Wie kreativ ist künstliche Intelligenz?

Mutabor Künstliche Intelligenz und Verpackungsdesign
Künstliche Intelligenz kann im Herstellungsprozess von Verpackungen viele einzelne Bausteine übernehmen. (Bild: Mutabor)

KI-Systeme beeinflussen schon lange unseren Alltag, und aus der Industrie sind sie nicht mehr wegzudenken. Ob in der Fertigung, Logistik oder Qualitätskontrolle – sie erledigen bereits heute viele Aufgaben schneller als der Mensch. Was aber kann künstliche Intelligenz im Kreativbereich? Auch Verpackungsdesigner nutzen die selbstlernenden Programme und erleichtern sich damit zeitaufwendige Routinearbeit.

In den vergangenen Monaten hat ChatGPT medial große Aufmerksamkeit bekommen. KI war plötzlich in aller Munde. Doch ob wir Sprachassistenten wie Alexa oder Siri nutzen, unsere Heizung über das Internet steuern oder im Auto die optimale Route berechnen lassen – vielerorts sind KI-Algorithmen längst im Spiel. Ebenso wie in der Industrie, denn die Arbeitsabläufe werden immer komplexer. Mit ihren selbstlernenden Algorithmen ist die künstliche Intelligenz in der Lage, manche Aufgaben deutlich besser und schneller zu erledigen als der Mensch.

Und auch die Kreativbranche treibt das Thema künstliche Intelligenz um. KI-Tools unterstützen Verpackungsdesigner bereits bei der schnelleren Umsetzung ihrer Ideen, indem sie einzelne Bausteine im Entwicklungsprozess übernehmen, die zuvor zeitaufwendig von Mitarbeitern erledigt werden mussten. Damit werde es künftig nicht mehr Monate dauern, bis eine neue Verpackung im Regal steht, sondern nur noch wenige Wochen, davon sind Designer überzeugt.

Gutes Design braucht den menschlichen Geist

Die Trend- und Packaging Design Agentur WIN Creating Images hat künstliche Intelligenz bereits in ihre Workflows integriert.

„Wir erleben die KI als bereichernde Unterstützung. Sie hilft uns, Arbeitsprozesse zu beschleunigen, und schenkt uns mehr Zeit für strategisch-konzeptionelles Denken – also das, was wir als kreative Menschen lieben.“

Patrick Stöppler, Head of Design bei WIN.

Mit KI-Bildgeneratoren könne man erste Ideen skizzieren, die dann „analog“ vollendet werden. „Um ein wirklich neues Design zu kreieren, braucht es aber den menschlichen Geist. Kreativität kann nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt werden. In unserem kreativen Prozess achten wir auf Bauchgefühle und lassen uns von emotionalen Sichtweisen beeinflussen. Beim Brainstorming geht es um den inspirierenden Dialog und darum, um die Ecke zu denken, visionär zu denken. Hier ist der Mensch der Maschine noch weit voraus – und wird es auch bleiben. Dennoch ist KI für uns von großem Nutzen, eine Sparringspartnerin, sozusagen. Wir müssen die Tools nur richtig einsetzen und dürfen die künstliche Intelligenz keineswegs als Feind betrachten“, meint der Designer.

(Bild: WIN Creating Images, generiert mit Midjourney)

So wie WIN suchen gerade viele Agenturen Anwendungsbereiche für KI. Die Möglichkeiten seien noch lange nicht ausgeschöpft. Patrick Stöppler: „Die Entwicklung macht gerade einen Riesensprung, das ist revolutionär. Aber: Künstliche Intelligenz kombiniert nur bestehende Informationen neu, daran ist nichts Visionäres.“ Derzeit entwickelt sie sich allerdings rasant weiter.

„Das macht den Menschen gerade auch Angst, denn der letzte Sprung mit ChatGPT ist sehr schnell erfolgt, und das Thema ist sehr medienpräsent. Dabei ist es eigentlich eine stetige Entwicklung, die sich momentan nur so schnell anfühlt. KI taucht jetzt nicht plötzlich in unserem Arbeitsalltag auf. Die Entwicklung war lange ersichtlich, aber Firmen nutzen die Tools jetzt immer mehr, und die Ergebnisse sind heute so viel besser als noch vor einem Dreivierteljahr. So können wir beispielsweise jetzt Vorschläge für Shootingvorlagen in viel kürzerer Zeit vorlegen.“

