigen Mindeststandards für die Bemessung der Recyclingfähigkeit bis zum 1. September 2019 vorlegen. Vorläufige Standards, die die einzelnen Verwertungswege und die jeweilige Materialart berücksichtigen, wird es als „Richtschnur“ schon 2018 geben.
pj: Bislang waren Hersteller und Vertreiber von verpackten Produkten an verschiedene duale Systeme berichtspflichtig. Künftig soll die Zentrale Stelle zum alleinigen Anlaufpunkt werden. Wird dies eine rein organisatorische Änderung, oder ändert sich auch inhaltlich etwas für die Unternehmen?
Gunda Rachut: Es gibt einen zentralen Grund für diese Änderung, und der lautet: Transparenz. Bislang gab es verschiedene Datenbanken für die Mengen im Markt, die untereinander nur teilweise abgeglichen werden konnten. Die zentrale Stelle wird eine gemeinsame Registerdatenbank anlegen und übernimmt damit eine Überwachungsfunktion, die bisher auf Landesbehörden, Industrie- und Handelskammern und die Clearingstelle der dualen Systeme verteilt war. Unregelmäßigkeiten werden durch das zentrale Register der Daten jetzt sehr schnell sichtbar – übrigens auch rückwirkend – und können bei Verstößen gegen die Meldepflichten zu Bußgeldern bis hin zu Vertriebsverboten führen.
Anfallende Verpackungsmengen richtig erkennen und melden
pj: Sie raten den Unternehmen, bereits jetzt ihre Prozesse zu überprüfen, damit sie 2019 die Istwerte rechtskonform abrechnen können. Worauf müssen sie vor allem achten?
Gunda Rachut: Bei den Lizenzverträgen kommt es wesentlich darauf an, die anfallenden Verpackungsmengen richtig zu erkennen und zu melden. Verkaufsverpackungen sind lizenzpflichtig, Verpackungen für das Großgewerbe- und Transportverpackungen davon zu unterscheiden. Pauschale Abzüge von den Mengen durch Diebstahl oder Schwund sind nicht zulässig oder pauschale Zuordnungen zu Verpackungsarten. Lizenzpflichtige Unternehmen müssen wissen, dass sie bei Ordnungswidrigkeiten haften – nicht diejenigen, die eventuell als Makler oder Berater dabei unterstützend tätig waren. Ab dem 1. Januar 2019 verfügt die Zentrale Stelle durch die komplette Datenübergabe des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) auch über alle Daten, die vor 2019 angegeben wurden. Das heißt im Klartext: Die neue Transparenz für die Mengenmeldungen gilt schon für 2018.
pj: Kommen auf die Unternehmen zusätzliche Kosten durch die Umstellung der Meldeverfahren zu?
Gunda Rachut: Nein.
pj: Wo gibt es Hilfe und Beratung bei Fragen zum Verpackungsgesetz?
Gunda Rachut: Die Zentrale Stelle wird sukzessive die notwendigen Informationen auf der Webseite der Stiftung einstellen. Ergänzend werden wir zielgruppenorientierte Materialien erarbeiten, um für alle Industriezweige eine optimale Grundlage zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten zu bieten. Weitere Informationen können weiterhin bei allen Industrie- und Handelskammern, den dualen Systembetreibern und auch bei der Zentralen Stelle angefordert werden.
Verbraucher können sich transparent über die Verpackungsmengen von Produkten informieren
pj: Auch Verbraucher sollen das Verpackungsregister einsehen können. Welche für die private Kaufentscheidung wichtigen Informationen werden darin zu finden sein?
Gunda Rachut: Das Register wird alle Unternehmen aufführen, die sich ordnungsgemäß registriert haben. Neben dem Unternehmen müssen die vertriebenen Produkte mit ihrem Markennamen registriert werden. So kann jeder Verbraucher abgleichen, ob das von ihm gekaufte Produkt ordnungsgemäß bei der Zentralen Stelle angegeben wurde.
pj: Immer wieder sind kritische Stimmen zu hören, die bezweifeln, dass die Zentrale Stelle das geeignete Instrument ist, um die ehrgeizigen Recyclingquoten des Verpackungsgesetzes zu erreichen. Bemängelt wird beispielsweise die starke Einbindung von Unternehmen und ihren Verbänden in die Errichtung und Finanzierung der Stiftung. Was antworten Sie den Zweiflern?
Gunda Rachut: Die Zentrale Stelle wird auf ihrer gesetzlichen Grundlage für mehr Transparenz und Systemgerechtigkeit sorgen. Damit soll der Anstoß für eine Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft gegeben werden, denn es gilt, verloren gegangenes Vertrauen in das System zurückzuholen. Die Stiftung wird als Behörde tätig werden. Sie wird u. a. vom Umweltbundesamt, vom Bundeskartellamt und vom Bundesrechnungshof kontrolliert, alle Entscheidungen sind gerichtlich überprüfbar. Interessengeleitete Entscheidungen sind schon durch die Konstruktion der Stiftung ausgeschlossen und würden sofort per Gerichtsentscheid wieder rückgängig gemacht werden. Die Stiftung muss sich erst einen Ruf erarbeiten, das ist korrekt, dies wird sie mit Sachkompetenz und einer konsequent transparenten und klaren Linie tun – das ist meine Aufgabe als Vorstand, die ich sehr ernst nehme. Einen Überblick über Inhalt und Diskussionen um das neue Verpackungsgesetz finden Sie in diesem Artikel:
Rechtzeitig Prozesse anpassen: Neues Verpackungsgesetz wirft seine Schatten voraus