Seit Beginn der Covid-19-Pandemie und den Bemühungen, das Virus zu bekämpfen, rücken auch klinische Studien immer mehr in den Fokus der Öffentlichkeit. Ohne Verblindungen sind deren Ergebnisse aber oft nicht aussagekräftig. Beim Kennzeichnungsspezialist Faubel weiß man, welche Herausforderungen es beim gezielten Verbergen von Informationen zu meistern gilt.
Die Forschung an den Covid-Impfstoffen wird bisweilen aufgrund ihrer beschleunigten Durchführung kontrovers diskutiert, ohne dass die Grundlagen von klinischen Studien überhaupt bekannt sind. Generell gilt, jedes Medikament muss vor Markteintritt ein behördliches Zulassungsverfahren durchlaufen, bei dem anhand von präklinischen und klinischen Tests die Wirksamkeit, Qualität und Sicherheit nachgewiesen werden müssen. Um eine unbewusste Verfälschung der Testergebnisse durch die Studienteilnehmer, die Studienärzte und das betreuende Pflegepersonal zu verhindern, ist eine Verblindung unverzichtbar.
Welche Behörde für die klinische Studie zuständig ist, richtet sich danach, um was für ein Mittel es sich konkret handelt und in welchen Ländern der pharmazeutische Unternehmer das Medikament einführen möchte. In der Europäischen Union kann die Zulassung zentral über die Europäische Arzneimittelagentur oder auch national erfolgen. In Deutschland ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bzw. das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für Impfstoffe und Blutprodukte zuständig.
In Deutschland sind die Voraussetzungen zur Arzneimittelzulassung im Arzneimittelgesetz (AMG) festgelegt. Das Arzneimittelgesetz ermächtigt darüber hinaus den Gesetzgeber zur Festlegung von weiterführenden Verordnungen. Eine solche Verordnung ist u. a. die GCP-Verordnung, die Anforderungen an klinische Studien im Hinblick auf Grundsätze, Leitlinien und Anwendung der guten klinischen Praxis regelt.
Mehrere Phasen, doppelte Sicherung
Frank Jäger, der in der Geschäftsführung der Faubel Gruppe auch die Bereiche Produktentwicklung und Neue Technologien verantwortet, beschreibt den Idealfall einer Studie, „wenn nämlich weder die Studienteilnehmer noch die Studienärzte oder die betreuenden Pflegefachkräfte wissen, welcher Gruppe die Patienten zugeordnet wurden“. Diese Vorgehensweise beschreibt einen doppelblinden Studienansatz.
Zunächst wird in Phase I mit gesunden Teilnehmern die Verträglichkeit des Medikaments bzw. des Wirkstoffs untersucht. In den Studien der Phasen II und III werden Wirksamkeit und Verträglichkeit erst bei wenigen, dann bei vielen Patienten geprüft. An die Zulassung des Medikaments nach Phase III schließen sich meist noch Phase-IV-Studien an, in denen etwa Vergleiche mit anderen Medikamenten angestellt werden.
Durchdachte Konzepte aus Verblindung und Kennzeichnung sind Voraussetzung für verwertbare Ergebnisse bei klinischen Studien.
Frank Jäger ist Geschäftsführer für die Bereiche Produktentwicklung und Neue Technologien der Faubel Gruppe, Melsungen.
Das Patientenkollektiv, auch als Interventionsgruppe bezeichnet, erhält den neuen Wirkstoff. Im Gegensatz dazu werden einer Kontrollgruppe, Patienten mit der gleichen Erkrankung oder dem gleichen Erkrankungsrisiko, keine Medikamente, eine unwirksame Scheinmedikation (Placebo) oder die derzeitige Standardmedikation verabreicht. Neben der zufälligen und nicht vorhersehbaren Zuteilung auf die Behandlungsgruppen (Randomisierung) verhindert die Verblindung die unbewusste Verfälschung der Studienergebnisse. Die Prozesse in diesem Zusammenhang sind sehr komplex.
Kennzeichnungsspezialist Faubel beliefert seit seiner Gründung 1855 die pharmazeutische Industrie. „Für uns war es ein konsequenter Schritt, sich auf die Kennzeichnungen von klinischen Studien zu fokussieren, denn diese Kennzeichnungen unterliegen hohen Qualitätsstandards und sind häufig von der Seitenzahl und der Funktion der Etiketten komplexer. Unsere pharmazeutischen Kunden schätzen unsere Erfahrung und unser Fachwissen, sodass mittlerweile das Clinical Trial Labeling rund 70 Prozent unseres Umsatzes ausmacht“, wie Jäger betont.
