Lieferausfälle aufgrund von Corona: Wer haftet?

Lieferausfälle aufgrund von Corona
(Bild: Shutterstock / Romeo Pj)

Globale Lieferketten sind durch die Covid-19-Pandemie gestört. Zahlreiche Verträge können zum Teil nicht mehr oder nur verzögert erfüllt werden. Bei der Haftungsfrage liegt die Krux allerdings explizit in den Klauseln.

Fehlende Rohstoffe und unterbrochene Lieferketten – immer mehr Beschaffungsmanager in der Verpackungsindustrie berichten von massiven Engpässen. Insbesondere Papier, Industriemetalle und sämtliche Kunststoffe werden knapp. Für viele Hersteller von Kartonagen, Folien und Co. heißt es daher die Produktion zu drosseln und extra Geld zurückzulegen. Sei es für zusätzliche Material-, Transport- und Logistikkosten oder mögliche Schadensersatzforderungen entlang der Lieferkette. Doch auf wessen Kosten geht die unterbliebene Lieferung? Kann sich ein Lieferant coronabedingt auf Force Majeure berufen?

Keine Ware erhalten

Verzögern sich Lieferungen oder bleiben sie ganz aus, können Kosten in Millionenhöhe entstehen. Kein Wunder, dass auf Käuferseite schnell Schadensersatzforderungen wegen Nichterfüllung laut werden. Allerdings gilt es hier zunächst zu prüfen, ob überhaupt ein Schuldnerverzug nach § 286 BGB vorliegt. Hat der Lieferant die Verzögerung zu vertreten oder besteht ein fixes Lieferdatum, das überschritten wurde? Gibt es in diesem Zusammenhang vereinbarte Gründe oder Abwägungen, die die Verzögerung rechtfertigen einen möglichen Verzug ausschließen?

Ist das nicht der Fall, haben Käufer mehrere Optionen. Unter Nachfristsetzung können sie vom Vertrag zurücktreten oder anstelle der nicht gelieferten Ware Schadensersatz fordern. Darüber besteht direkt bei Verzugseintritt die Möglichkeit, auf einen Ausgleich des Verzögerungsschadens zu bestehen.

Gottes Beitrag im Vertragswerk

Um derartige Probleme zu vermeiden, einigen sich Käufer und Lieferanten im Idealfall bereits im Kaufvertrag über Termine, Fristen, Maßnahmen bei Verzug und möglicherweise Gründe, die eine Verzögerung rechtfertigen. Insbesondere bei internationalen Verträgen ist es außerdem ratsam, ausdrücklich auch Klauseln zu der sogenannten Force Majeure oder den Acts of God aufzunehmen.

Wie der Name bereits vermuten lässt, verbergen sich dahinter mögliche Szenarien, die weder vorhersehbar noch durch äußerste zumutbare Sorgfalt verhindert werden konnten. Typischerweise fallen darunter Ereignisse wie Naturkatastrophen, Kriege, politische Unruhen und Epidemien. Starkes Indiz für das Vorliegen von Höherer Gewalt sind vor allem behördliche Warnungen und Maßnahmen.

Lieferausfälle aufgrund von Corona

Bei den aktuellen Betriebsschließungen, Quarantäneverfügungen, Reisewarnungen oder auch Grenzschließungen kann also davon ausgegangen werden, dass die Covid-19-Pandemie unter solche Force-Majeure-Klauseln fällt. Berufen sich Lieferanten bei Lieferverzögerungen darauf, kann in der Regel mit einer Auflösung des Vertrages und einer Befreiung von allen Leistungspflichten gerechnet werden.

Es kommt jedoch im Einzelfall auf den genauen Wortlaut im Vertragswerk an. Sollte es ein Lieferant beispielsweise trotz vereinbarter Anzeigepflicht versäumen, seine Vertragspartner über drohende Verzögerungen zu informieren, besteht die Möglichkeit, dass er sich in einem solchen Fall nicht mehr auf Höhere Gewalt berufen kann.

Unser Gastautor Felix Korten ist Rechtsanwalt und Vorstand der Kanzlei Korten Rechtsanwälte AG mit Standorten in Hamburg, München und Göttingen. Darüber hinaus verfügt er über langjährige Erfahrung als Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften. 2021 wurde er in den Senat der Wirtschaft berufen.

Engpässe in der Lieferkette: Wenn Verpackungen knapp werden