Unternehmen der europäischen Lebensmittel- und Konsumgüterbranche müssen radikale Änderungen der Verpackungsvorschriften meistern. Automatisierte Rückverfolgbarkeit und digitale Wasserzeichen können sie dabei unterstützen, Vorschriften leichter einzuhalten und gleichzeitig einen Beitrag zur Schaffung einer Kreislaufwirtschaft zu leisten.
Die neue EU-Verpackungsverordnung wird die Art und Weise, wie Verpackungen gestaltet, genutzt und entsorgt werden, grundlegend verändern. Der Geltungsbereich der Richtlinie ist breit gefächert, doch als ihre grundlegenden Ziele gelten die Verringerung von Verpackungsabfall und die verbesserte Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Aber die EU-Mitgliedsstaaten müssen nicht nur strenge Zielvorgaben für die Verpackungsreduzierung erfüllen, sondern auch Pfandsysteme (Deposit Return Schemes, DRS) für Kunststoffflaschen und Getränkedosen einrichten sowie Systeme und Infrastrukturen für die Rückgabe und getrennte Sammlungen aller Verpackungsabfälle von Endverbrauchern schaffen, um ein hochwertiges Recycling zu ermöglichen.
Zuständigkeiten neu aufgeteilt
Im Wesentlichen treibt die PPWR (Packaging and Packaging Waste Regulation) die Verantwortlichkeit für Verpackungsabfälle voran und trägt dazu bei, den Druck auf Player der Konsumgüterindustrie zu erhöhen: Diese müssen Verantwortung für die von ihnen auf den Markt gebrachten Verpackungen während ihres gesamten Lebenszyklus übernehmen. Während viele dieser Verpflichtungen in dem von den europäischen Gesetzgebern vereinbarten Text festgehalten sind, gibt es auch eine „ungeschriebene“ Dimension dieser Verordnung.
(Bild: Omron)
„Die verschiedenen Akteure der Wertschöpfungskette müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie ihre Verpflichtungen nicht werden erfüllen können, wenn sie allein vor sich hinarbeiten. Es ist ein noch nie da gewesenes Maß an linienübergreifender Zusammenarbeit erforderlich. Hersteller können nur dann Verpackungen entwerfen, die sich in großem Umfang recyceln lassen, wenn sie wissen, wie die Infrastrukturen für Abfallsammlung und -sortierung aussehen und welche Sortier- und Recyclingtechnologien eingesetzt werden sollen. Hersteller müssen ihre Verpackungen ganzheitlich kennen.“
Patricia Torres, Nachhaltigkeitsexpertin bei Omron Industrial Automation Europe
Im Grunde schafft die neue Verordnung einen Rahmen für eine kreislauforientierte Verpackungswirtschaft, die in der Praxis die Rückverfolgbarkeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg erfordert.
Automatisierte Rückverfolgbarkeit
„Unternehmen müssen zunehmend Verantwortung für Verpackungsabfälle und die damit verbundenen Prozesse übernehmen, während gleichzeitig der Verpackungskreislauf geschlossen werden muss“, erklärt Patricia Torres. „In diesem Zusammenhang wird Rückverfolgbarkeit zu einem Eckpfeiler der Lieferketten. Intelligente Verpackungen mit digitalen Wasserzeichen, die durch fortschrittliche Automatisierung und Identifizierung ermöglicht werden, sind ein leistungsfähiges Tool, um wertvolle Ressourcen zurückzugewinnen.“
Der Schlüssel zur Rückverfolgbarkeit von Verpackungen sind entsprechende Daten: Hierfür sind Datenträger erforderlich, die während der gesamten Lebensdauer der Verpackung lesbar bleiben, selbst wenn diese verschmutzt oder beschädigt sein sollte. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass herkömmliche Datenträger ihre Aufgabe zumeist nur von dem Moment an erfüllen, in dem sie auf die Verpackung aufgebracht werden, bis zu dem Moment, in dem sie den Verbraucher erreichen. Sie funktionieren allerdings häufig weniger gut, wenn das Produkt verbraucht und die Verpackung entsorgt wird. Dies ist eines der Hauptprobleme, die in Angriff genommen werden müssen, um die angestrebte Kreislaufwirtschaft zu verwirklichen.
Potenzial digitaler Wasserzeichen
Digitale Wasserzeichen können in diesem Zusammenhang diverse Vorteile gegenüber herkömmlichen Datenträgern bieten. Sie bleiben lesbar, selbst wenn sie schwierigen Bedingungen wie höheren Bandgeschwindigkeiten, starker Verschmutzung oder Zerkleinerung ausgesetzt sind. Deshalb sind digitale Wasserzeichen ein vielversprechendes Instrument für vermehrtes Recycling, denn sie können helfen, die Identifizierung von Verpackungen in Wiederaufbereitungsanlagen zu automatisieren. Anhand der im Wasserzeichen eingebetteten Daten lassen sich Verpackungen so automatisch dem richtigen Sortierstrom zuführen, was letztlich zu nahtloseren, sauberen Abläufen und hochwertigeren Recyclingmaterialien führen wird.
Omron hat dieses Potenzial erkannt und sich mit Digimarc, einem führenden Anbieter digitaler Wasserzeichentechnologien, zusammengetan, um eine innovative industrielle Automatisierungslösung für die Rückverfolgung von Verpackungen während ihres gesamten Lebenszyklus zu entwickeln.

