Kapazitäten für die Impfstoffproduktion sind nicht unendlich erweiterbar

Kapazitäten für die Impfstoffproduktion: Impfstoffabfüllung in kleine Fläschchen
Derzeit werden die Impfstoffe noch überwiegend in kleine Fläschchen abgefüllt. (Bild: Bausch+Ströbel)

Die Impfstoffherstellung gegen Covid-19 ist auch für die Hersteller von Abfüll- und Verpackungsanlagen eine ganz besondere Aufgabe. Bereits vor der Zulassung wurde bei den Pharmaunternehmen mit der Erweiterung der Produktionskapazitäten begonnen, und ein Ende ist derzeit nicht abzusehen. Aber auch Anlagen, die andere wichtige Medikamente produzieren, dürfen nicht aus dem Blick geraten.

Natürlich freut man sich beim süddeutschen Maschinenbauer Bausch+Ströbel, wenn eine der eigenen Anlagen in der Tagesschau gezeigt wird: Denn wenn es um die Herstellung von Impfstoffen gegen Covid-19 geht, sind immer wieder mal die Abfüll- und Verpackungsanlagen aus Ilshofen in Aktion zu sehen.

„Wir sind natürlich froh und stolz, dass wir unseren Beitrag zur Pandemiebekämpfung leisten können – aber das bedeutet für uns auch eine große Verantwortung“, so Geschäftsführer Dr. Hagen Gehringer. Die Aufgaben stellen alle Maschinenbauer, die Spezialmaschinen für die pharmazeutische Industrie fertigen, derzeit ganz allgemein vor große Herausforderungen.

Gefragt: effektiver Vorlauf

Schon früh haben sich die Pharmaunternehmen auf die Produktion ihrer Impfstoffe vorbereitet: Sie haben die Erweiterung ihrer Produktionskapazitäten zu einem Zeitpunkt in Angriff genommen, an dem noch nicht feststand, ob der entwickelte Impfstoff überhaupt eine Zulassung bekommen würde. „Ohne diese vorlaufenden Maßnahmen wäre eine schnelle Versorgung mit dem Impfstoff aktuell nicht möglich“, ist sich Geschäftsführer Dr. Hagen Gehringer sicher. Dies führte sehr früh zu vermehrten Anfragen bei den Spezialmaschinenherstellern, die in diesem Bereich tätig sind.

Gefordert: Erweiterung der Kapazitäten für die Impfstoffproduktion

Die ersten Anfragen kamen in Ilshofen bereits im März 2020 an: So wurde zum Beispiel eine Etikettiermaschine explizit für die Verarbeitung eines künftigen Impfstoffs bestellt, die wenige Monate später ausgeliefert werden konnte.

Eine vollautomatische Abfüll- und Verpackungsanlage benötigt in der Regel aber deutlich mehr Vorlauf. Da die Pharmaunternehmen vor der Herausforderung stehen, in möglichst kurzer Zeit genügend Verarbeitungslinien für die Herstellung dieser speziellen Medikamente verfügbar zu haben, geht es in dieser ersten Phase darum, bereits bestellte Anlagen schnell in Betrieb zu nehmen und parallel dazu bestehende Anlagen für diesen speziellen Einsatz umzurüsten. Nur so gelingt es, die Produktion schnell hochzufahren, um die Märkte in kürzester Zeit zu beliefern.

Für die zügige Umrüstung müssen in kürzester Zeit neue Formatsätze erstellt oder Füllversuche durchgeführt werden, die sicherstellen, dass der jeweilige Impfstoff auch optimal auf den Anlagen verarbeitet wird. In der Regel bieten dies die Anlagenbauer in eigenen Versuchsräumen an. Welches Dosierverfahren ist das beste? Bei welchen Umgebungsparametern wird das beste Ergebnis erzielt? Das sind Fragestellungen, die in dieser Phase geklärt werden.

Dr. Hagen Gehringer„Das alles ist auch für uns eine große Aufgabe, da es weltweit nach wie vor eine große Nachfrage nach anderen Medikamenten gibt, für die ebenfalls Anlagen zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Kapazitäten der Anlagenbauer können eben nicht in kürzester Zeit so erweitert werden, dass zahlreiche zusätzliche Aufträge angenommen werden können. Der Aufbau von Fachpersonal und auch der Ausbau von Produktionsflächen sind grundsätzlich nicht unbegrenzt möglich und benötigten darüber hinaus Zeit.“ Dr. Hagen Gehringer, Geschäftsführer bei Bausch+Ströbel

Garantiert: Fokus auf Priorisierung

Auch Anlagen, die andere wichtige Medikamente produzieren, dürfen nicht vernachlässigt werden. Nach wie vor existieren eben andere Krankheiten, für die ebenfalls Therapien zur Verfügung gestellt werden müssen. Für den Experten gibt es hier aktuell nur einen Weg: „faires Priorisieren“.

Hinzu kommt, dass die Pharmaunternehmen vorausschauend planen und schon jetzt in neue Anlagen investieren. Denn inzwischen zeichnet sich ab, dass Covid-19 eine in bestimmten Zeitabständen aufzufrischende Impfung erfordert. Dies zielt über die Erstversorgung hinaus und betrifft in der Konsequenz auch die Anlagenbauer: Derzeit werden die Impfstoffe vorwiegend in Vials abgefüllt. Künftig werden sie aber sicherlich, wie andere gängige Medikamente auch, in Einmalspritzen angeboten werden – was andere Abfüll- und Verpackungsanlagen erfordert.

„Die derzeitige Situation wird den Trend im Spezialmaschinenbau, möglichst flexible Anlagen anzubieten, die mit geringem Aufwand und in kurzer Zeit auf andere Packmittel und andere Medikamente umgerüstet werden können, sicher noch verstärken“, ist sich Dr. Hagen Gehringer sicher.

Gesichert: Organisation von Serviceeinsätzen

Vieles kann in den Büros, Fertigungs- und Montagehallen der Maschinenbauer vorbereitet werden. Zahlreiche Arbeiten müssen aber dann doch von Technikern oder Programmierern vor Ort realisiert werden. „Wir konnten hier durch den vermehrten Einsatz digitaler Werkzeuge, wie unseren RemoteService, einige Aufgaben kompensieren“, erklärt Dr. Hagen Gehringer. Bei der Einführung dieser Technologien war man zum Glück schon vor der Pandemie sehr weit. Doch nicht alles lässt sich aus der Ferne lösen.

Abfüllanlage für einen Covid-Impfstoff von Bausch+Ströbel

Diese Abfüllanlage für einen Covid-Impfstoff wurde inzwischen ausgeliefert. (Bild: Bausch+Ströbel)

Die Anlagen der Pharmaunternehmen stehen auf der ganzen Welt. Schließlich ist es von Vorteil, dort zu produzieren, wo der jeweilige Impfstoff auch gebraucht wird. Jeder Einsatz muss im Einklang mit der Sicherheit der Mitarbeiter stehen und bedarf so einer intensiven Vorbereitung und Begleitung. Und natürlich braucht es Mitarbeiter, die auch in Pandemiezeiten bereit sind zu reisen. „Diese Bereitschaft ist bei uns zum Glück sehr groß“, hebt Dr. Hagen Gehringer hervor.