Wer einen Blick auf die gefüllten Regale im Supermarkt, im Reformhaus oder an der Tankstelle wirft, entdeckt dort viele unterschiedliche Flüssigkeiten oder Pasten in verschiedenen Gefäßen, die mit den unterschiedlichsten Deckeln verschlossen sind. Die wenigsten Käufer denken darüber nach, wie die Produkte in die Behälter kommen und wie diese verschlossen werden. Alwin Wieferig aus Dinklage hat sich darüber allerdings schon sehr früh Gedanken gemacht und zeit seines Lebens Erfahrungen damit gesammelt.
Als Alwin Wieferig sich im Jahr 1964 unter seinem Namen mit dem Maschinenbau in Dinklage, das zwischen Bremen und Osnabrück liegt, selbstständig machte, hätte er wohl selbst nicht gedacht, dass man mittlerweile in seinem Unternehmen nunmehr bereits stolz auf eine 55-jährige Geschichte zurückblicken kann. Als Angestellter eines Verschlussherstellers hatte er schon vor diesem Schritt beruflich mit Verschlüssen zu tun. Dabei sah er schnell den Bedarf und die große Chance für eine wachsende Automation im Bereich der Abfüllung.
Als Handwerksmeister im Maschinenbau entwickelte er die ersten eigenen technischen Lösungen zum Abfüllen und Verschließen, die auf großes Interesse stießen. Spirituosen, Speiseöle, Shampoos, Lotionen, Motoröle, Reinigungsmittel, Frostschutz, Honig, Gewürze und viele andere Produkte warteten regelrecht darauf.
Cleverer Markenauftritt
Nachdem die ersten Maschinen in Betrieb gegangen waren, entwickelte Alwin Wieferig den Firmennamen ALWID, der sich aus den Initialen ALwin WIeferig Dinklage zusammensetzt. Ein besonderer Vorteil der Namenswahl war, dass der Name in den Herstellerverzeichnissen, die seinerzeit fast immer alphabetisch geordnet waren, einen vorderen Platz belegte. In der heutigen Zeit, in der Suchmaschinen nicht mehr wegzudenken sind, hätte es diese Überlegung vermutlich nie gegeben. Jedoch folgten genau auf dieser Basis weitere Anfragen und Aufträge.
Der vorausschauende Gründer entwickelte auch das prägnante „Zahnrad-Logo“, das einen sehr hohen Wiedererkennungswert besaß und bis heute als offizielles Logo der ALWID GmbH verwendet wird. Es wurde 1974 als Warenzeichen beim Deutschen Patentamt eingetragen.
Das Unternehmen wächst
Die ersten Maschinen wurden in einer kleinen Halle direkt am Wohnhaus entwickelt und gebaut, die in verschiedenen Bauabschnitten immer wieder erweitert wurde. Anfang der 1980er-Jahre wurde ein Neubau nötig: Zum einen platzte die Halle aus allen Nähten, zum anderen entwickelte sich die Lage mitten im Zentrum von Dinklage immer mehr zu einem logistischen Problem. Im Jahr 1982 wurde am jetzigen Standort „Wilder Pool“ ein neues Gebäude bezogen, das 1989 um eine weitere Halle mit Bürogebäude erweitert wurde.
Von Anfang an hat das Unternehmen Weitsicht bewiesen, indem es sich dem technischen Fortschritt nicht verschloss, sondern in den Maschinen modernste Techniken mit viel handwerklichem Geschick kombinierte. Die Besonderheit liegt auch in der Bandbreite, die so von kaum einem Unternehmen abgebildet wird.
Von Beginn an wurde verstärkt auf den Fachkräftenachwuchs gesetzt. So wurden im Schnitt pro Jahr drei Absolventen zu Feinwerkmechanikern, Mechatronikern, technischen Produktdesignern und Industriekaufleuten ausgebildet. Alwin Wieferig bekam bereits 1984 vom damaligen Bundespräsidenten Karl Carstens die Ehrenurkunde für besondere Ausbildungsleistungen überreicht.
