Wohin steuert die Altpapierwirtschaft?

BVSE Altpapier
(Bild: BVSE)

Der europäische Altpapiermarkt bleibt extrem volatil, so das Fazit des BVSE-Fachverbandes Papierrecycling anlässlich des 27. Internationalen Altpapiertages in Bonn.

2024 habe für die Branche verhalten begonnen, heißt es, gefolgt von einer plötzlichen Preisrallye im Frühjahr, die insbesondere die Massensorten auf ein Hoch katapultierte – trotz schwacher Konjunkturindikatoren. Doch der Preisanstieg war nur von kurzer Dauer: Im Herbst folgte ein abrupter Rückgang. „Diese Achterbahnfahrt dürfte sich 2025 wiederholen, aber wer darin ein Zeichen einer wirtschaftlichen Erholung sieht, wird enttäuscht sein“, warnte Mike Hayes, Vorsitzender des bvse-Fachverbandes Papierrecycling.

Angebotsmangel als Haupttreiber

Vor den mehr als 500 Teilnehmenden in Bonn stellte Hayes klar: Nicht steigende Nachfrage, sondern ein begrenztes Angebot und die Unsicherheit der Papierfabriken trieben 2024 die Preise nach oben. Die Angst vor Produktionskürzungen führte zu verstärkter Vorratsbildung und verschärfte die Marktsituation weiter.

2025 könnte dieser Trend erneut auftreten, zumal Werksschließungen und Insolvenzen die europäische Produktionslandschaft nachhaltig verändert haben. „Die Branche muss sich zwischen hohen Energiepreisen, schwacher Nachfrage und angespannter Rohstoffversorgung behaupten“, so Hayes.

Trotz der Marktturbulenzen bleibt Altpapier ein unverzichtbarer Bestandteil der Kreislaufwirtschaft. Deutschland erreichte 2024 eine Altpapiereinsatzquote von 83 Prozent – ein internationaler Spitzenwert. Europaweit variiert die Recyclingquote je nach Land, im Schnitt liegt sie bei 70 Prozent. Global betrachtet beträgt sie lediglich 50 Prozent, was weiteres Potenzial für nachhaltige Wertschöpfung bietet. „Altpapier ist die Blaupause für nachhaltige Kreislaufwirtschaft in Europa“, bekräftigte Hayes.

Deutschland bleibt Nettoimporteur und führte 2023 rund 2,8 Millionen Tonnen mehr Altpapier ein als es exportierte. In der gesamten EU stellt sich die Lage anders dar: Mit einem Nettoexport von 7,6 Millionen Tonnen bleibt Europa ein bedeutender Lieferant für Drittländer. „Die Papierfabriken sind auf Importe angewiesen, da die Binnenmarktsammlung den Bedarf nicht decken kann“, erklärte Hayes.

Neue Regulierungen: Herausforderung für den internationalen Handel

Die europäische Gesetzgebung erschwert zunehmend den internationalen Handel mit Altpapier. Die neue EU-Abfallverbringungsverordnung, die ab Mai 2027 gilt, wird den Export nicht-gefährlicher Abfälle in Drittländer deutlich erschweren – obwohl Altpapier ein wertvoller Sekundärrohstoff ist. Da die Gesetzesauslegung unklar bleibt, musste die Industrie eigenständig Aufklärungsarbeit leisten. Dank der Anstrengungen des europäischen Dachverbandes EuRIC konnten jedoch zentrale Abnehmerländer rechtzeitig die erforderlichen Registrierungen durchführen.

Abfalleigenschaft und Recyclingqualität

Ein weiteres ungelöstes Problem bleibt die rechtliche Einstufung von Altpapier als Abfall. Trotz langjähriger Bemühungen fehlt eine einheitliche Anerkennung als Produkt. Uneinheitliche Regulierungen in Deutschland und Europa erschweren den Handel und schaffen Unsicherheiten. Zuletzt scheiterten Verhandlungen über ein EU-weites Abfallende für Altpapier im März 2025. Auf nationaler Ebene hofft die Branche weiterhin auf Fortschritte.

Parallel dazu sinkt die Qualität des Altpapiers durch wirtschaftliche Entwicklungen und neue Verpackungsformen. Insbesondere faserbasierte Verbundverpackungen erschweren das Recycling und beeinträchtigen die stoffliche Verwertung der blauen Tonne. „Die Verantwortung für verbesserte Recyclingfähigkeit sollte bereits in der Produkt- und Verpackungsentwicklung verankert werden“, forderte Mike Hayes abschließend.

Quelle: BVSE