Forschende der Universität Coimbra in Portugal haben ein neuartiges Verbundmaterial entwickelt, das komplett aus biobasierten Rohstoffen besteht und die Leistungswerte fossiler Kunststoffe erreichen soll. Die im Fachmagazin Nature Scientific Reports veröffentlichte Studie zeigt: Kosmetikverpackungen könnten künftig ohne erdölbasierte Kunststoffe auskommen.
Neue Kombination aus Naturpolymeren und Zusatzstoffen
Das Team aus Materialwissenschaftlern der Universität Coimbra entwickelte einen mehrschichtigen Biokomposit aus PHBV (Polyhydroxybutyrat-Valerat), PLA (Polymilchsäure), Chitosan, pflanzlichen Weichmachern, ätherischen Ölen und dem Farbstoff Phycocyanin aus Mikroalgen. Diese Kombination wurde gezielt so abgestimmt, dass sie den hohen Anforderungen von Kosmetikverpackungen standhalten kann – etwa mechanische Stabilität, Temperaturbeständigkeit, Schutz vor Feuchtigkeit und hygienische Unbedenklichkeit.
Die Besonderheit der Entwicklung liegt darin, dass bislang viele biobasierte Kunststoffe nur eingeschränkt belastbar sind oder spezielle Barriereeigenschaften vermissen lassen. Das neue Material soll laut Studie erstmals ähnliche Werte wie Polypropylen oder Polyethylen erreichen, die bisher als Standardmaterialien in der Kosmetikindustrie gelten.
Praxisnähe im Fokus
Ein entscheidender Vorteil: Die Forschenden betonen, dass das Material mit konventionellen Verarbeitungsverfahren wie Spritzguss formbar ist. Das heißt, es könnte theoretisch in bestehenden Produktionsanlagen eingesetzt werden, ohne dass teure Umrüstungen notwendig sind. Damit steigt die Chance, dass solche nachhaltigen Verpackungsalternativen mittelfristig industriell skaliert werden können.

Der biobasierte Verbundwerkstoff besteht aus biobasierten Polymeren, Naturfasern und bioaktiven Verbindungen (Bild: Universität Coimbra).
Nachhaltigkeit trifft Funktionalität
Kosmetikverpackungen bestehen bislang oft aus Verbundmaterialien, die nur schwer recycelbar sind. Das portugiesische Forschungsteam will mit seiner Entwicklung zeigen, dass eine vollständig biobasierte, kompostierbare Verpackung möglich ist, ohne Abstriche bei Funktionalität und Produktsicherheit machen zu müssen.
Verwendete Zusatzstoffe wie Chitosan – ein aus Krebstierschalen gewonnenes Biopolymer – oder Phycocyanin aus Algen bringen nicht nur ökologische Vorteile, sondern auch antimikrobielle Eigenschaften mit sich. Das könnte insbesondere bei empfindlichen Kosmetikprodukten wie Cremes oder Lotionen relevant sein.
Herausforderungen auf dem Weg zum Markt
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse betonen die Forschenden, dass noch Fragen zur industriellen Herstellung und zu Zertifizierungsprozessen offen sind. Die Verfügbarkeit einzelner Rohstoffe und die Produktionskosten müssen optimiert werden, um mit fossilen Kunststoffen konkurrenzfähig zu sein. Auch die Recyclingfähigkeit von Mehrschichtmaterialien in bestehenden europäischen Sammel- und Verwertungssystemen gilt es zu prüfen.
Perspektive für die Verpackungsbranche
Die Studie liefert einen wichtigen Impuls für die Verpackungsindustrie: Sie zeigt, dass leistungsfähige biobasierte Alternativen zu herkömmlichen Kunststoffen technisch machbar sind. Für Maschinenhersteller und Markenartikler könnte dies neue Optionen eröffnen, um die strengen Vorgaben der EU-Verpackungsverordnung (PPWR) zu erfüllen und den wachsenden Verbraucherwunsch nach nachhaltigen Verpackungen zu bedienen.
Quelle:
Universität Coimbra: A novel fully biobased material composite for cosmetic packaging applications, veröffentlicht im Fachmagazin Nature Scientific Reports (2025). Zur Studie