Die Geflügelindustrie erzeugt eine erhebliche Menge Abfall. Allein in Europa fallen jedes Jahr rund drei Millionen Tonnen Federn an, die entweder verbrannt oder zu minderwertigem Tierfutter verarbeitet werden. Doch die Federn können mehr: Ob als Ausgangstoff für die Klebstoffherstellung, als Bestandteil von Brennstoffzellen oder als Isoliermaterial für die Kühlkettenlogistik, das federleichte Naturprodukt ist in unterschiedlichen Anwendungen einsetzbar.
Federn bestehen aus Keratin, einem chemisch resistenten und physikalisch festen Protein, das auch die Wissenschaft beschäftigt. Forschende am Fraunhofer Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) haben beispielsweise in einem gemeinsamen Projekt mit Klebstoff-Weltmarktführer Henkel ein Verfahren entwickelt, mit dem der biobasierte Rohstoff Keratin aus den Federn extrahiert und als Ausgangsstoff für die Herstellung unterschiedlicher Klebstoffe für verschiedene Anwendungsbereiche genutzt werden kann. Hühnerfedern können sogar Strom grüner machen: Forschende der ETH Zürich und der Technischen Universität in Singapur (NTU) ist es gelungen, das Protein Keratin aus den Federn in feinste Fasern, sogenannte Amyloidfibrillen, umzuwandeln. Diese werden dann im Herzstück einer Brennstoffzelle, einer halb durchlässigen Membran, verwendet und ersetzen dort toxische Chemikalien.
Dank ihrer mikroskopisch kleinen, hohlen Faserstruktur gehören Federn zu den leichtesten Naturfasern überhaupt und sind hervorragende Wärmeisolatoren. Die Gründer des im Westen Londons ansässigen Start-ups Aeropowder waren sich daher sicher, dass es eine bessere Verwendung für überschüssige Federn geben muss als die Entsorgung, und haben ein nachhaltiges Isoliermaterial entwickelt. PluumoPlus gilt als der weltweit erste nachhaltigen Dämmstoff aus Federn. Das zum Patent angemeldete Isoliermaterial nutzt die natürlichen Isoliereigenschaften von Federn und soll expandiertes Polystyrol als thermisches Verpackungsmaterial ersetzen. Mögliche Einsatzgebiete sind zunächst die Lagerung und der Transport von temperaturempfindlichen Gütern, beispielsweise Therapeutika und Medikamente. Das nachhaltige Material ist laut Hersteller in der Lage, eine Innentemperatur von 2 bis 8 °C über 72 Stunden aufrechtzuerhalten, selbst wenn die Außentemperaturen in diesem Zeitraum durchschnittlich 30 °C betragen.
Leichte Naturfasern isolieren gut
Vor der Herstellung des Isoliermaterials werden die Federn zunächst gereinigt und nach internationalen Hygienestandards behandelt. Dann können sie mit einer Außenfolie auf Stärkebasis umhüllt und schließlich zu PluumoPlus-Linern verarbeitet werden. Aeropowder hat bei der Produktentwicklung mit der Indorama Ventures Fibers Germany GmbH zusammengearbeitet, die Bindefasern aus zwei unterschiedlichen Biopolymeren für das neue Produkt entwickelte. Durch die Zusammenarbeit ist es gelungen, ein vollständig biologisch abbaubares Isoliermaterial herzustellen. In der Praxis wird durch die Verwendung von zwei PluumoPlus-Linern in einer Lieferbox und einem weiteren dünneren Liner, der die Nutzlast umschließt, eine robuste thermische Barriere geschaffen, die den temperaturempfindlichen Inhalt schützt.
Finanzierung für die Markteinführung gesichert
Aktuell hat sich das Start-up eine Investition in Höhe von 150.000 Pfund vom British Design Fund gesichert und will die Finanzspritze nun für die Markteinführung von PluumoPlus verwenden. Damon Bonser, CEO des British Design Fund: „Aeropowder erfüllt alle Kriterien für uns. Es handelt sich um ein kreatives und ehrgeiziges Team, das eine innovative Produktpalette entwickelt, die das Potenzial hat, weltweit einen positiven Einfluss zu haben. Innovationen wie diese, die den Übergang zu nachhaltigen Materialien unterstützen, sind sehr wichtig.“ Der British Design Fund ist ein britischer Frühphaseninvestor im verarbeitenden Gewerbe und fördert ehrgeizige Start-ups auf ihrem Wachstumskurs.
„Die Investition des British Design Fund wird entscheidend dazu beitragen, dass wir unsere ersten PluumoPlus-Chargen herstellen und an bereits wartende Kunden aus dem Pharma- und Logistikbereich liefern können. In den nächsten zwölf Monaten werden wir uns dann auf den Ausbau der Produktionskapazitäten für PluumoPlus und die weitere Produktentwicklung auf Federbasis konzentrieren.“
Dr. Ryan Robinson, Biologe und Aeropowder-Mitbegründer