Wie ist die Stimmung in der Branche?

(Bild: Shutterstock/Billion Photos)

Zur Fachpack trifft sich die europäische Verpackungswelt wieder in Nürnberg. Wir haben im Vorfeld bei den Branchenverbänden nachgefragt, wie sie die wirtschaftliche Lage derzeit einschätzen, was ihre Mitgliedsunternehmen besorgt und ob es auch Lichtblicke gibt.

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(Bild: BDE)

Anja Siegesmund, Präsidentin des BDE, Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft e. V.

Die Verpackungs- und Recyclingwirtschaft steht unter Druck: Steigende Kosten, unsichere Konjunktur und immer neue Vorgaben fordern die Unternehmen. Deutschland hat mit rund 67 Prozent Recyclingquote eine Spitzenposition in Europa und verfügt über ein starkes Innovationsökosystem: Forschung, industrielle Anwendung und Netzwerke greifen optimal ineinander. Doch dieses Potenzial entfaltet sich nur mit klaren Rahmenbedingungen, schnelleren Genehmigungen und weniger Bürokratie. Gerade der Mittelstand braucht Planungssicherheit. Die geopolitischen Spannungen zeigen, wie verletzlich unsere Rohstoffversorgung ist. Lichtblicke sind erkennbar: Die Nachfrage nach Rezyklaten steigt, die Politik erkennt zunehmend die strategische Rolle der Kreislaufwirtschaft. Jetzt gilt es, den Aufbruch in die zirkuläre Verpackungswirtschaft gemeinsam zu gestalten – die Fachpack ist dafür ein starkes Schaufenster.

(Bild: IPV)

Karsten Hunger, Geschäftsführer Industrieverband Papier- und Folienverpackung (IPV)

 Die Situation bleibt unverändert herausfordernd. Ein konjunktureller Aufschwung ist bislang nicht erkennbar, und der Bürokratieabbau bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Unsere Mitgliedsunternehmen haben keinen Boom erwartet. Doch die stagnierende Wirtschaft und die fehlende Konsumfreude verhindern jede Aufbruchstimmung.
Die Branche leidet nun seit zwei Jahren unter sinkenden Umsätzen. Mehr als die Hälfte der Betriebe erwartet für 2025 eine weitere Verschlechterung. Politisch herrscht Misstrauen: Entscheidungen auf EU- wie Bundesebene wirken oft realitätsfern, eine starke Wirtschaftspolitik fehlt weiterhin. Zusätzliche Sorgen bereiten die unvorhersehbare Trump-Politik mit Strafzöllen sowie die EU-Regulierungen. Dennoch ist eine Messe auch immer ein Ort der Hoffnung. Wir sehen Zukunftschancen in Automatenverpackungen, Gastronomie und Light Packaging.

(Bild: BV Glas)

Christiane Nelles, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Glasindustrie e. V. (BV Glas)

Die Behälterglasindustrie hatte in den letzten zwei Jahren mit Absatzrückgängen zu kämpfen, die Stimmung war entsprechend gedämpft – in Deutschland wie in Europa. Im ersten Quartal 2025 gab es jedoch ein deutliches Absatzplus, was auf eine Markterholung hindeutet. Hauptsorgen bleiben die weiterhin hohen Energiekosten, die in Deutschland zwei- bis dreimal höher sind als in Konkurrenzländern, und der mögliche Wegfall der Netzentgeltreduzierung. Letztere wird derzeit von der Bundesnetzagentur an eine flexible Stromabnahme geknüpft, was mit den kontinuierlichen Produktionsprozessen der Branche nicht vereinbar ist.
Die aktuellen Herausforderungen und Anliegen der Glasindustrie sind inzwischen in der Politik angekommen – nun hoffen wir, dass die richtigen Weichen für eine nachhaltige Stabilisierung und Stärkung des Standorts Deutschland gestellt werden.

(Bild: IK)

Mara Hancker, Geschäftsführerin der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK)

Die deutsche Kunststoffverpackungsbranche befindet sich 2025 in einer Phase vorsichtiger Konsolidierung. Der Umsatzrückgang auf 25 Milliarden Euro (–3,1 %) 2024 verdeutlicht, dass die nominalen Umsatzsteigerungen der Vorjahre primär inflationsbedingt waren, während das reale Geschäftsvolumen stagniert.
Trotz struktureller Herausforderungen wie Bürokratielasten und Fachkräftemangel hat sich die wirtschaftliche Lage nach dem schwachen Jahresstart 2025 leicht verbessert. Die IK-Konjunkturumfragen zeigen: Der Anteil der Unternehmen mit pessimistischer Ertragsprognose ist von 50 Prozent auf 39 Prozent zurückgegangen.
Handelspolitische Risiken – etwa durch US-Zölle – treffen die Kunststoffverpackungsbranche moderat; besonders der europäische Binnenmarkt bleibt zentral für Wachstum. Die Branche fordert politische Impulse für Innovation, Bürokratieabbau und praxisnahe Umsetzung der PPWR.

(Bild: VDW)

Dr. Oliver Wolfrum, Geschäftsführer des Verbands der Wellpappen-Industrie e. V. (VDW)

 Die gesamtwirtschaftliche Lage ist nach wie vor herausfordernd; die zu Jahresbeginn noch erhoffte Verstetigung der Erholungskurve blieb aus. Das betrifft weiterhin auch wichtige Abnehmer der Wellpappenindustrie. Dennoch sieht unsere Branche Anlässe für vorsichtigen Optimismus. Zusätzliche positive Effekte erhoffen wir uns von der Investitionsoffensive der Bundesregierung.
Sorgen hat der Wellpappenindustrie in diesem Jahr erneut die Kostenseite bereitet, das vom VDW ermittelte gewichtete Papierpreisniveau ist um rund 13 Prozent angestiegen. Auf politischer Seite wiederum hat es in den letzten Monaten vielversprechende Signale mit Blick auf den dringend notwendigen Bürokratieabbau gegeben – auf europäischer wie auf nationaler Ebene. Entscheidend wird jedoch sein, dass diese angekündigten Entlastungen nun auch zügig umgesetzt werden und bei den Unternehmen ankommen.