Die unter der Ägide der Industria Macchine Automatiche IMA S.p.A. integrierten Unternehmen Erca – Frankreich, Gasti – Schwäbisch Hall und Hassia – Ranstadt mit Schwerpunkt Lebensmittel und Molkereiprodukte fielen sowohl mit ihrem Produktprogramm als auch der Besonderheit der Marktbearbeitung aus dem Rahmen.
Nach der Übernahme durch den Mehrheitseigentümer Thomas Becker Ende 2018 zeigen die eingeleiteten Maßnahmen Wirkung. Neue Strukturen wurden eingezogen. So wurden die Produkte der einzelnen Unternehmen auf gegebene Marktanforderungen neu justiert, Anwendungsorientierung steht hier an erster Stelle, und der Vertriebs- und Servicebereich erweitert und ausgebaut.
Inzwischen wirken die drei Unternehmen der IMA Dairy & Food Gruppe, Hamba wurde in Hassia integriert, als selbstständige Unternehmen mit Ergebnisverantwortung, eigenem Markenauftritt und eigenem Vertrieb. Überschneidungen in Punkto Produktangebot sind minimal und werden über die Aktivitäten in sehr unterschiedlichen Märkten ausgeglichen. Die IMA Dairy & Food Holding wurde von Stutensee nach Ranstadt verlegt.
pj: Herr Becker, was hat die IMA S.p.A. eigentlich bewogen sich von Anteilen ihrer Beteiligung an der Dairy & Food zu trennen?
Thomas Becker: Grundsätzlich waren die Unternehmen innerhalb der Gruppe bestens positioniert. Allerdings ist es nicht hundertprozentig gelungen, die in den einzelnen Firmen der IMA DAIRY & FOOD ruhenden Fähigkeiten und Möglichkeiten vollständig zu heben.
Denn der geplante Weg in die Profitabilität und der verbundenen Reorganisation hat sich nach der Übernahme der Oystar Gruppe ausgesprochen schwierig gestaltet. Für die IMA passte der neue Zielmarkt mit fast ausschließlich kundenspezifischen Maschinen dann noch nicht so richtig ins angedachte Konzept.
pj: Was hat Sie veranlasst, sich in dieses Unternehmen einzubringen?
Thomas Becker: Nun, ich kenne die Branche und weiß, was mit Konzentration auf die eigentlichen Stärken erreicht werden kann. Außerdem finde ich die unternehmerische Herausforderung äußerst anspruchsvoll. Nämlich Unternehmen so auszurichten, dass sie sich zu Marktführern in ihren Märkten entwickeln. Das heißt auch, dass wir Strukturen ändern und korrigieren müssen.
So haben wir beispielsweise mit IMA Dairy & Food UK eine neue Vertriebs- und Servicegesellschaft gegründet. Hamba wurde mit ihrem Portfolio bei der Hassia Verpackungsmaschinen integriert, da deren Hochleistungsfüll- und Verschließmaschinen das Maschinenprogramm von Hassia gut ergänzen. Gasti konzentriert sich auf ihr bewährtes Maschinenprogramm an Füll- und Verschließmaschinen. Die IMA Dairy & Food Holding wurde von Stutensee nach Ranstadt verlegt. Zum 1.1.2020 geht als aktuelle Neugründung die IMA Dairy & Food Russia an den Start.
pj: Sind mit Ihrem Einstieg in die IMA Dairy & Food auch personelle Veränderungen, sprich Stellenabbau, verbunden?
Thomas Becker: Wie schon erwähnt, haben wir Hamba und Gasti getrennt und Hamba bei Hassia integriert. Einige Mitarbeiter sind gegangen, doch die meisten sind geblieben und wurden übernommen. Parallel haben wir zum Teil Mitarbeiter bereits ganz gezielt neu eingestellt, um den wachsenden Marktanforderungen gerecht zu werden.
Das gilt im Übrigen für alle IMA Dairy & Food Unternehmen, wie Erca, Gasti, Hassia, IMA Dairy & Food UK, IMA Dairy & Food USA sowie für die Neugründung in Russland. Zudem haben wir ein gutes Verhältnis mit der Eigentümerfamilie Vacchi und können so auch auf Synergieeffekte setzen.
pj: Mit welchen Strategien wollen Sie die einzelnen Unternehmen zum Erfolg führen?
Thomas Becker: Vorab muss ich sagen, die Unternehmen haben beim Absatz ihrer Produkte eine Menge Luft nach oben. Allein bei der Hassia schlummerten zahlreiche Ideen und Konzepte für neue oder optimierte Maschinen. Nach meinem Einstieg habe ich alte Unterlagen durchgesehen und war überrascht, was die Leute um den damaligen Gründer Karl Klein bereits in den fünfziger Jahren angedacht und zu Papier gebracht haben. Das war zukunftsweisend. So wurde zum Beispiel die erste Blisterverpackung kreiert.
