Das Interesse an zusätzlichen haptischen Effekten wächst rasant. Denn um sich am Markt zu differenzieren, wird die multisensorische Marketingkommunikation für den Verpackungsdruck mehr und mehr zu einem wichtigen Werkzeug. Der Druckfarbenhersteller hubergroup bedient diesen Markt mit einer neuen Generation an Haptiklacken, die er vor Kurzem in einem Pilotprojekt entwickelt hat.
Neigen wir nicht alle dazu, unsere Wahrnehmung mithilfe von Sinneseindrücken zu überprüfen? Bestes Beispiel ist der Obsteinkauf: Der Pfirsich landet dann im Einkaufskorb, wenn er nicht nur reif aussieht und gut riecht, sondern sich weich anfühlt und auf sachten Druck signalisiert, dass seine Bissfestigkeit genau richtig ist. So wie beim Obsteinkauf müssen beim Verpackungsdesign visueller, haptischer und sensorischer Sinneseindruck übereinstimmen.
Softtouch- und Papertouch-Lacke gibt es schon eine ganze Weile. Angesichts der stark wachsenden Nachfrage von Verpackungsdesignern und Markenherstellern nach neuen „greifbaren“ Druckveredelungen hat die hubergroup in einem Pilotprojekt 2017 begonnen, neuartige haptische Lacke zu entwickeln. Aktuell handelt es um fünf neue Lacke für den Lebensmittelverpackungsdruck in den Haptikqualitäten Leder, Sand, Textil, Samt und Holz. Sie eignen sich für den Flexo- und Tiefdruck und werden unter der Dachmarke Gecko angeboten.
Wie ist Haptik messbar?
Eine Herausforderung bei der Entwicklung dieser Lacke war zu definieren, wie sich diese Eindrücke anfühlen. Denn Haptik ist schwer messbar. Dr. Ralf Büscher, R&D-Experte für flexible Verpackungen bei hubergroup, löste mit seinem Team das Problem, indem er Haptikkriterien festlegte: „Die wichtigsten drei Gegensatzpaare, um haptische Eindrücke zu beschreiben, sind hart/weich, klebrig/rutschig und rau/glatt. Es ist die Kombination dieser Merkmale, die den haptischen Eindruck ausmacht. Softtouch-Lack zum Beispiel ist ganz klar bei weich/glatt/rutschig angesiedelt.“
In dieses dreidimensionale Koordinatensystem mussten die Testpersonen des Pilotprojekts nun jeden neu entwickelten Haptiklack einordnen. Auf diese Weise konnten diejenigen Lacksysteme ausgewählt und optimiert werden, die den angestrebten haptischen Merkmalen am besten entsprachen.
„Wer die unterschiedlichen Oberflächen Leder, Sand, Textil, Samt und Holz anfasst, begreift im wahrsten Sinne des Wortes, was er fühlt“, so Dr. Lars Hancke, Manager Business Development Flexible Packaging bei hubergroup.
Rohstoffe für Haptiklack müssen harmonieren
Da Haptiklack nicht gleich Haptiklack ist, sind je nach Effekt entweder Bindemittel, Füllstoffe, Wachse oder andere Additive anzupassen. Der Gesamtcocktail entscheidet über das „Feeling“. Hinzu kommt, dass der fertige Lack vielen verschiedenen Anforderungen entsprechen muss: Neben der Lagerstabilität des Lackes soll der Haptikeffekt auf unterschiedlichsten Bedruckstoffen gleichermaßen funktionieren, das verlangen die Preis-Leistungs-Anforderungen des Marktes.
Ein wichtiger Aspekt ist die Lebensmittelsicherheit, die der Lack in keiner Weise gefährden darf. Die Gecko-Tief- und Flexodruckfarben der hubergroup sind dank strenger GMP-Richtlinien generell für einen migrationssicheren Lebensmittelverpackungsdruck geeignet. Es ist sichergestellt, dass kein Bestandteil der Druckfarbe oder des Drucklacks durch Migration oder „invisible set-off“ oberhalb gesetzlicher Grenzwerte in das verpackte Lebensmittel übergehen kann.
Vorgaben beim Einrichten der Druckmaschine
Wenn die Bestandteile des Rezepts stimmen, kommt die optimale Druckperformance hinzu. Der Lack muss auf der Maschine schließlich gut zu verarbeiten sein. Deshalb macht der Druckfarbenhersteller genaue Angaben, was die Druckparameter Viskosität, Auftragsmenge und Rasterwalzenkonfiguration angeht. Er empfiehlt, die angegebenen Viskositäten genau einzuhalten, da bereits kleine Abweichungen zu einem signifikant anderen Ergebnis führen können.
Um auf der sicheren Seite zu sein, begleitet ein Techniker der hubergroup bei Neukunden die ersten Druckläufe mit den neuen Haptiklacken. Denn zum Teil sind hohe Auftragsmengen an Lack erforderlich, die eine niedrigere Druckgeschwindigkeit benötigen machen. Am Beispiel von Papertouch-Lack geben die Erfahrungswerte im Flexodruck einen empfohlenen Auftrag von 20 cm³/m² bei einer Rasterwalze mit 50 l/cm vor, die eine traditionelle Bienenwabenstruktur aufweist. Für den Tiefdruck seien gute Ergebnisse mit einem, wenn möglich, autotypisch gelaserten Zylinder mit 40 Linien/80µm Gravur zu erreichen.
Um einen guten Effekt zu erzielen, sollten nicht weniger als 4 g/m2 Lack fest aufgebracht werden.
Ob der Haptiklack im Flexo- oder im Tiefdruckverfahren aufgebracht wird, hängt vom gewünschten Ergebnis und den vorgegebenen Möglichkeiten ab. Manche Verpackungsdrucker drucken auf einer Flexodruckmaschine mit einem anschließenden Tiefdruckwerk, auf der dann der Lack aufgebracht wird. Tiefdruckzylinder eignen sich hervorragend für die großvolumigen Lacke, da sie einen deutlich größeren Auftrag ermöglichen. Für die im Verpackungsdruck oft hohen Auflagen lohnt sich die Gravur eines Tiefdruckzylinders auf jeden Fall, er kann auch bei einer Wiederholungsauflage erneut eingesetzt werden.
Haptik gewinnt in Zeiten des Onlinehandels
In einer Zeit, in der durch den Onlinehandel das physische Erleben eines Produkts nachgeordnet ist, wird die tatsächliche Wahrnehmung der Ware umso wichtiger. Da reicht der erste visuelle Eindruck in der Regel längst nicht mehr aus. Das Pilotprojekt für die neue Generation an Haptiklacken belegt einmal mehr, dass dem Tastsinn eine entscheidende Bedeutung bei der Wahrnehmung zukommt.