Vom 5. bis 14. August verhandeln über 170 Staaten in Genf über ein weltweit rechtlich verbindliches Abkommen zur Bekämpfung der Plastikverschmutzung. Auch für Hersteller und Verarbeiter von Kunststoffverpackungen in Deutschland könnte das Abkommen weitreichende Folgen haben. Industrieverbände wie IK, GKV und Plastics Europe fordern internationale Standards, warnen aber vor zu starren Produktionsbegrenzungen.
Weltweit werden jährlich mehr als 460 Millionen Tonnen Plastik produziert, ein Großteil davon für Verpackungen. Die meisten Produkte sind schwer recycelbar, sodass Kunststoffabfälle weiterhin Meere, Böden und sogar den menschlichen Körper belasten. Die Vereinten Nationen verhandeln deshalb seit 2022 über ein verbindliches Abkommen, das den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen regulieren soll – von der Produktion bis zur Entsorgung. Ziel ist es, bis Ende 2025 einen Vertrag zu verabschieden, der eine Trendwende einleitet.
In Genf steht nun die entscheidende Phase bevor. Strittig sind vor allem mögliche Obergrenzen für die weltweite Kunststoffproduktion. Während die EU, Norwegen oder Ruanda verbindliche Reduktionsziele fordern, lehnen rohstoffreiche Länder und große Kunststoffproduzenten diese ab und setzen stattdessen auf Innovation und verbessertes Abfallmanagement. Deutschland spielt eine Schlüsselrolle, leitet eine der Verhandlungsgruppen und setzt auf qualitative Vorgaben: Designstandards, Rezyklateinsatz und internationale Regeln für Produktpässe sollen weltweit eingeführt werden.
„Unsere Umwelt wird in inakzeptabler Weise geschädigt und wertvolle Ressourcen werden verschwendet. Ein rechtlich verbindliches Abkommen bietet die Chance, den Eintrag von Kunststoffabfällen in die Meere endlich wirksam zu verringern.“
(Dr. Oliver Möllenstädt, Hauptgeschäftsführer des GKV)

(Bild: Marti Bug Catcher/shutterstock)
Was die deutsche Verpackungsindustrie erwartet
Für Hersteller und Verarbeiter von Kunststoffverpackungen bedeutet das geplante Abkommen vor allem eins: mehr internationale Regulierung und stärkere Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette. Vorgaben für kreislauffähiges Design, Mindestquoten für Recyclingmaterial oder Exportregeln für Kunststoffabfälle könnten künftig weltweit gelten. Auch Finanzierungsmechanismen über erweiterte Herstellerverantwortung (EPR) stehen zur Diskussion – Produzenten sollen stärker an den Kosten für Sammlung und Recycling beteiligt werden.
Der Gesamtverband Kunststoffverarbeitende Industrie (GKV) sieht in dem Abkommen vor allem Chancen, wenn es gelingt, den Eintrag von Kunststoffabfällen in Meere und Umwelt an der Quelle wirksam zu reduzieren. „Unsere Umwelt wird in inakzeptabler Weise geschädigt und wertvolle Ressourcen werden verschwendet“, sagte GKV-Hauptgeschäftsführer Dr. Oliver Möllenstädt. „Ein rechtlich verbindliches Abkommen bietet die Chance, den Eintrag von Kunststoffabfällen in die Meere endlich wirksam zu verringern.“
Auch Plastics Europe Deutschland verfolgt die Verhandlungen aufmerksam. Der Verband, der große Kunststoffproduzenten in Europa vertritt, fordert ein globales Regelwerk, das gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle schafft. Nach Ansicht des Verbandes müsse das Abkommen vor allem den Ausbau von Abfallmanagement und Recyclinginfrastrukturen fördern. „Produktionsverbote allein lösen das Problem nicht“, heißt es in einer Stellungnahme. Stattdessen seien Investitionen in Sammel- und Verwertungssysteme entscheidend, um den Eintrag von Kunststoffen in die Umwelt zu verhindern.
Die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) unterstützt internationale Regeln, fordert aber praktikable Lösungen. Ein weltweit abgestimmter Rahmen könne Standards harmonisieren, die bislang von Markt zu Markt stark variieren, und so Rechtssicherheit für Investitionen in Recyclingtechnologien schaffen. Plastics Europe betont, dass der Fokus auf Kreislaufwirtschaft und Infrastrukturinvestitionen liegen müsse, statt allein auf Produktionsbegrenzungen. „Nur am Müllproblem anzusetzen, ist zu kurz gegriffen“, hieß es zuletzt aus dem Verband. Global funktionsfähige Abfallverwertungssysteme seien Voraussetzung für nachhaltige Veränderungen.

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Chance und Herausforderung zugleich
Für deutsche Verpackungshersteller und -verarbeiter könnte ein UN-Abkommen zu mehr Planungssicherheit und faireren Wettbewerbsbedingungen führen, wenn weltweit gleiche Regeln gelten. Gleichzeitig sind zusätzliche Pflichten beim Design, bei der Dokumentation und in der Finanzierung zu erwarten. Auch steigende Kosten durch mögliche Produktionsbeschränkungen oder strengere Chemikalienverbote sind nicht ausgeschlossen.
Ob in Genf ein Durchbruch gelingt, ist offen. Noch immer sind viele Punkte strittig, vom Umgang mit problematischen Chemikalien über globale Designstandards bis hin zu Finanzierungsfragen für Entwicklungs- und Schwellenländer. Sollte ein Vertragstext bis Ende des Jahres stehen, müssten Staaten wie Deutschland ihn ratifizieren und in nationales Recht umsetzen. Damit würden die Anforderungen an kreislauffähige Verpackungslösungen für die Branche weiter steigen – zugleich könnten sich neue Chancen für Unternehmen eröffnen, die früh auf nachhaltige Innovationen setzen.