Stärkere Kreislaufwirtschaft mit europäischem Green Deal

EcoVer Familie besteht aus Mono-Polypropylen-Lösungen in verschiedenen Barrierestufen. Die Lösung zeichnet sich durch eine hohe Transparenz, niedrige Siegeltemepratur, Hitzebeständigkeit und Formstabilität aus.
EcoVer Familie besteht aus Mono-Polypropylen-Lösungen in verschiedenen Barrierestufen. Die Lösung zeichnet sich durch eine hohe Transparenz, niedrige Siegeltemepratur, Hitzebeständigkeit und Formstabilität aus. (Bild: Constantia Flexbiles)

Spätestens seit November 2022 diskutiert die Verpackungsbranche intensiv über das Thema Nachhaltigkeit und besonders recyclingfähige Verpackungen. Natürlich ist diese Trendthema seit Langem präsent und wohl aus keiner Unternehmensstrategie mehr wegzudenken. Doch die Vorschläge der EU-Kommission zum Green Deal und die Verordnung zu Verpackungen und Verpackungsmanagement (PPWR) versetzten die Industrie in Aufruhr. 

Auch wenn der Vorschlag der Kommission grundsätzlich auf offene Ohren trifft und viel Zustimmung erhält, stehen Unternehmen nun vor großen Veränderungen. packaging journal hat exklusiv mit Vertretern von Constantia Flexibles zum Thema und zum Umgang im Unternehmen gesprochen.

Achim Grefenstein leitet die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bei Constantia Flexibles. Als gelernter Maschinenbauingenieur und Kunststofftechniker lehrt er außerdem an der RWTH Aachen Kunststoffverarbeitung und Recycling. In Brüssel ist er als Chairman der Packaging Division von European Plastic Converter (EUPC) hautnah bei den Diskussionen dabei.
Achim Grefenstein leitet die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten bei Constantia Flexibles. Als gelernter Maschinenbauingenieur und Kunststofftechniker lehrt er außerdem an der RWTH Aachen Kunststoffverarbeitung und Recycling. In Brüssel ist er als Chairman der Packaging Division von European Plastic Converter (EUPC) hautnah bei den Diskussionen dabei. (Bild: Constantia Flexibles)

Der Vorschlag der EU-Kommission hat für einige Diskussionen gesorgt. Was wird Ihnen aus der Industrie und aus dem eigenen Unternehmen gespiegelt? Wo liegen die Probleme bei der Verordnung?

Achim Grefenstein -- Die Industrie sieht das Thema grundsätzlich positiv, weil es zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft beiträgt. Und die Industrie sieht es auch positiv, dass wir über eine Regulation reden, also europäisch einheitliche Richtlinien. Ein Flickenteppich würde keinem helfen. Wo es ein bisschen kritischer wird, ist das Thema Rezyklateinsatzquoten für Kunststoffe. Von den Materialien, die Constantia Flexibles einsetzt, sind nur die Kunststoffe mit zwingenden Rezyklateinsatzquoten betroffen.

Und das führt technisch zu Limitationen beim mechanischen Recycling bei polyolefinischen Lebensmittelverpackungen. Der einzige Ausweg ist das chemische Recycling, und da können wir als Converter nur hoffen, dass unsere Lieferanten, also die Chemieindustrie, ihre Ankündigungen erfüllen, weil sonst haben wir irgendwann keine Rezyklate für unsere Produkte, was de facto einem Verbot gleichkäme. Die unvermeidbaren Produktionsabfälle, sogenanntes Post-Industrial-Rezyklat, die auch gerade bei neuen Technologien anfallen, werden heute in der Rechnung leider gar nicht berücksichtigt. In früheren Entwürfen war da eine Beimengung von PIR auch erlaubt. Das hätte unsere Innovationskraft gestärkt. Zum Thema recyclable, wo wir für fast alle Anwendungen voll dahinterstehen, gibt es nur wenige Nischen, wo biodegradable eine Ausnahme sein kann. Von daher ist das grundsätzlich auch zu begrüßen, dass biodegradable sich auf spezielle Nischenanwendungen fokussieren soll.

Martina Wagner — Wir begrüßen den ambitionierten Vorschlag der EU-Kommission in Form einer Verordnung, der zu einer Reduktion des ökologischen Fußabdrucks Europas beitragen kann. Für uns ist wichtig, dass er auch zu einer Harmonisierung führt. Wir haben in Europa derzeit unterschiedliche Anforderungen bezüglich Recyclingfähigkeit, aber auch beim Labelling von Verpackungen. Daher sind wir erfreut, dass diese Verordnung das Potenzial hat, einheitliche Standards zu schaffen und damit den freien Warenverkehr zu unterstützen. Wir sehen, dass mit dem Entwurf zur Verordnung ein wichtiger Schritt getan wurde, allerdings braucht es an einigen Stellen Nachschärfungen. Wesentlich ist hier Klarheit zu schaffen, damit einerseits Planungssicherheit besteht, aber auch wohin entwickelt werden soll, sprich klare Design for Recycling Richtlinien. Um realistische Timelines einzuhalten, muss neben der kontinuierlichen Verbesserung des Produktdesigns auch Zeit für die Entwicklung von Innovationen gegeben sein. Und es braucht dann auch die entsprechende Infrastruktur, um diese Verpackungen zu sammeln, zu sortieren und zu recyceln. Zur Erreichung der in der Verordnung vorgeschlagenen Anforderung, dass Verpackungen bis 2035 recycled at scale sind, braucht es einen weiteren Ausbau der Infrastruktur.