Tim Gelzleichter, Lead Digital Transformation bei WIN

WIN betreut gerade eine erste Foodmarke mithilfe von künstlicher Intelligenz. Damit werden etwa erste Skizzen für die Produktdarstellungen generiert, „analog“ weiterentwickelt und dann geshootet. Patrick Stöppler: „Damit die KI brauchbare Ergebnisse liefert, müssen wir konkrete Vorstellungen haben. Im Fall der Lebensmittelverpackung beispielsweise, wie die Produktinszenierung aussehen soll. Wir müssen Ideen für die Umgebung, Perspektive, Licht und vieles mehr vorgeben, um die Markenpositionierung sowie Wünsche und Vorlieben der Konsumentinnen und Konsumenten zu treffen. Gute Ergebnisse zu bekommen, ist also nicht so einfach. Ohne konzeptionelles Denken funktioniert es nicht.“ Künstliche Intelligenz mache eben nicht auf Knopfdruck ein Verpackungsdesign fix und fertig. 

„Made by humans“ muss bleiben

„Ich denke nicht, dass in unserem Bereich die künstliche Intelligenz den Menschen ersetzen wird“, sagt auch der Kreativdirektor der Designagentur Mutabor, Moritz Carstens. „Der Mensch denkt nicht algorithmisch, sondern emotional und irrational. Unsere Intuition wird weiterhin wichtig bleiben, denn das kann die Maschine nicht leisten.“

Doch künftig könnten eine kurze Beschreibung und eine technische Zeichnung ausreichen, und ein KI-Tool entwickelt detaillierte Vorschläge für ein neues Verpackungsdesign.

„Alles wird sich damit beschleunigen. Es dauert dann nicht mehr ein Jahr, bis ein Produkt auf den Markt kommt. Von der Idee bis zur fertigen Verpackung sind es dann nur wenige Wochen oder sogar nur Tage, vor allem wenn digitale Druckmaschinen eingesetzt werden. Das ist für mich die Revolution, die bei der Verpackung in den letzten Jahren ausgeblieben ist.“

Moritz Carstens, Kreativdirektor Mutabor

Auch Mutabor arbeitet mit KI-Systemen, die für die Agentur bereits ein wichtiger Teil im Kreativprozess sind. „Das Thema künstliche Intelligenz bewegt die Industrie und treibt als ein neues Tool natürlich auch die Designbranche an. Wir werden künftig viele Veränderungen erleben. KI wird Workflows vereinfachen und beschleunigen. Durch die Digitalisierung hatten wir bereits in den letzten Jahren revolutionäre Veränderungen, jetzt geht alles noch schneller, und darauf müssen wir reagieren.“ Bisher seien die Prozesse im Verpackungsdesign noch immer relativ starr, denn eine einmal produzierte Verpackung könne nicht so schnell wieder geändert werden. „Es steckt viel Arbeit im Herstellungsprozess – von der Marktforschung bis zur Qualitätskontrolle dauert es lange, kostet Geld und beschäftigt viele Menschen. KI kann hier mittel- oder sogar kurzfristig viele einzelne Bausteine übernehmen.“

Damit KI-Systeme funktionieren, brauchen sie jede Menge Daten. Doch in Sachen Datenschutz bewegen sich Nutzer manchmal in einer Grauzone. Mutabor entwickelt daher aktuell eigene KI-Tools. Moritz Carstens: „Wir hoffen, damit zukünftig Lizenzierung von Bildmaterial möglich machen zu können. Außerdem arbeiten wir ja mit den hoch sensiblen Daten unserer Kunden und müssen sehr vorsichtig sein, womit wir die KI füttern. Ein eigenes Tool bietet hierbei die nötige Sicherheit.“

Kreativagenturen, die sich nicht mit KI beschäftigen, werden in der Zukunft Probleme haben, meint der Designer. „Wir müssen uns jetzt Gedanken machen, wie wir unser Geschäftsmodell künftig anpassen. Ich bin sicher, dass es schon die ersten Agenturen gibt, die nur noch mit KI arbeiten.“ Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fit zu machen, veranstaltet Mutabor intern Workshops und Hackathons. „Die Verbreitung von KI-Systemen wird sehr schnell kommen. Schon jetzt kommen wir der Entwicklung kaum hinterher. Wir müssen aber darauf achten, dass ‚Made by humans‘ nicht entwertet wird. Am Ende sollte KI nur eine Arbeitserleichterung bringen, die Produktivität stärken und die unkreative Routinearbeit übernehmen.“ Aber wie immer bei technischen Neuentwicklungen werde am Anfang oft zu pessimistisch gedacht. „Wir sollten Innovationen aus der KI ziehen und mit den Möglichkeiten der Tools spielen.“ Der Designer nutzt künstliche Intelligenz bereits überall dort, wo die Kunden dies wünschen. „KI ist ja auch ein Topmarketingthema, und der Hashtag KI klickt sich gut.“

 

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