Dank wiederholter Wasserzeichenmuster erkennt das System Daten selbst auf zerbrochenen, verschmutzten oder verformten Verpackungen. (Bild: Digimarc Corporation)
Die Technologie ist bereits in Produktionslinien führender Lebensmittel- und Getränkehersteller im Einsatz. So konnte ein Unternehmen im Rahmen einer Nachhaltigkeitsinitiative durch den Verzicht auf eine zusätzliche Plastikhülle jährlich acht Tonnen Einwegplastik einsparen. Die Produktidentifikation erfolgt ausschließlich über digitale Wasserzeichen auf dem Foliendeckel, deren korrekte Erkennung durch hoch präzise Kamerasysteme von Omron sichergestellt wird. Mit einer Verarbeitungskapazität von bis zu 800 Einheiten pro Minute fügt sich die Lösung nahtlos in bestehende Fertigungsprozesse ein und steigert die Betriebseffizienz. Die erfolgreiche Implementierung zeigt, dass digitale Wasserzeichen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch konkrete Fortschritte in Richtung einer Kreislaufwirtschaft ermöglichen.
Hürden gemeinsam meistern – Mehrwert generieren
Eine der Herausforderungen bei der Implementierung digitaler Wasserzeichentechnologie in der Industrie besteht darin, dass die Wasserzeichen zumeist bei hohen Geschwindigkeiten identifiziert, gelesen und geprüft werden müssen, um kommerziell nutzbar zu sein. Das ist keine einfache Aufgabe, insbesondere bei Verpackungen aus schwer zu prüfenden Materialien wie transparenten Folien und Filmen, glänzenden oder reflektierenden Oberflächen, flexiblen Kunststoffverpackungen sowie gekrümmten oder zylindrischen Objekten. Unterschiedliche Ausrichtungen oder variierende Materialeigenschaften erschweren zudem eine konsistente Erkennung.

Hand in Hand haben Digimarc und Omron eine Lösung entwickelt, die digitale Wasserzeichen in industrielle Automatisierungssysteme integriert. (Bild: Omron)
Die leistungsstarken Smart-Kamera- und Bildverarbeitungssysteme von Omron, die KI und Deep-Learning-Algorithmen nutzen, bieten neue Möglichkeiten für die schnelle und präzise Identifizierung, Inspektion und Initiierung von Track-and-Trace-Merkmalen bei hohen Geschwindigkeiten. Sie eignen sich sogar für das Scannen schwierigerer Verpackungsformate wie transparenter Folien oder zylindrisch etikettierter Flaschen.

Die Technologiepartnerschaft kombiniert die Stärken des FH-Vision-Systems und der FHV7-Smart-Kamera von Omron und dem Wasserzeichen-Know-how von Digimarc. (Bild: Omron)
Die Einführung derartiger Technologien für die Identifizierung und Sortierung von Verpackungsmaterialien ist im Zusammenhang mit der PPWR-Richtlinie zwar wichtig, doch ihre Vorteile gehen über reine Compliance hinaus. „Diese Technologien können einen Mehrwert schaffen, indem sie Kontrollen und Überprüfungen automatisieren, um etwa eine falsche Zuordnung oder Etikettierung von Fertigproduktkomponenten zu verhindern sowie die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Herstellung, Abfüllung und Zustellung verpackter Ware zu erhöhen“, betont Patricia Torres. Sie sieht die PPWR als Chance und hebt die Bedeutung von Cross-Chain-Collaboration, Rückverfolgbarkeit sowie intelligente Verpackungen als wichtige Kriterien für deren Umsetzung hervor.