UN-Abkommen zum Plastikmüll vorerst gescheitert

UN-Abkommen Plastikmüll
(Bild: PlasticsEurope Deutschland e.V. / Marta Ortigosa)

Im südkoreanischen Busan sind die Verhandlungen über ein Abkommen der Vereinten Nationen zur Verringerung von Plastikmüll ohne Einigung zu Ende gegangen. Einige Ölförderländer hatten die Vorgaben zur Plastikproduktion abgelehnt. Kommendes Jahr soll außerplanmäßig weiterverhandelt werden.

Expertinnen und Experten halten eine Begrenzung der Produktion für einen der wichtigsten Hebel, um die Plastikverschmutzung einzudämmen, denn laut Prognosen soll sich die Plastikproduktion bis zum Jahr 2060 verdreifachen. Umweltorganisation zeigten sich enttäuscht vom Ausgang der Verhandlungen. Der WWF etwa fordert die Staaten auf, den Verhandlungsprozess so schnell wie möglich abzuschließen.

“Wieder hat die überwältigende Mehrheit der Staaten ambitionierte und verbindliche Regeln verlangt, um die Plastikverschmutzung effektiv zu bekämpfen und wurde von wenigen Blockierern ausgebremst. Globale Verbote für Plastikprodukte und Chemikalien mit hohem Verschmutzungsrisiko, Regeln für besseres Produktdesign und eine Zielsetzung für reduzierte Plastikproduktion lagen in Busan erneut auf dem Tisch. Eine lautstarke Minderheit von ölfördernden und an der Plastikproduktion beteiligten Staaten, die keine Absicht hat, einen wirklich substanziellen Vertrag zu unterzeichnen, setzt seit zwei Jahren darauf, den Fortschritt zu untergraben. Es scheint unausweichlich, dass die Mehrheit der ambitionierten Staaten per Abstimmung ein „Abkommen der Willigen“ herbeiführen muss, um die Beendigung der Plastikkrise einzuleiten. Das Prinzip von Konsens und globaler Fairness ist eine wichtige Grundregel globaler Verhandlungen.  Es darf aber nicht missbraucht werden. Die wenigen Profiteure einer unregulierten Kunststoffherstellung dürfen nicht verhindern, dass sich die große Mehrheit der Staaten, inklusive derer, die am schlimmsten unter der Plastikverschmutzung leiden, untereinander auf eine Lösung einigen“, sagt Florian Titze, Senior Policy Advisor des WWF Deutschland.

Deutschland soll Führungsrolle übernehmen

Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH) äußerte sich ähnlich: „Die weltweite Vermüllung der Natur mit Plastik ist neben dem Klimawandel eines der größten Umweltprobleme. Jährlich landen bis zu 23 Millionen Tonnen als Müll in unseren Meeren, Flüssen sowie Seen und Mikroplastik findet sich mittlerweile im menschlichen Körper, in Tieren und Pflanzen. Deshalb ist es umso bedauerlicher, dass in Busan keine Einigung über ein UN-Abkommen gegen Plastikmüll erzielt werden konnte. Deutschland muss sich bei der nächsten Verhandlungsrunde im Jahr 2025 für ein starkes Abkommen mit einem verbindlichen Ziel für eine geringere Plastikproduktion einsetzen. Die Vermüllung der Umwelt darf jedoch nicht auf die lange Bank geschoben werden. Umso wichtiger ist es, dass Deutschland eine Führungsrolle einnimmt und schon jetzt die richtigen Lösungsansätze aufzeigt. Schließlich wird hierzulande mit 227 Kilogramm pro Kopf im Jahr der zweitmeiste Verpackungsmüll in Europa verursacht. Ein wirksames Mittel gegen die Müllflut ist die Förderung abfallarmer Mehrwegverpackungen, die durch jede Wiederverwendung unnötigen Plastikmüll einsparen. Die künftige Bundesregierung sollte deshalb eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Getränkeverpackungen wie Plastikflaschen sowie 50 Cent auf Einweg-Takeaway-Verpackungen erheben.“

Im März 2022 hatten sich fast 200 UN-Staaten geeinigt, bis Ende 2024 einen gemeinsamen Beschluss zur Eindämmung von Plastik zu fassen. Insgesamt wurde das Abkommen über fast zehn Jahre vorbereitet. Global werden laut UN jährlich rund 400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert, Tendenz steigend. In Deutschland fallen nach Informationen des Bundesumweltamts knapp sechs Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen an.

“Es ist fatal, dass die Blockade einiger Staaten den Abschluss des globalen Abkommens gegen Plastikverschmutzung verhindert hat. Immer größere Plastikmengen sammeln sich in der Umwelt an. Plastik verschmutzt unsere Meere und Trinkwasser, es bedroht die Gesundheit der Menschen und gefährdet das Leben von Tieren und es verstärkt die Klimakrise. Wenigstens eines wurde in Busan sehr deutlich: Die große Mehrheit der Staaten will ein Abkommen, das wirkt. Und diese Gruppe wächst. Ich werde weiter für einen Schulterschluss mit diesen Ländern in allen Weltregionen arbeiten. Wenn die Verhandlungen nun in wenigen Monaten fortgesetzt werden, gilt es die Blockade der erdölproduzierenden Staaten aufzulösen.”

Steffi Lemke, Bundesumweltministerin

Europäische Kunststofferzeuger setzen auf Kreislaufwirtschaft

Plastics Europe, der Verband der europäischen Kunststofferzeuger, appelliert an die Verhandlungsführer des UN-Plastikabkommens, den ambitionierten Kurs beizubehalten, auch nach dem vorläufigen Ende der Verhandlungen in Busan. Die Verhandlungen zum UN-Plastikabkommen werden 2025 fortgesetzt.

“Obwohl wir in Busan auf ein ehrgeiziges, umsetzbares und rechtsverbindliches Abkommen gehofft hatten, sehen wir dennoch Fortschritte bei den Verhandlungen. Zwar konnte man sich noch nicht auf einen endgültigen Text einigen, aber im Entwurf, dem sogenannten Non-Paper des Vorsitzenden, gibt es in mehreren Punkten bereits deutliche Annäherungen, insbesondere bei den Themen Produktdesign und Abfallwirtschaft.”

Virginia Janssens, Geschäftsführerin von Plastics Europe AISBL

Seit dem Beginn der Verhandlungen hat Plastics Europe betont, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Industrie und Zivilgesellschaft für die Erreichung eines globalen Ankommens ist und darauf hingewiesen, dass sich die Verhandlungsführer darauf konzentrieren müssen, gemeinsame Lösungen zu finden, um ein gerechtes und ehrgeiziges Plastikabkommen zu erreichen.

Der Verband vertritt die Meinung, dass das Abkommen im globalen Maßstab Maßnahmen fördern sollte, um die nachhaltige Produktion und Nutzung von Kunststoffen zu stärken, eine effektive Abfallwirtschaft sicherzustellen und einen Berichtsrahmen zu schaffen, der einen für alle Beteiligten fairen Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ermöglicht. “Eine Kreislaufwirtschaft, in der Kunststoffe am Ende ihres Lebens nicht als Abfall, sondern als Rohstoff gesehen werden – als wertvolle Ressource, die wiederverwendet werden kann, statt achtlos entsorgt, deponiert oder verbrannt zu werden.”

Quellen: WWF/DUH/BMU/Plastics Europe