Doch zurück zur Frage. Bei Hassia wurden Maschinen von Hamba integriert und die Fertigung von FFS / Form-, Füll- und Verschließmaschinen und Stickpack- Maschinen um Sachet Maschinen, FS / Füll- und Verschließmaschinen für vorgefertigte Becher und Flaschen erweitert. Auch Gasti fertigt FS / Füll- und Verschließmaschinen auf hohem Niveau, allerdings in einem anderen Leistungsbereich.
Erca in Frankreich hat Rundläufer für vorgefertigte Becher und Schalen und die neu entwickelte Füll- und Verschließmaschine ‚EFS‘ in ihr Portfolio aufgenommen. Alle Unternehmen haben in ihren Produktbereichen eine starke Marktposition und das mit deutlichen Wachstumschancen.
pj: Welche Bedeutung nimmt das erweiterte Aseptik Center im Zusammenspiel der Unternehmen ein?
Thomas Becker: Verbraucher wünschen sich eine relativ lange Haltbarkeit sensibler Produkte; aber ohne chemische Konservierungsmittel. Das realisieren wir mit unserem Aseptik Center in Ranstadt. Hier bieten wir unseren Kunden eine Komplettlösung von der Idee und Fertigung einer Verpackungsanlage bis zur Abnahme und finalen Installation vor Ort.
Im Labor darf mit Mikroorganismen bis zur Risikogruppe II gearbeitet werden. Dafür stehen alle erforderlichen Geräte zur Verfügung, um mit mikrobiologischen Methoden Untersuchungen durchzuführen. Für diese Aufgabe haben wir die entsprechenden Spezialisten an Bord. Auch für Validierung, Notfälle, Inspektion oder Optimierung bestehender Anlagen steht das Aseptik Team bereit.
pj: Welche Maßnahmen werden vom Aseptik Center noch übernommen?
Thomas Becker: Ein wesentlicher Punkt stellt die routinemäßige Qualitätskontrolle aller hygienischen Maschinen vor ihrer Auslieferung dar, dem sogenannten FAT (Factory Acceptance Test). Im Anschluss an die Werksabnahme folgt der SAT (Site Acceptance Test) beim Kunden. Dazu kommt die Unterstützung der Kunden vor Ort.
Unsere Fachleute ermitteln dort die Abtötungsrate von Entkeimungsprozessen mittels mikrobiologischer Belastungstests. Das ist wie so eine Art Sterilisations-TÜV. Der Test ist extrem wichtig, da er die kommerzielle Sterilität nachweist. Dafür werden im Labor Teststände aufgebaut und mikrobiologische Versuchsreihen durchgeführt.
pj: Welche Strukturen werden Sie im Vertrieb und Service einziehen?
Thomas Becker: Mit dem Start der Niederlassung IMA Dairy & Food UK haben wir begonnen, Vertrieb und Service vor Ort zu etablieren. IMA Dairy & Food USA haben wir auf unsere Linie eingeschworen. Im Januar 2020 startet IMA Dairy & Food Russia. Die Vorbereitungen dafür sind nahezu abgeschlossen. Den Niederlassungen obliegen Verkauf und Service. Darüber hinaus sind noch einige Erweiterungen angedacht. Aber das sind zurzeit nur Gedankenspiele.
pj: Nach einer Studie der Unternehmensberatung Deloitte, dem DMI Digital Maturity Index, erzielen 25 Prozent der Befragten einen EBIT Anstieg von 15 – 30 Prozent auf Grund von Digitalisierung. Wie weit ist die Digitalisierung bei IMA fortgeschritten?
Thomas Becker: Unsere Maschinen sind durch den steigenden Automatisierungsgrad schon lange darauf ausgelegt eine Fülle an Daten zu sammeln. Fernwartung ist das eine, die Erfassung von Maschinendaten das andere. Damit lassen sich Zeit und Kosten in der Produktion minimieren und gleichzeitig Effektivität und Qualität nachweisbar auf ein höheres Niveau heben.
Unsere Kunden brauchen diesen Input, um anhand der Daten Optimierungen umzusetzen. Da unsere Mandanten mit Kunststoffen arbeiten, spielt bei ihnen das Thema Kreislaufwirtschaft eine relevante Rolle. Kreislaufwirtschaft setzt umfassende Vernetzung voraus. Da sind auch wir gefordert, wenn es darum geht sortenreine neue Kunststoffe auf unseren Maschinen auf deren Tauglichkeit zu testen.