Wie sehen Sie den Dialog zwischen Wirtschaft und Politik? Was spielt das für eine Rolle und läuft das gut?

Achim Grefenstein -- Wir stehen unter anderem in der Initiative der Industrievereinigung Kunststoffverarbeitung des deutschen Verbandes wie viele andere Unternehmen der Branche im Kontakt mit unseren direkten Abgeordneten vor Ort. Wir laden in unsere Fabriken ein und beobachten auch, dass die durchaus offen für konstruktive Vorschläge sind. Ein bisschen problematisch ist, was ich aus Besprechungen in Brüssel mitbekomme, wo die nationalen Verbände berichtet haben, wie ihre nationalen Regierungen das Thema PPWR sehen. Leider wollen nicht alle europäischen Staaten eine Regulation. Manche sprechen sich noch für eine Direktive aus. Und es gibt wiederum andere, die sagen, dass sie eine Regulation befürworten, aber gerne noch national einzelne Dinge draufsatteln würden. All das wird aber unseren einheitlichen Markt zerstören und sollte zwingend vermieden werden. Nichts gegen hohe Ambitionen, aber bitte keine nationalen Alleingänge! Die Welt ist durchaus bereit, Europa als Vorreiter zu folgen, das ist unsere Beobachtung. Aber nicht einzelnen Staaten, um uns als Exportschlager zu positionieren.
Bei Constantia Flexibles beschäftigt sich Martina Wagner als Group Sustainability Manager intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Ihre Abteilung kümmert sich um die Berechnung von Ökobilanzen, die Recyclingfähigkeitsbewertung und das Nachhaltigkeitsreporting des Unternehmens.
Bei Constantia Flexibles beschäftigt sich Martina Wagner als Group Sustainability Manager intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit. Ihre Abteilung kümmert sich um die Berechnung von Ökobilanzen, die Recyclingfähigkeitsbewertung und das Nachhaltigkeitsreporting des Unternehmens. (Bild: Constantia Flexibles)

Richten wir den auf die Endverbraucher: Was ist Ihnen da mit Blick auf die Kommunikation beim Thema Nachhaltigkeit wichtig?

Martina Wagner -- Wir verstehen Verpackung als High-Tech-Produkt, das viele wichtige Funktionen, wie Lebensmittelsicherheit und Produktschutz, erfüllen muss. Und ein intaktes Produkt, das beim Endkunden ankommt, trägt zur Nachhaltigkeit bei. Wir haben da als Constantia Flexibles den Ansatz, dass wir transparent und ehrlich zum Thema Nachhaltigkeit kommunizieren wollen. Unser Ansatz ist faktenbasiert. Wir arbeiten mit externen Plattformen zusammen, die uns gute Ratings ausstellen, und kommunizieren auch transparent zum Status unserer Performance hinsichtlich unserer Nachhaltigkeitsziele. Auf Produktebene bewerten wir seit 2015 mit einem eigenen peer-reviewten Modell unsere Produkte anhand von Ökobilanzkriterien. Und basierend darauf suchen wir mit unseren Kunden gemeinsam die jeweils beste Lösung, denn je nach Anforderungen des Produkts gibt es unterschiedliche Möglichkeiten und eben keine One-size-fits-all-Solution.

Achim Grefenstein — Dazu möchte ich gerne ergänzen: Man kann nicht alles nur mit einem Material erfüllen. Wir als Constantia Flexibles verfolgen einen 360-Grad-Material-Ansatz. Das heißt, wir werden weiterhin mit allen Materialien, Aluminium, Kunststoff und Papier, arbeiten. Wir werden sie aber nicht mehr miteinander kombinieren, sondern entweder für den Aluminium-, den Kunststoff- oder Papierstrom recyclingfähig gestalten. Dazu ist natürlich auch ein enger Austausch mit dem Kunden und Partnern entlang der Wertschöpfungskette notwendig. 

Gibt es noch andere Veränderungen für die Verpackungs- und Kunststoffbranche, die Sie in den nächsten Jahren sehen?

Achim Grefenstein -- Monomaterial und konsequentes Design for Recycling wird kommen, das ist gar keine Frage. Wir und viele unserer Marktbegleiter – und nicht nur im flexiblen, sondern auch im starren Verpackungsbereich – haben da sehr gute Lösungen. Die Verfügbarkeit von hochwertigen Rezyklaten wird der Schlüssel sein. Wir müssen genügend hochwertige Rezyklate haben, die auch mit einem hohen Wirkungsgrad hergestellt werden, das heißt, die Verluste in diesem Kreislauf müssen minimiert werden. Und das geht auch nur mit gutem Design for Recycling. Aber wir haben gerade beim chemischen Recycling noch höhere Verlustraten. Wir werden nicht umhinkommen, die verlorenen Mengen durch entweder bio-based Feed Stock nachzufüllen oder auch durch Kunststoffe aus CO2. Das ist ein Trend, den wir in der gesamten Chemieindustrie beobachten.

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