CHRONIK
1964 – Gründung durch Alwin Wieferig, Standort „Lange Straße“ in Dinklage
1974 – Eintragung des ALWID-Warenzeichens
1982 – Verlegung des Produktionsstandorts in die Straße „Wilder Pool“ in Dinklage
1989 – Erweiterung des Standorts durch eine weitere Halle mit Bürogebäude
2014 – Jubiläum „50 Jahre ALWID“ mit 53 Mitarbeitern
2015 – Lieferung einer Maschine in das 60. Land weltweit
2018 – Inbetriebnahme des ersten 5-Achs-Bearbeitungszentrums
2019 – Am Standort arbeiten 75 Mitarbeiter
2020/2021 – Umzug in die neugebaute Produktionshalle mit Verwaltungsgebäude
Flexible Füllverfahren
Die Abfüllmaschinen des Unternehmens arbeiten mit den unterschiedlichsten Füllverfahren, sodass immer das gewünschte Ziel erreicht werden kann: eine konstante Füllhöhe in den Flaschen ein konstantes Volumen oder ein konstantes Gewicht. Dabei kommen neben klassischen Vakuumfüllern und Kolbendosierern auch induktive Durchflussmesser, Masse-Durchflussmesser, Dosierpumpen oder Wiegetechnik zum Einsatz.
Durch eine servogesteuerte Füllventilhubbewegung und clever durchdachte Füllventile lassen sich zudem auch stark schäumende Produkte mit ALWID-Maschinen verarbeiten. Selbst die Abfüllung von leicht entflammbaren Produkten ist mit Atex-Lösungen des Unternehmens möglich.
Viele Komponenten haben sich über die Jahre verändert: Heute gibt es schnellere Umrüstzeiten durch den werkzeuglosen Formatwechsel und flexiblere Möglichkeiten in der Abfüllung durch den Einsatz von Servoantrieben, was gleichzeitig zu einem geringeren Druckluftverbrauch führt. Außerdem sind genauere Fülldosierungen möglich, und es stehen lückenlos Zertifikate für alle produktberührenden Komponenten zur Verfügung, die die Eignung zur Abfüllung der jeweiligen Produkte sicherstellen.
Sicheres Verschließen
Unmittelbar nach dem Abfüllprozess erfolgt das sichere Verschließen. Ob Anrollen, Verschrauben, Eindrücken oder Verschließen, auf ALWID-Maschinen lassen sich die verschiedensten Schraubverschlüsse, PP-Verschlüsse, Anrollverschlüsse, Ein- und Aufdrückverschlüsse, Twist-off-Verschlüsse, Kronkorken, Griffkorken, Trigger- und Pumpverschlüsse verarbeiten.
Durch die Integration weiterer Komponenten plant und realisiert man auch komplette Verpackungslinien. Aber auch kleine Anwendungen für geringe Leistungen, bei denen der Behälter von Hand aufgestellt und entnommen wird, sind im Portfolio enthalten.
Heute können die Drehmomente durch den Einsatz von Servo- und Magnettechnik genauer bestimmt und kontrolliert werden. Der Verschleiß wird hierdurch im Vergleich zu mechanischen Lösungen minimiert. Immer neue Verschlussarten und neue Anforderungen an die Verschlüsse sind hinzugekommen, für die eine Lösung erarbeitet wurde. So können die Verschlüsse besser ausgerichtet und positioniert werden, und die Sicherheitstechnik bei halb- und vollautomatischen Maschinen wurde verbessert.
International im Geschäft
Im Laufe der nunmehr 55-jährigen Geschichte haben sich ALWID-Maschinen in der Lebensmittelindustrie, der Chemie und Petrochemie, der Kosmetik und der Pharmaindustrie einen Namen gemacht. Zu den besonderen Herausforderungen gehören die Platzverhältnisse beim Kunden genauso wie die Besonderheiten der Produkte (z. B. besonders aggressiv, abrasiv oder stark aufschäumend), bei der Verschlusssortierung, -zuführung und -ausrichtung, Toleranzen innerhalb der Behälter, herausfordernde Behälterkonturen und -formen wie auch unterschiedliche Anforderungen an die Anbindung an schon vorhandene Maschinen.
