Werden Verpackungen in der Zukunft nur noch schmucklose Schutzhüllen für die in ihnen enthaltenen Produkte sein? Werden werbende Produktbilder und Produktinformationstexte dann nur noch auf beigestellten Bildschirmen oder auf den Smartphones der Käufer angezeigt? Das will das Projekt „Vir2pac – Digitaler Umweltschutz“ erforschen, das das Institut Fraunhofer UMSICHT gemeinsam mit der Videro AG durchführt.
Im Projekt „Vir2pac – Digitaler Umweltschutz“ interessieren sich das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) und die Gronauer Videro AG dafür, ob man mit Hilfe digitaler Technologien die Menge an Verpackungsabfall reduzieren und Verpackungen recyclinggerechter gestalten kann. Dazu sollen Verpackungen für den zunehmenden E-Commerce auf ihre Grundfunktionen zurückgeführt werden. Dazu zählt vor allem die Schutzfunktion, aber auch die Angabe gesetzlich vorgeschriebener Verbraucherinformationen.
Die Projektinitiatoren haben aber beobachtet, dass Verpackungen immer mehr als Werbeträger dienen und zum Teil sogar zum Selbstzweck geworden seien. „Die Gestaltung der Verpackungen hat sich verändert – sie sind groß, komplex und bunt geworden und bestehen oft aus Multimaterialsystemen, die eine Einwegnutzung vorsehen, anstatt eine moderne Kreislaufwirtschaft zu fördern“, beschreibt UMSICHT das Phänomen.
Werbefunktion der Verpackung spielt im E-Commerce keine Rolle
Dabei erfordere der Online-Versandhandel diese Verpackungsgestaltung gar nicht mehr. Denn die Kunden hielten die Verpackung zum ersten Mal nach dem Kauf in der Hand. Die Werbefunktion werde also kaum noch benötigt und könne ausgelagert werden. Das ist die Grundidee von „Vir2pac – Digitaler Umweltschutz“. Überprüft werden soll, inwieweit die Werbe- und Informationsfunktion von der Verpackung abgekoppelt und durch eine virtuelle Verpackung ersetzt werden kann.
Der Produktschutz soll weiterhin von reduzierten oder angepassten Verpackungen geleistet werden. Information, Markenimage und Werbebotschaft werden dann über eine Kennzeichnung verknüpft und über die vorhandene digitale Infrastruktur virtuell bereitgestellt und auf digitale Oberflächen übertragen. Dabei kann es sich um Smartphones oder Displays am Verkaufsort handeln.
Als begrüßenswerten Nebeneffekt bringt eine derartige Reduzierung der Verpackung auf ihre Grundfunktionen auch deren bessere Recycelbarkeit mit sich. Denn sie könnten nun von Beginn an recyclinggerecht designt werden. Durch das Einsparen von Material werden Verpackungsabfälle und Energieverbrauch reduziert.
„Die Idee könnte den Verpackungsmarkt und den Einkauf von Produkten revolutionieren und dabei eine brauchbare Lösung für die Verpackungsproblematik liefern. Sie birgt gleichzeitig aber auch Zielkonflikte, etwa durch die Gefahr des vermehrten Einsatzes von Informations-und-Kommunikations-Technologie.“
Jochen Nühlen, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Nachhaltigkeits- und Ressourcenmanagement von Fraunhofer UMSICHT
Verpackungserlebnis mit Augmented-Reality-Brillen
Fraunhofer UMSICHT hat darüber hinaus Visionen entwickelt, wie sich digitale Verpackungen weiter entwickeln könnten. Denkbar sind demnach Anwendungen mit Augmented-Reality-Brillen. Mit deren Hilfe könnten Kunden alle Zusatzinformationen direkt am Produkt sehen. Die Digitalisierung in Form von virtuellen Verpackungen bietet nach Ansicht von UMSICHT weitere Möglichkeiten. Damit sind Zusatzinformationen über frühere Käufe gemeint, aber auch die Bereitstellung von Datenblättern, Rezeptvorschlägen oder auch Hintergrundinformationen zu Produktionsbedingungen oder Herkunft.
In dem Projekt, das vom Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert wird, ist die Videro AG für die Produkterkennung, die Zuordnung, das Management und vor allem die plattformneutrale Darstellung sämtlicher digitalen Inhalte mit Hilfe ihrer Software zuständig.
Auf der Projektseite von Vir2pac bei Fraunhofer UMSICHT finden Sie ein Video, das die wichtigsten Aspekte des Projektes erläutert.