Ideen wachsen nicht auf Bäumen? Die Berliner Produktdesignerinnen Nicole Plock und Alexandra Matthies hat ihr Auslandssemester in Indien jedenfalls auf die Palme gebracht und ihnen eine Produktidee beschert, die im Wortsinne vor ihnen auf dem Boden lag.
Indien ist ein faszinierendes Land. Eine reiche Kultur trifft auf große Armut. Nicht minder groß ist das Müllproblem des Staates, der fast 1,5 Milliarden Menschen eine Heimat bietet.
Als die damaligen Studentinnen Nicole Plock und Alexandra Matthies die südlichen Bundesstaaten Tamil Nadu und Karnataka des Subkontinents bereisten, fielen ihnen die allgegenwärtigen Betelnuss- oder auch Arekapalmen auf. Deren Früchte werden gern gekaut und haben eine anregende Wirkung. Fasziniert waren die Berlinerinnen vom „Abfall“ der Arekapalmen: ihren Blättern. Auf dem Land beobachteten sie, wie Frauen die heruntergefallenen Schutzblätter der Palmwedel aufsammelten, sie wuschen, einweichten und in der Sonne trocknen ließen. Das daraus entstehende Material wurde dann in Formen gepresst. Vor Ort existierten bereits kleine Manufakturen, die auf diese Weise Einweggeschirr produzierten, das sich sogar als ofenfest und frostbeständig erwies.
Nicole Plock und Alexandra Matthies dachten sich, dass sie aus der Arekapalme noch mehr machen könnten, und starteten – zurück in Berlin – ein Projekt für ihre Bachelorarbeit. Ihr Plan: Aus den Arekapalmenblättern wollten sie Lebensmittelverpackungen herstellen, die die in Europa viel zu häufig verwendeten Plastikschalen ersetzen.
Mit dieser Idee legten sie den Grundstein für ihren akademischen Abschluss und wurden darüber hinaus zu Gründerinnen von „Arekapak“. Ihr Produkt: schicke Schalen in Terrakotta-Farbtönen, die sich perfekt zum Transport und zur Aufbewahrung verschiedener Frischobstsorten eignen.
Arekapak ist aber mehr als „nur“ ein ästhetisch ansprechendes Verpackungskonzept rund um den kompostierbaren Rohstoff der Palmblätter. Zur Nachhaltigkeitsphilosophie des jungen Unternehmens gehören auch die lokale Herstellung und die Gewährleistung fairer Produktions- und Handelsbedingungen. Deshalb wird dort derzeit, vor Ort unterstützt von Babu Ravanepalli, eine Kooperation mit kleinen Manufakturen etabliert, in denen vor allem Frauen ihr Auskommen finden. Die Frauen stärken damit ihre Unabhängigkeit und müssen nicht zur Arbeit in die großen Städte ziehen.
Die nachhaltige Verpackungsidee kommt an. Seit Dezember 2017 gehört Arekapak zum Kreis der „Kultur- und Kreativpiloten Deutschland“. Diese Auszeichnung vergibt die Bundesregierung einmal pro Jahr an junge Unternehmen, „die mit ihren Ideen die Welt besser machen“. Dazu gehört ein einjähriges Stipendium mit Mentoring-Programm, Coachings, Peer-Learning und einigem mehr.
Alexandra Matthies und Nicole Plock wollen das Kreativpilotinnen-Jahr nutzen, um Arekapak weiterzuentwickeln. „Wir wollen das Potenzial voll ausschöpfen“, kündigt Nicole Plock im Gespräch mit dem „packaging journal“ an. Aktuell arbeiten ihre Kollegin und sie an Prototypen für neue Verpackungsdesigns und erforschen die Produkteigenschaften genauer. Denn nicht für jedes Lebensmittel sei Arekapak gleich gut geeignet.
Es gebe, so viel verrät Nicole Plock, bereits Interesse aus der Verpackungswirtschaft an ihrem Produktkonzept. Ein ereignisreiches Jahr im Zeichen der Palmblätter steht also bevor. Am erfolgreichen Ende steht möglicherweise der Markteintritt von Arekapak. Aber bereits jetzt zieht Nicole Plock eine positive Bilanz: „Es ist total spannend zu erleben, was eine Gründung alles beinhaltet.“