Durch die Teilnahme an nationalen und internationalen Messen, unter anderem der interpack in Düsseldorf, wuchs seit den 1970er-Jahren auch der Exportanteil immer weiter. Im Jahr 2015 wurde in das 60. Land auf dem Globus exportiert, inzwischen liegt die Zahl sogar darüber, selbst Länder wie die Mongolei setzen auf Technik aus Dinklage. Die handwerklichen Wurzeln wurden jedoch nie vergessen. Durch eine hohe handwerkliche Fertigungstiefe ist die Produktion vieler Einzelteile und Baugruppen im eigenen Haus möglich.
Die Familientradition lebt
ALWID war und ist ein familiengeführtes Unternehmen. Aloys Wieferig, der älteste Sohn des Gründers, war seit 1989 im Unternehmen tätig, davon in den Jahren 1996 bis 2014 als Geschäftsführer. Jürgen Wieferig, der jüngste Sohn, ist seit 1999 im Unternehmen tätig. Seit 2009 bis heute ist er einer der Geschäftsführer. Unterstützt wird er dabei von Alexander Haskamp, der seit 2018 weiterer Geschäftsführer der ALWID GmbH ist. Als Enkel von Alwin Wieferig hielt mit ihm die dritte Generation Einzug ins Familienunternehmen.
Gesundes Wachstum
Der Betrieb ist seit seiner Gründung stark gewachsen. Nach dem Start als Ein-Mann-Betrieb waren zum 50-jährigen Jubiläum im Jahr 2014 bereits etwa 50 Mitarbeiter am Standort beschäftigt. Leider konnte Alwin Wieferig die große Jubiläumsfeier nicht mehr selbst miterleben. Er verstarb am 1. April desselben Jahres. Was bleibt, ist sein herausragendes Lebenswerk, das in seinem Sinne weitergeführt wird.
Aktuell sind bereits etwa 75 Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt. Da ist es nur logisch und konsequent, dass weitere Investitionen notwendig wurden und werden. So hat man Anfang 2018 in ein vollautomatisches 5-Achs-Bearbeitungszentrum investiert. Hierdurch ist eine präzise Fertigung in einer durchgängigen Bearbeitung möglich, wo früher die Werkstücke auf mehrere Maschinen und Arbeitswerkzeuge verteilt werden mussten. Der Werkzeugwechsel geschieht dabei vollautomatisch. Zudem lassen sich jetzt auch hochkomplexe Einzelteile selbst fertigen, die in der Vergangenheit von Speziallieferanten bezogen werden mussten.
Die größte Investition steht der Firma jedoch noch bevor: Für das Jahr 2020/2021 ist der komplette Umzug in eine neue und moderne Produktionshalle mit Verwaltungsgebäude geplant, ein weiterer Meilenstein der Firmengeschichte.
Es geht weiter
Die Entwicklung der Maschinen geht kontinuierlich voran. In den Fokus rücken dabei zunehmend Aspekte wie Datenauswertung, Energieverbrauch oder auch Sicherheitstechniken. So müssen die Maschinen z. B. aus der Ferne zu warten sein, Produktionsdaten sammeln, den steigenden Sicherheits- und Hygieneanforderungen gerecht werden und immer intuitiver zu bedienen sein.
„Durch den Einsatz modernster Servo- und Robotertechnik werden wir die geschätzte Qualität unserer Maschinen weiter optimieren. Die rasante Entwicklung dieser Technik wird es schon bald möglich machen, Robotik wirtschaftlich in den Abfüll- und Verschließprozess einzubinden. Wir freuen darauf, diese Entwicklung gemeinsam mit unseren Mitarbeitern und Geschäftspartnern als handwerklicher Familienbetrieb voranzutreiben“, geben Jürgen Wieferig und Alexander Haskamp einen gemeinsamen Ausblick in die Zukunft.