Vor etwa fünf Jahren hat die ostwestfälische Bad Meinberger Mineralbrunnen GmbH & Co. KG die Abfüllung der Thomas-Henry-Produkte übernommen. Für den Export der unterschiedlichen Produkte müssen 55 länderspezifische Kennzeichnungs- und Verpackungsvorgaben berücksichtigt werden. Hier ist die vollautomatische Steuerung eine besondere Herausforderung.
Mit dem Ziel, Trinkwasser für Matrosen zu konservieren, erfand der Apotheker Thomas Henry Mitte des 18. Jahrhunderts das Sodawasser. Deshalb wurde er zum Namensgeber für die Berliner Thomas Henry GmbH & Co. KG, die seit 2010 Premium-Bitterlimonaden herstellt. Sodawasser sowie verschiedene Tonics, Ginger Ale, Ginger Beer und Limonaden von Thomas Henry dienen inzwischen weltweit als Basis hochwertiger und innovativer Cocktails sowie Longdrinks.
Der „Staatlich Bad Meinberger Mineralbrunnen“ fördert seit 1767 Wasser aus dem Teutoburger Wald und produziert mittlerweile jährlich mehr als 130 Millionen Einheiten eigener Getränke. „Zu Beginn der Kooperation haben wir für Thomas Henry etwa vier Millionen Flaschen pro Jahr abgefüllt“, erinnert sich Volker Schlingmann, der Sprecher der Geschäftsführung bei Bad Meinberger. „Die Zahl hat sich inzwischen verzigfacht.“
Verpackungsanlage nur für den Export von Thomas Henry
„Die Distribution der Thomas-Henry-Produkte wurde immer komplexer“, erklärt Bianca Blome, verantwortlich für die Betriebskontrolle und technische Verwaltung bei Bad Meinberger. „Wir haben dann beschlossen, eine eigene Verpackungsanlage nur für den Export anzuschaffen.“ Mit der Installation dieser Anlage sollten Kennzeichnung, Verpackung, Etikettierung und Palettierung von 13 verschiedenen Artikeln für 55 Exportländer in zwei unterschiedlichen Umverpackungsvarianten komplett automatisiert werden. So wurde die vollautomatische Steuerung dieser Prozesse der Software „Bluhmware“ des Kennzeichnungsanbieters Bluhm Systeme GmbH aus Rheinbreitbach übertragen.
Zunächst haben die Experten von Bluhm alle in der Verpackungsanlage integrierten Module an die Bluhmware angebunden und miteinander vernetzt. Dazu zählen zum Beispiel Scanner, Roboter, Auspacker, Etikettierer, Laserbeschrifter, Drucker, Sensoren, Kameraprüfsysteme, Etikettendruckspender und Palettierer. Auf Basis einer Datenbank im Hintergrund steuert die Bluhmware nicht nur diese einzelnen Geräte, sondern übermittelt auch die relevanten Druckdaten an die Kennzeichnungssysteme.
Bluhmware steuert alle Module
Die Thomas-Henry-Produkte werden abgefüllt, vorderseitig etikettiert und kurz zwischengelagert. Geht eine Bestellung aus dem Ausland ein, wird der jeweilige EAN-Code des Produkts eingescannt. Die Bluhmware führt den Bediener am PC schnell und sicher durch das Menü. Nacheinander werden Produktionsdatum, Bestellmenge, Zielland und Verpackungsart (Karton oder Tray) ausgewählt.
Die Software durchsucht vollautomatisch die hinterlegte Datenbank, die unter anderem alle Artikelnummern, Produktbezeichnungen, Mindesthaltbarkeitsdaten auf Basis der Abfülldaten, Verpackungsarten und länderspezifischen Eigenheiten beinhaltet, und ermittelt die jeweilige Kombination.
Die Linie ist startklar
Die Kombination aus Artikelnummer, EAN-Code, Sprache, Kontrollcode für die Kameraüberwachung, Versandmodus, Taragewicht und Palletierschema wird an alle in der Verpackungslinie befindlichen Geräte übermittelt. So werden nicht nur die Systeme verschiedenster Zulieferer angesteuert, sondern gleichzeitig die Druckdaten an die Bluhm-eigenen Geräte übertragen.
Die vereinzelten Flaschen werden mit einem länderspezifischen Rückenetikett versehen und per Laser oder Inkjet-Drucker gekennzeichnet. Die Produkte passieren nun eine Kamerakontrollstation, an der nicht nur Korrektheit und Position des Etiketts überprüft werden, sondern auch die aufgebrachte Kennzeichnung in Verbindung mit dem jeweiligen EAN-Code. Nicht korrekt etikettierte oder gekennzeichnete Produkte werden an dieser Stelle ausgeschleust.
Vierseitige Kartonkennzeichnung
Die Flaschen bewegen sich auf dem Förderband weiter zur Packmaschine, wo sie entweder in Kartons oder Trays verpackt werden. Diese Verpackungseinheiten werden anschließend von mehreren Etikettendruckspendern Legi-Air 4050 E von Bluhm länderspezifisch gekennzeichnet. Dazu übermittelt die Bluhmware die Information, wo welches Etikett mit welchem Inhalt platziert werden soll. „Manche Kunden wünschen Etiketten auf allen vier Seiten“, erklärt Bianca Blome. Daher wurden die Etikettendruckspender teilweise mit Linearspendehub und 90-Grad-Drehapplikator ausgestattet. Sie können so umschwenken und mehrere Seiten kurz nacheinander etikettieren. Damit keinerlei Schäden entstehen, erfolgt die Etikettierung berührungslos.
GS1-konforme Palettenetikettierung
Ein Roboter platziert die Verpackungseinheiten anschließend gemäß Palettierschema. Die Paletten werden mit Folie umwickelt und vom Palettenetikettierer AP 180 von Bluhm Systeme mit GS1-konformen Etiketten versehen. Die Vorgabe sieht eine zweiseitige Etikettierung vor, Etiketten könnten aber auch auf drei Palettenseiten aufgebracht werden.
„Die Wahl ist auf den AP 180 gefallen, weil wir hier an der Palettierstation sehr wenig Platz haben“, erinnert sich Bianca Blome. Für den sehr kleinen Aktionsradius wurde der Schwenkarm mit einem Riemenapplikator versehen, der elektronisch bewegt wird. Die Stempelplatte kann sich auf der Stelle um 180 Grad drehen. „Wenn der Applikator zwischen den eng stehenden Paletten eintaucht und die Etiketten aufbringt, erinnert mich das immer an einen Roboter“, ergänzt Bianca Blome.
Auf dem Spendestempel des AP 180 wurde ein Linienscanner integriert, der das Etikett unmittelbar nach dem Applizieren überprüft. Dieser Check bezieht sich nicht nur auf das bloße Vorhandensein des Etiketts, sondern auch auf die Lesbarkeit und Richtigkeit des SSCC-Barcodes. Zudem wird ermittelt, ob die jeweilige Palette der richtigen Destination zugeordnet wurde. Während die Paletten zum Warenausgang transportiert werden, meldet die Bluhmware der Bad Meinberger Lagerverwaltungssoftware, wohin welche Palette mit welcher Charge geschickt wird. So können die Produkte korrekt ausgebucht werden.
Lange Reisen hatte auch Thomas Henry im Kopf, als er das Sodawasser erfand. Wenn er gewusst hätte, was er damit in Gang setzt …