Für Verpackungsprozesse ist das Warenmanagement von Lebensmitteln häufig eine besondere Herausforderung. Vor allem Produkte, bei denen Preis und Gewicht variieren, benötigen ein spezielles Handling. Das muss nicht nur bei der Qualitätskontrolle, sondern auch bei der Kalkulation, Lagerhaltung und Verpackung beachtet werden. Die richtige Enterprise-Resource-Planning-(ERP)-Software kann dabei einen entscheidenden Unterschied machen.
Steak, Wurst oder Käse – viele dieser Produkte werden für den Verkauf im Einzelhandel in kleinen Mengen abgepackt. Am Ende stehen auf jeder Ware ein individueller Preis und ein individuelles Gewicht. Solche Produkte werden als Catch-Weight-Artikel bezeichnet und stellen in der Produktion, Verpackung und Kommissionierung eine besondere Herausforderung dar. Um möglichen Problemen vorzubeugen und für optimale Produktionsabläufe, Bestands- und Finanzplanung sowie Produktqualität zu sorgen, braucht es eine ERP-Software, die auch speziell auf diese Catch-Weight-Artikel zugeschnitten ist.
Warenlager muss genau erfasst werden
Standardmäßig wird die Anzahl von Artikeln im Lager anhand ihrer Stückzahl bestimmt. Bei diesen Produkten mit variierendem Stückgewicht ist das jedoch nicht so einfach möglich. Daher müssen zwei parallele Mengeneinheiten verwendet werden: Stückzahl und Gewicht. Nur so kann genau beurteilt werden, wie viel Ware sich effektiv im Lager befindet. Dafür müssen das tatsächliche Gewicht der Verkaufseinheit (auch „Catch Weight“) und die Stückzahl als parallele Mengeneinheiten separat erfasst, weitergegeben und oft noch mit einer Produktionscharge verknüpft werden, um die Rückverfolgbarkeit des Produkts zu gewährleisten. Diese Verknüpfung mit Produktionscharge und -lot ist besonders in der Lebensmittelbranche unerlässlich, um durch die einfache Rückverfolgbarkeit schnelle Produktrückrufe zu ermöglichen und so die Sicherheit der Produkte zu optimieren.
Das variable Gewicht pro Einheit zu erfassen, stellt für viele ERP-Systeme aber eine große Hürde dar, da sie nicht über die benötigten Datenbankstrukturen verfügen. Häufig müssen sie mithilfe von externer Software um die jeweiligen Funktionalitäten erweitert werden. Wenn jedoch täglich mehrere Tausend Artikel und somit auch Datensätze verarbeitet werden, kann die Verknüpfung zweier oder mehrerer Softwarelösungen zu Performanceproblemen führen. Ein passendes ERP, das native Catch-Weight-Funktionen bietet, ermöglicht es Herstellern, möglichst effizient die Anforderungen für Produkte mit variablem Gewicht zu verwalten – vom Warenein- bis zum Warenausgang. So kann der Verkauf von Waren in parallelen Mengeneinheiten vereinfacht und die genaue Wertermittlung sowie Preisgestaltung für gelagerte und verkaufte Waren gesichert werden.
Verlässliche Qualitätskontrolle
Auch der Abpackprozess lässt sich mithilfe der passenden Software effizienter gestalten. Herstellerunabhängig können Waagen durch das ERP-System direkt in die Produktionslinie integriert werden. Sie erfassen das Gewicht der Catch-Weight-Artikel und senden es an das ERP-System. Das reduziert zusätzliche manuelle Schritte und somit auch Fehlerquellen und vereinfacht den Prozess.
Doch auch ohne integrierte Waagen kann die Catch-Weight-Funktionalität die Arbeit erleichtern: Nach dem manuellen Wiegen der Artikel werden die Daten ebenfalls in das ERP-System eingegeben. Dieses prüft, ob die registrierten Daten den zuvor durch das Unternehmen festgelegten Gewichtsspezifikationen für den jeweiligen Catch-Weight-Artikel entsprechen. Beispielsweise, ob sich das Stück Fleisch mit dem Zielgewicht von 500 Gramm noch in der vom Unternehmen vorgegebenen 15-Gramm-Gewichtsvarianz bewegt. Ist das nicht der Fall, gibt das ERP-System automatisch eine Warnung aus, und der Artikel wird aus der Produktionskette entfernt.
Die Eingabe von spezifischen Toleranzwerten für jedes Produkt stellt jedoch nicht nur die genaue Wertermittlung, sondern auch eine verlässliche Qualitätskontrolle sicher. Es können sogar Gewichtsschwankungen eines Produkts über längere Zeit erfasst und kontrolliert werden. Wiederholtes Wiegen trägt so zur Qualitätskontrolle bei – beispielsweise bei Artikeln, die während ihrer Lagerung an Feuchtigkeit und somit auch an Gewicht verlieren. So kann überprüft werden, ob der erwartete Normgewichtsverlust über- oder unterschritten wurde. Auch hier werden die Gewichtswerte im ERP festgehalten und bei zu hoher Abweichung eine automatisierte Warnung ausgegeben. Die von der Norm abweichenden Produkte werden dann nicht für die Auslieferung freigegeben.
Individuelle Etiketten automatisiert erstellen
Verkaufseinheiten, die diesen Prozess durchlaufen haben, sind bereit für Verpackung und Versand. Anhand der im ERP-System erfassten Daten können Etiketten einfach automatisiert erstellt werden. Neben Angaben wie der Produktbezeichnung gibt das ERP-System auch das individuelle Catch Weight, die Chargen- und Lotnummer und das Mindesthaltbarkeitsdatum an die Etikettierstation. Besonders wichtig: Auch der nach Gewicht variierende Preis wird vom ERP-System korrekt errechnet und automatisiert auf das Etikett gedruckt. Außerdem wird er im ERP hinterlegt und ermöglicht die einfache Nachverfolgung von Finanzen und Bestand.
Die richtige Software hat so das Potenzial, einen hohen manuellen Aufwand, der zulasten des Personals geht, zu verringern. Gleichzeitig werden kostenträchtige Fehler und Ungenauigkeiten vermieden. Durch die automatisierte Erfassung der Daten entstehen keine Lücken in der Dokumentation, und jeder Artikel bleibt entsprechend den gesetzlichen Vorgaben einfach rückverfolgbar. Wichtig ist, dass all diese Funktionen den Produktionsprozess nicht unnötig verlängern oder Wartezeiten erzeugen. Einfachheit und Anwendungsfreundlichkeit sollten immer im Vordergrund stehen. Mit einer durchdachten und ganzheitlichen ERP-Lösung lässt sich das in der Praxis einfach umsetzen.
Gastautor: Scott Deakins, Deacom Business Unit Leader
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