Auch in der Automobilindustrie ist das Thema Nachhaltigkeit angekommen. Ob wiederverwendbare Materialien, deren optimierter Einsatz und Recycling oder Biokunststoffe: Erstausrüster können ihre Verpackungsplanung auf unterschiedliche Weise nachhaltig gestalten. Dadurch schonen sie nicht nur die Umwelt, sondern können auch Kosten sparen – und ihr Image verbessern.
Wer sich im Supermarkt umschaut, findet schon länger unverpackte Waren oder solche in umweltfreundlichen Hüllen. Auch in der Automobilbranche finden nachhaltige Verpackungen allmählich Anklang – weil der CO2-Fußabdruck immer mehr an Bedeutung gewinnt. Bislang werden für Überseetransporte in der Regel Pappe und Holz als Verpackungsmaterialien eingesetzt, bei Landtransporten Kunststoff und Stahl. Doch es gibt Alternativen. Erstausrüster (OEM) können mit der richtigen Beratung Wissen zu nachhaltiger Verpackungsplanung aufbauen.
Drei Ansätze: Reuse, Reduce, Recycle
Für mehr Nachhaltigkeit in der Verpackungsplanung greifen drei Ansätze: Reuse, Reduce, Recycle – Wiederverwerten, Reduzieren und Recyceln.
Der Ansatz Reuse ist in der Branche bereits gängige Praxis und bedeutet den geringsten Aufwand für OEM. Wichtig ist dabei die Qualität der Verpackungen und Behälter. Denn hochwertige Verpackungen halten länger und schützen die Teile im Inneren besser.
Anstelle von Verpackungen aus EPP-Formen kommen Textiltaschen oder Kissen zum Einsatz. Das ist der Ansatz Reduce. Denn die EEP-Formen sind genau den Bauteilen angepasst und werden beim Derivat- bzw. Fahrzeugwechsel weggeworfen. Die Textiltaschen und Kissen lassen sich länger, weil bauteilungebundener nutzen – auch über Derivatwechsel hinweg.
Der Ansatz Recycling schließlich zeigt sich darin, dass sich viele Verpackungen aus Pappe, Holz, Kunststoff und Stahl gut wiederverwerten lassen. Wichtig ist, dass OEM und ihre Zulieferer auf geschlossene Kreisläufe achten.
Verpackungen aus Zuckerrohr, Algen oder Gras
Da Kunststoff auch bei einem hohen Recyclinganteil immer noch aus Erdöl hergestellt wird, wird er niemals zu 100 Prozent nachhaltig sein. Eine Lösung können biologisch abbaubare Verpackungen aus neuen Rohstoffen sein. Biokunststoffe sind für die Automobilindustrie zum Beispiel interessant, um den styroporartigen Kunststoff EPP, der für Groß- und Kleinladungsträger verwendet wird, abzulösen.
Eine Biokunststoffalternative kann aus Mais, Weizen, Zuckerrohr oder Abfällen wie Schalenhülsen bestehen. Abhängig vom Material können 0,5 bis fünf Tonnen Kunststoff pro Hektar Anbaufläche gewonnen werden. Experimente laufen darüber hinaus mit Verpackungen aus Pilzen oder Algen. Aber auch Pappe aus neuen Rohstoffen wie Gräsern ist denkbar.
Die Kunststoffalternativen sind in der Automobilindustrie aktuell aber nur begrenzt anwendbar: Biokunststoffe sind noch zu teuer, nicht in großer Zahl verfügbar und eignen sich nicht für jeden Anwendungsfall. Ersatzteile müssen zum Beispiel über Jahre hinweg gelagert werden, was eine sich selbst zersetzende Verpackung ausschließt.
Leichtbauweise und flexible Inlays
Eine vielversprechende Möglichkeit für mehr Nachhaltigkeit ist die Anpassung der Verpackungsplanung. Stahl ist zwar kaum zu ersetzen – Aluminium als Substitut benötigt bei der Herstellung mehr Energie. Doch die Stahlbehälter für Stoßstangen, Schweller, Karosserieteile oder Scheiben können als Leichtbauweise konzipiert werden, etwa mit Bodenkonstruktionen aus weniger Material. So werden Rohstoff und Gewicht gespart, in der Folge verbrauchen die Laster beim Transport weniger Sprit – das wirkt sich positiv auf den CO2-Verbrauch aus.
Auch beim Innenleben der Stahlgitterboxen gibt es Optimierungspotenziale: Die Inlays können leichter austauschbar oder flexibler designt werden. OEM in den USA experimentieren mit Inlays in Form von Schaumstoffkissen. Als nicht formgebundene Teile können sie Varianten mit Abweichungen oder Bauteile mit unterschiedlichen Geometrien aufnehmen. Eine weitere innovative Möglichkeit sind beschichtete Textiltaschen aus Baumwoll- und Kunststoffgemischen, die passend für die Bauteile genäht werden. Sie sitzen ebenfalls nicht formgebunden und eignen sich für Ladungsträger wie Mittelkonsolen, Dekorleisten oder Seitenverkleidungen.
Effekte nachhaltiger Verpackungsplanung berechnen
OEM sollen und wollen ihren Beitrag zu Umweltfragen leisten. Doch nicht immer ist der Weg zum Ziel klar, und viele wissen nicht, wie sie das Thema angehen sollen. Das Logistik- und Verpackungsunternehmen C-P-S Group hat nun eine Berechnungsmethode entwickelt, um das CO2-Äquivalent samt aller schädlichen Umweltgase von Verpackungen zu bestimmen. Hersteller können darüber auch ermitteln, welche Mehrkosten und Einsparung mit einem leichteren, anderen oder recycelten Material erzielt werden können. Damit wird das Thema greifbarer; es entsteht Transparenz.
C-P-S befindet sich im Aufbau einer Datenbank für eine nachhaltigere Verpackungsplanung – eine Übersicht neuer Materialarten sowie deren Vor- und Nachteile. Denn die Bandbreite wird größer und gern werben Unternehmen mit Nachhaltigkeit. Eine Datenbank kann dann dabei unterstützen, echte Nachhaltigkeit von Greenwashing zu unterscheiden.
Kosten sparen, Image verbessern
Eine nachhaltige Verpackungsplanung bringt für OEM zum einen Kostenvorteile: Durch die Wiederverwendung von Behältern werden Ausgaben für die Entwicklung und Neubeschaffung gespart; die Verpackungen werden leichter, deshalb können Lkw mehr transportieren, was CO2 und ebenfalls Geld spart.
Zwar erfordert das Recycling von Behältern zunächst etwas mehr Aufwand, weil eine Inspektion notwendig wird. Dafür entfallen die Neukonstruktion mit Konzeptionierung und die Abnahmen der Behälter, die stets mit viel Aufwand, Personal und Reisen verbunden sind. Und nicht zuletzt stellt eine nachhaltige Verpackungsplanung auch einen Imagefaktor dar: OEM, die ihren CO2-Fußabdruck aktiv verringern, können damit werben.
OEM haben also einige Stellschrauben, um ihre Verpackungsplanung nachhaltiger zu gestalten: intelligente, neu gedachte Behälter, alternative Materialien und die drei großen R – Reuse, Reduce und Recycle. Damit profitieren sie von einem umweltfreundlicheren Image. Zudem können sie Kosten sparen, da sich intelligente Behälter wiederholt auch für unterschiedliche Teile einsetzen lassen.
Ein Gastbeitrag von Ingmar Wunderlich, Leiter Logistik C-P-S Group und Kai Hofscheier, Senior Specialist Verpackungsplanung
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