Das Bundesumweltministerium um Ministerin Steffi Lemke hat Eckpunkte zur Überarbeitung des Verpackungsgesetzes vorgelegt. Um Mehrwegverpackungen zum Standard zu machen, seien die Eckpunkte nicht ausreichend, kritisiert die Deutsche Umwelthilfe. Kritik kommt auch vom Bundesverband der Systemgastronomie und der Industrievereinigung Kunststoffverpackung.
Zwar begrüßt die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation das Anliegen, Abfälle vermeiden und Mehrweg fördern zu wollen. Eine Mehrwegangebotspflicht für Getränkeflaschen ohne verpflichtende Quotenvorgabe sei jedoch wenig wirksam, ebenso wie für Getränke- und Essensverpackungen in der Gastronomie ohne Einwegabgabe. Die DUH fordert ein Einwegverbot für den Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie und die Schließung eines Schlupflochs zur Umgehung der geltenden Mehrwegangebotspflicht durch Einweg aus Pappe oder Aluminium.
“Es ist gut, dass Umweltministerin Steffi Lemke erkannt hat, dass für eine Verpackungswende Mehrweg gezielt gefördert werden muss. Nun müssen jedoch die richtigen Maßnahmen auf den Weg gebracht werden. Eine Mehrwegangebotspflicht für Getränkeflaschen ohne verbindliche Zielvorgaben bietet insbesondere einwegorientierten Discountern wie Aldi oder Lidl scheunentorgroße Schlupflöcher, um die Regelung zu unterlaufen. Am geeignetsten wäre eine Einwegabgabe von mindestens 20 Cent zusätzlich zum Pfand auf Einweg-Plastikflaschen und Dosen, weil sie für Verbraucherinnen und Verbraucher einen finanziellen Anreiz bietet, auf Mehrweg zu wechseln. Bundesumweltministerin Steffi Lemke muss ihre Pläne zur Überarbeitung des Verpackungsgesetzes nachbessern.“Barbara Metz, DUH-Bundesgeschäftsführerin
Nach Einschätzung der DUH verbessert die geplante Rücknahmepflicht von allen Getränkemehrwegflaschen im Handel zwar die Rückgabe für Verbraucherinnen und Verbraucher. Es müsse jedoch sichergestellt werden, dass auch bei einwegorientierten Discountern zurückgegebene Flaschen schnellstmöglich zur Wiederbefüllung in den Mehrwegkreislauf gelangen. Eine wettbewerbsgetriebene Verzögerung oder Behinderung der Rückführung leerer Mehrwegflaschen müsse ausgeschlossen werden.
Testbesuche der DUH zur Umsetzung der seit Januar 2023 geltenden Mehrwegangebotspflicht haben gezeigt, dass insbesondere Fast-Food-Ketten wie McDonald‘s oder Burger King eine Ausnahmeregelung für Einweg-Geschirr aus Pappe und Aluminium zur Befreiung von der Mehrwegpflicht ausgenutzt haben. Die Umstellung von Einweg aus Plastik auf solches aus Pappe ist jedoch nicht umweltfreundlich und führt zu keinem Gramm weniger Abfall. Deshalb sei es ein erster Schritt, dass die DUH-Forderung zur Schließung dieser Regelunglücke umgesetzt werden soll. Auch das in Frankreich bereits vorhandene und von der DUH geforderte Einwegverbot für den Vor-Ort-Verzehr in der Gastronomie ist positiv.
“Die ganz großen und besonders problematischen Müllmengen sind to-go-Verpackungen. So gut ein Einwegverbot für den Vor-Ort-Konsum ist, das Problem weggeworfener to-go-Verpackungen bleibt davon unberührt. Ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht in der Gastronomie zeigt sich, dass ein Wechsel von Einweg auf Mehrweg ohne einen finanziellen Anreiz in der Breite nicht funktioniert. Die in Tübingen seit Anfang 2022 geltende kommunale Einwegsteuer zeigt eindrücklich, wie erfolgreich dieses Instrument Mehrweg fördert. Seit Einführung der dortigen Einwegsteuer haben die Müllmengen im öffentlichen Raum sichtbar abgenommen und in Relation zur Bevölkerung hat Tübingen die meisten mehrwegnutzenden Gastronomiebetriebe Deutschlands. Eine solche Abgabe auf Einweg-Geschirr muss Umweltministerin Lemke auf Bundesebene einführen. Ohne dieses Element wird die Mehrwegangebotspflicht trotz der angekündigten Nachbesserungen ein zahnloser Tiger bleiben.“
Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft
Die DUH begrüßt die geplante Regelung gegen Mogelverpackungen mit weniger Inhalt in derselben Verpackungsgröße. Es sei eine geeignete Maßnahme, um in Zeiten hoher Inflation die Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie den ineffizienten Einsatz von Ressourcen einzudämmen.
Kritik von Verbänden der Industrie
Auch der Bundesverband der Systemgastronomie e. V. (BdS) äußert sich kritisch zur geplanten Reform und sieht die Schwierigkeiten für die Systemgastronomie.
“Ein generelles Verbot von Einwegverpackungen berücksichtigt weder die fragwürdige Ökobilanz von Mehrwegverpackungen und die Recycelfähigkeit von Papierverpackungen noch Aspekte der Lebensmittelsicherheit und Hygiene. Die komplette Umstellung auf Mehrwegalternativen erfordere einen enormen organisatorischen und finanziellen Aufwand für die Unternehmen der Systemgastronomie.”
Markus Sichert, BdS-Hauptgeschäftsführer
Die IK unterstützt die Ziele, das Verpackungsaufkommen unabhängig vom Material zu reduzieren und Mehrwegverpackungen zu fördern, sofern diese nachweislich ökologisch vorteilhaft sind. Kritisch sieht der Verband entsprechend, dass der Mehrwegangebotspflicht für Getränkeverpackungen keine aktuelle Ökobilanz zugrunde liegen wird. Dass die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode den Paragraph 21 VerpackG novellieren will mit dem Ziel, die Recyclingfähigkeit von Verpackungen durch finanzielle Anreizsysteme zu fördern, begrüßt die IK ausdrücklich als einen entscheidenden Schritt in Richtung einer effizienten Kreislaufwirtschaft für Verpackungen.
Der Verband bedauere, dass der Gesetzgeber die vermeintliche ökologische Vorteilhaftigkeit von Mehrwegverpackungen im Getränkesektor nicht – wie von der Wirtschaft wiederholt gefordert – in einer aktuellen Ökobilanz untersucht und die Mehrwegförderung auch nicht mit ökologischen Anforderungen an die Verpackungen verknüpft hat. „Die heutigen Einwegflaschen werden im Kreislauf geführt und brauchen den ökologischen Vergleich mit Mehrweg nicht zu scheuen. Statt einer pauschalen Mehrwegförderung hätten wir es für zielführender gehalten, die ökologische Weiterentwicklung von Einweg- und Mehrweggebinden zu fördern“, so Schmidt.
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