packaging journal: Der finale Entwurf zur europäischen Verpackungsverordnung PPWR ist da. Er sieht unter anderem Recyclingquoten vor, die bis 2030 bzw. 2040 erreicht werden sollen. Halten Sie diese Ziele für realistisch?
Stefan Munz: Die Quoten sind herausfordernd. Wir wissen ja aus aktuellen Studien, dass sich, um die Quoten des PPWR erfüllen zu können, der Rezyklateinsatz vervierfachen muss. Diese Mengen muss man erst einmal auch produzieren. Und da tut sich die Recyclingwirtschaft im Moment relativ schwer, denn die Konkurrenz der Vormaterialien ist groß, die Marktpreise sind niedrig und derzeit sind Rezyklate nur ganz schwer absetzbar. Das heißt, alle, die Rezyklate produzieren, haben im Moment tatsächlich ein Thema, und für die muss diese PPWR und in Deutschland insbesondere §21 des Verpackungsgesetz deutlich früher kommen.
Sie hoffen also auf eine deutsche Regelung, wie sie ja auch im Koalitionsvertrag angekündigt wurde?
Genau darauf hoffen wir. Die Eintrittswahrscheinlichkeit würde ich jetzt mal auch als relativ hoch einschätzen. Es steht im Koalitionsvertrag und wir gehen davon aus, dass das in dieser Legislaturperiode noch zu schaffen ist. Deutschland war ja ohnehin Vorreiter und wenn wir uns beispielsweise die Quotenanforderungen in der PPWR ansehen, dann haben wir in Deutschland überhaupt kein Thema, was die Recyclingquoten oder die nötige Recycling-Infrastruktur betrifft. Es gibt für uns in Deutschland also eigentlich überhaupt keinen Anlass jetzt zu warten. Dieser §21 fordert von den dualen Systemen, Anreize zu schaffen zum Einsatz gut regelbarer Verpackungen und man könnte ihn sehr kurzfristig novellieren. Das würde dem Thema noch mal einen Schub verleihen.
Mit einem gesetzlich verankerten Fondsmodell belohnen wir ressourcenschonendes und recyclingfreundliches Verpackungsdesign sowie den Rezyklateinsatz. Wir führen ein Recycling-Label ein.
Zitat aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung
Stefan Munz: Das sind genau die zwei Punkte, die wir uns tatsächlich wünschen
Genau genommen gab es ja schon einmal so ein Label. Vor 30 Jahren kam der Grüne Punkt, den viele Verbraucher noch heute als eine Art offizielles Label wahrnehmen, obwohl es die Pflicht zur Kennzeichnung ja schon sehr, sehr lange nicht mehr gibt. Der Grüne Punkt hat sich in das Gedächtnis eingebrannt. Er galt jahrelang als ein Entsorgungssymbol und steht auch für viele Verbraucher heute noch für eine gut recycelbare Verpackung. Tatsächlich aber war und ist der grüne Punkt nichts anderes als ein Markenzeichen des damaligen Monopols und das führt natürlich zu Unsicherheiten.
Wie zeigt sich das in der Praxis?
Wir hatten zuletzt einen Bürger aus Schwerin, der hat uns auch gleich Fotos mitgeschickt von seiner Hausverwaltung, die darauf besteht, dass in die gelbe Tonne nur Verpackungen mit dem grünen Punkt geworfen werden. Auch in der Abfalllbroschüre dieses kommunalen Betriebs wurde darauf verwiesen, dass in die gelbe Tonne nur Verpackungen mit dem Grünen Punkt gehören. Das führt dann eben dazu, dass Verpackungen verbrannt werden und dem System endgültig entzogen werden. Viele Menschen suchen also noch nach dem Grünem Punkt, dabei gibt es ihn nur noch selten und er hat nichts auszusagen.
Umso wichtiger ist die Aufklärung über die richtige Mülltrennung. Wird da aus Ihrer Sicht genug getan?
Wir stellen fest, dass das Wissen über die richtige Mülltrennung, gerade bei der jüngeren Generation verloren gegangen ist. Die Kampagne „Mülltrennung wirkt“ leistet wirklich sehr gute Aufklärungsarbeit, wenngleich das Budget noch viel zu niedrig ist. Hier würde ich mir wünschen, dass dieses Budget massiv erhöht wird.
Lassen Sie uns noch einmal auf den Markt der Systeme gucken. Wie ist der in Deutschland überhaupt aufgeteilt?
Wir haben derzeit zehn duale Systeme im Markt. Ihnen stehen über 900.000 Unternehmen gegenüber, die Verpackungen in Verkehr bringen. Darunter gibt es dann ganz große Unternehmen, also auch Handelsunternehmen mit ihren Eigenmarken. Es gibt aber auch den Imker, der jedes Jahr nur ein paar Gläser Honig in Verkehr bringt.
Bei den Lizenz-Entgelten gibt es immer noch die Auffassung, es handele sich um eine Art Gebühr, die nicht verhandelbar ist, als hätte sie irgendein Amt verhängt, oder wie nehmen Sie das wahr?
Genau. Allein schon der Begriff Gebühr führt in die Irre, denn es sind keine Gebühren, sondern das sind Preise, die frei im Markt verhandelt werden können, und da ist tatsächlich auch Spielraum. Also, jeder, der seine Preise lange nicht nachverhandelt hat, sollte das in jedem Fall tun. Die Preise ändern sich jährlich, und die Unternehmen sind gut beraten, ihre Verträge auch jährlich auf den Prüfstand zu stellen.
Wer also Kosten vergleicht, kann deutliche Einsparungen erzielen?
So ist das! Insbesondere die Unternehmen, die tatsächlich noch Altverträge haben, werden sich wundern, was da möglich ist. Die Preise sind aktuell zwar etwas gestiegen, aber im langjährigen Vergleich sind sie doch deutlich gefallen.
Wenn es keine Gebühr ist, ist es also auch kein Bescheid, der in der Rechtsabteilung, sondern eher in der Einkaufsabteilung landen sollte?
Richtig. Es sind Beteiligungsentgelte und die gehören in den Einkauf, um Konditionen zu verhandeln. Mit einer Gebühr hat das nichts zu tun!
Das bedeutet also, wer einen Vertrag mit dem dualen Partner hat und den seit Jahren schon nicht mehr geprüft hat, sollte das jetzt tun?
Der sollte das dringend prüfen, weil es Spielräume gibt. Hier kann man sehr einfach Kosten sparen.
Herr Munz, ich danke Ihnen für das Gespräch!
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