Umweltclaims als Kaufverstärker?

Immerhin noch mehr als die Hälfte der Befragten kennen das FSC-Siegel. (Bild: Shutterstock, oleschwander)

Verpackungen dienen beim Einkauf nicht nur als Schutz für Produkte oder für den sicheren Transport nach Hause und zur langen Aufbewahrung. Verbraucherinnen und Verbraucher nutzten die Verpackung auch als Informationsquelle, wenn es um Nachhaltigkeit und Umweltaspekte geht. Eine Befragung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) hat das Informationsverhalten durch Verpackungen untersucht.

Wie gut wissen Verbraucherinnen und Verbraucher über Verpackungsmaterialien, Entsorgung und Recycling Bescheid? Welchen Einfluss haben Claims auf Verpackungen auf das Kaufverhalten und wie bekannt sind Label und Siegel zu Umweltaussagen auf der Verpackung? Um diese Fragen ging es im zweiten Teil der dreiteiligen Befragung zu Sustainable Packaging Trends 2024 von der DLG.

Antworten gaben 1.000 Verbraucherinnen und Verbraucher in einer repräsentativen Befragung von März bis April 2023. Und diese Antworten waren teilweise ernüchternd, denn das Know-how beim Thema Verpackungen und Label ist begrenzt. Auf der anderen Seite zeigt sich aber auch, dass es für Unternehmen von entscheidendem Vorteil sein kann, wenn eine Verpackung ihre umweltbezogenen Vorteile einfach und verständlich an die Verbraucher kommuniziert.

Wissenstransfer über die Verpackung

Denn die Verpackung selbst stellte sich in der Befragung als Hauptinformationsquelle für Nachhaltigkeit und Umweltaspekte dar. Rund 67 Prozent der Befragten nutzen die Verpackung als Informationsquelle, wohingegen sich nur zehn Prozent über persönliche Rückfragen bei den Herstellern melden. Wenn es um die Selbsteinschätzung von Verbraucherinnen und Verbrauchern über ihr Wissen zu Umwelteigenschaften von Verpackungen geht, geben nur 38 Prozent an, dass sie sich gut auskennen. 58 Prozent fühlen sich gut informiert, was die richtige Entsorgung von Verpackungen angeht. Über das Thema Recycling hingegen geben lediglich noch 46 Prozent an, gut informiert zu sein.

Wie können die Wissenslücken also geschlossen werden? Da die Verpackung selbst die häufigste Informationsquelle ist, sollten dort nur die Informationen über Nachhaltigkeit, Entsorgung und Recycling einfach und verständlich vermerkt sein. Simone Schiller bestätigt nochmals: „Auch in unserer Studie hat sich wieder gezeigt, dass Verpackungen der Königsweg der Verbraucherinformation sind. Es gilt nun, die verfügbare Fläche sinnvoll zu nutzen.“ Dementsprechend wünschen sich 65 Prozent der Befragten mehr Hinweise auf den Produkten – 76 Prozent fordern außerdem ein einheitliches System bei der Kennzeichnung.

Verständliche Aussagen auf Verpackungen

Als wichtige Informationen nehmen die Befragten dabei Angaben zur Recyclingfähigkeit (75 Prozent), zum Anteil an nachwachsenden Rohstoffen und Rezyklat (63 Prozent) und zum Wasser-Fußabdruck (43 Prozent) wahr. Die Befragung gab im nächsten Schritt auch Einblicke darin, welche Hinweise und Claims auf der Verpackung Verbraucherinnen und Verbraucher als verständlich empfinden. Konkrete Angaben wie zum Beispiel „50 Prozent weniger CO2“ und die Quantifizierung von Umweltaspekten nahmen die Befragten als hilfreich wahr. Claims wie „Mehrweg“ (64 Prozent) und „Wiederverwendbar“ (54 Prozent) werden als verständlich und kaufrelevant wahrgenommen. Ebenso schnitten Aussagen wie „100 Prozent recycelbar“ und „100 Prozent Recyclingmaterial“ gut ab. Damit der Claim einen positiven Effekt auf das Kaufverhalten hat, scheint die Verständlichkeit wichtig. Eigenschaften wie „Klimafreundlich“ oder „Klimaneutral“ wurden nur von knapp jeder fünften befragten Person als verständlich eingestuft.

Insgesamt zeigte sich bei der Befragung aber auch, dass die Claims und die damit verbundene Wahrnehmen der Verpackung nicht wesentlich zu einer erhöhten Kauftendenz führt.

„Die Realität zeigt, dass sich die Claims in ihrer Verständlichkeit und Kaufrelevanz stark unterscheiden. Mit deren Auswahl wird maßgeblich mitentschieden, inwieweit es gelingen kann, die umweltbezogenen Vorteile einer Verpackung sichtbar zu machen und in eine gesteigerte Akzeptanz für das Produkt zu überführen.“

Simone Schiller, Geschäftsführerin DLG-Fachzentrum Lebensmittel

Verloren im Labeldschungel?

Im März 2023 nahm auch die Europäische Kommission Claims und umweltbezogene Aussagen auf Produkten in den Blick. Erarbeitet wurde ein Vorschlag zu Richtlinien gegen irreführende Aussagen, mit denen die Kommission gegen Greenwashing vorgehen will. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen besser informiert werden, und es soll mehr Sicherheit über die Aussagekraft von Claims geben. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht dabei beispielsweise Mindeststandards vor.

Im Rahmen der Befragung ging es auch um die Bekanntheit unterschiedlicher Sigel, die Verbraucherinnen und Verbraucher auf Verpackungen finden können. Manche sind dabei bekannter als andere. (Grafik: DLG)

Im Rahmen der Befragung durch die DLG wurde auch die Bekanntheit von bestehenden Siegeln und Label abgefragt. Dabei zeigte sich, dass rund jeder 20. (fünf Prozent) keines der vorgelegten Label kannte. Insgesamt wurden den Befragten 14 Label gezeigt. Der Grüne Punkt und das Mehrweg-Label waren dabei mit 76 Prozent die bekanntesten, gefolgt vom Recycling-Dreieck mit 74 Prozent. Das FSC-Label kannten noch 58 Prozent der Befragten. Wichtig in diesem Zusammenhang ist sicher auch, dass die Befragung „lediglich“ fragte, ob die Befragten das Label zuvor schon einmal gesehen hatten, nicht aber, ob sie auch die Bedeutung kannten.

Was lässt sich nun aus den Ergebnissen ableiten? In der Verpackung und besonders der Verpackungsgestaltung mit Label und Aussagen zum Produkt und zur Verpackung selbst stecken einige Potenziale. Die Verpackung selbst ist die meistgenutzte Informationsquelle, wenn es um Umwelteigenschaften geht. Hersteller und Marken haben hier also die Möglichkeit, ihre Botschaften zu positionieren und auch über die Packmittel und die richtige Entsorgung zu informieren. Mit der kommenden Verpackungsverordnung der EU sollen die Rezyklatanteile in Verpackungen Stück für Stück steigen – Recycling und zuvor die richtige Entsorgung in privaten Haushalten werden also wichtiger denn je, damit Rezyklate zur Verfügung stehen.

http://www.dlg.org