Etiketten als Allroundtalente
Eine Verblindung lässt sowohl die Verpackungen als auch die Medikamente und das Placebo gleich aussehen. Dabei ergeben sich, laut Frank Jäger, unterschiedliche Herausforderungen: „Zumeist fertigen wir Verblindungen für Vials, Blister, Tuben oder Spritzen an. Insbesondere Gebinde, bei denen die Anwendung die Originalverpackung bedingt, bedürfen eines maßgeschneiderten Konzepts aus Verblindung und Kennzeichnung.“
Viele dieser maßgeschneiderten Konzepte sind Etiketten. Etiketten verblinden Spritzen, Blister, Tuben und Inhaler und können diese gleichzeitig kennzeichnen. Design, Format und Seitenzahl sind flexibel und die Eigenschaften des Materials sowie des Klebstoffs können den Abfüll-, Lagerungs- und Transportbedingungen angepasst werden. „So überstehen beispielsweise spezielle Folien, stark haftende Kleber und resistente Farben eine hohe Luftfeuchtigkeit beim Applizieren, oder man kann diese Etiketten samt Medikament einfrieren“, so Jäger. Die Etiketten decken die Primärverpackung blickdicht und lichtundurchlässig ab.
Bei multinationalen klinischen Studien sind oft diverse Ländersprachen zu berücksichtigen. Der Nutzen von Booklet-Etiketten liegt für Frank Jäger deutlich auf der Hand. „Vor einigen Jahren beauftragte uns ein Kunde mit der Verblindung und Kennzeichnung einer kleinen Tube. In unserer Produktentwicklung entstand ein seitenstarkes Booklet-Etikett mit einem größeren Basisetikett. Das Basisetikett verblindete die Tube, und das Booklet-Etikett bot ausreichend Platz für unterschiedliche Sprachen in einer leserfreundlichen Schriftgröße.“
Diese klinische Studie lief doppelblind ab, die Zuteilung von Wirkstoff, Placebo und Standardmedikation war den Studienteilnehmern sowie den Studienärzten unbekannt. Das Booklet-Etikett offenbarte die Studien-, Kit- und Patientennummer sowie das Haltbarkeitsdatum. Zudem enthielt es Informationen zur Anwendung der Salbe, zur Lagerung der Tube und die Kontaktdaten des Sponsors der klinischen Studie. Gemäß der Dokumentation, die vom Studienkoordinator den Ärzten zur Verfügung gestellt wurde, konnte jede Tube eindeutig zugeordnet werden. Bei einem medizinischen Notfall könnte mithilfe der Patientennummer und der Randomisierungsliste die Rückverfolgung der Zuteilung erfolgen.
Alternative Verblindungen und 3D-Druck
Nicht immer eignet sich ein Etikett zur Verblindung. Weichen Höhe oder Umfang der Primärverpackungen voneinander ab, dienen Boxen aus stabilem und opakem Karton zur vollflächigen Kaschierung. Ergänzt mit einer Einlage werden die Unterschiede unsichtbar ausgeglichen. „Umschließt die Box ein Vial, kann die Injektionsnadel dank eines ausgestanzten Lochs problemlos eingeführt werden. Eine klebende Folie schützt die Einstichstelle vor äußerlicher Verunreinigung. Das ist vor allem sinnvoll, wenn mehrmals Flüssigkeit aus demselben Vial injiziert wird“, erklärt Jäger. Eine Kombination aus Box und Folie ist ebenso bei Infusionsbeuteln und -flaschen nützlich. Eine integrierte Folienlasche erleichtert die Aufhängung.
Heutzutage ermöglicht das 3D-Druck-Verfahren die Fertigung sehr individueller Behälter. Anstelle von Karton kann die Box dann auch aus Kunststoff bestehen: Dazu gehören Versionen, die ein ausgestanztes Kontrollfenster haben. Sollte die Flüssigkeit getrübt sein, können Ärzte und Pfleger die verdorbene Medikation direkt aus dem Verkehr ziehen.
Der Kunststoff verleiht der Verblindung enorme Stabilität und bietet eine hohe Varianz bei Kleinstserien.
Durchdachte Konzepte reduzieren Aufwand
„In der Regel ist ein langwieriger und kostenintensiver Prozess bis zur Marktreife eines Medikaments notwendig. Im Durchschnitt vergehen mehr als zehn Jahre, die Entwicklungskosten belaufen sich auf ungefähr zwei Milliarden US-Dollar, und nur knapp neun Prozent der Wirkstoffe gelangen überhaupt bis zur Marktreife.“ Diese Zahlen beeinflussen Frank Jäger und sein Team, wenn sie Verblindungen entwickeln. „Durchdachte Konzepte reduzieren Aufwand, Kosten und Zeit der klinischen Forschung. Nicht erst durch Covid-19 haben wir alle erfahren, dass der Zeitfaktor Leben retten kann. Dieser Verantwortung ist sich unser Unternehmen als Lieferant bewusst.“
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