Mit geringem IQ zur klugen Verpackung

Symbole stellen getrennte Sammlung sicher (Bild: REPASACK)
Das Recycling von Papiersäcken spart Klimagase. (Bild: Interzero Repasack)

Für produzierende Unternehmen kann die Verpackung ein wichtiger Stellhebel zur Erfüllung der Klimaziele sein. Denn sie wirkt sich auch auf den CO2-Fußabdruck des verpackten Produkts aus. Was das mit dem IQ zu tun hat? Eine Menge! Der Impact Quotient ist ein Maß für den Anteil der ökologischen Aufwendungen für die Herstellung der Verpackung in Relation zum Füllgut.

„Der CO2-Fußabdruck ist ein wichtiges Maß, das den Einfluss eines Unternehmens oder Produkts auf den Klimawandel quantifiziert. Er liefert uns die Möglichkeit, die spezifischen Bereiche zu ermitteln, in denen die höchsten Emissionen entstehen. So können wir Strategien entwickeln, um diese effizient zu reduzieren und nachhaltigere Geschäftspraktiken zu fördern“, erklärt Wilhelm Dyckerhoff, Mitglied der Gemeinschaft Papiersackindustrie e. V. (GemPSI). Ein Papiersack für 25 Kilogramm Nahrungsmittel hat beispielweise einen CO2-Fußabdruck von nur sechs Gramm CO2e/Kilogramm Füllgewicht. Im Vergleich dazu hat eine 1-Liter-Einweg-PET-Flasche für Wasser einen CO2-Fußabdruck von durchschnittlich 96,5 Gramm CO2e/Kilogramm Füllgewicht und eine Verpackung für Scheibenkäse 313 Gramm CO2e/Kilogramm Füllgewicht.

„Ob eine Verpackung ökologisch sinnvoll ist, kann beurteilt werden, wenn das Zusammenspiel von Verpackung und abgefülltem Produkt betrachtet wird“, so Dyckerhoff. „So ist bei Verpackungen für hochwertige Produkte nicht allein der CO2-Fußabdruck der Verpackung entscheidend, sondern auch die Einsparungen, die durch den Produktschutz erzielt werden.“ Die Grafik zeigt, dass der Gesamtaufwand an CO2 steigt, wenn zu viel oder zu wenig Verpackungsmaterial eingesetzt wird.

Produktgruppe Füllgut

CO2-Emissionen Papiersack

[g CO2/Sack]

Abfüllgewicht

[kg/Sack]

CO2-Emissionen Papiersack pro Füllgut

[kg CO2/

kg Füllgut]

CO2-Emissionen Füllgut

[kg CO2/

kg Füllgut]

Impact-Quotient Papiersack

[Prozent]

Nahrungsmittel

174

25,0

0,0070

3,5

0,160

Baustoffe

  87

22,7

0,0038

2,0

0,161

Zement

  78

25,0

0,0031

0,6

0,335

Chemikalien

178

25,0

0,0071

6,0

0,058

Die Beispiele zeigen, dass der Papiersack für diese Füllgüter jeweils nur einen minimalen IQ auf den CO2-Fußabdruck des Füllguts hat. (Quelle: GemPSI)

Eine Verpackung nimmt verschiedene Schutzfunktionen ein. In erster Linie schützt sie das abgepackte Produkt mechanisch beim Transport und bei der Lagerung, aber auch vor Schäden durch Feuchtigkeit oder Sauerstoff. Daher sollte die Verpackung auf die gesamte Lieferkette des abgefüllten Produkts zugeschnitten werden.

„Um einen ökologisch sinnvollen Papiersack zu entwickeln, macht es in manchen Fällen sogar Sinn, mehr Material einzusetzen, um über einen besseren Produktschutz CO2 zu sparen. Wir handhaben es nach der Devise: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Als unabhängiger Verarbeiter beraten wir unsere Kunden, welches Material und wie viel davon jeweils zweckmäßig ist.“

Wilhelm Dyckerhoff, Mitglied der Gemeinschaft Papiersackindustrie e. V. (GemPSI)

CO2-Fußabdruck eines Papiersacks

In die Berechnung des CO2-Fußabdrucks eines Papiersacks fließen sogenannte Scope-1-, -2-und -3-Emissionen ein. Scope 1 fasst alle Emissionen zusammen, die im Unternehmen erzeugt werden, zum Beispiel durch Betriebsanlagen und Fahrzeuge. Scope 2 beschreibt indirekt erzeugte Emissionen durch Nutzung eingekaufter Energie. Auf Scope 1 und 2 können Papiersackhersteller am einfachsten Einfluss nehmen. „Innerhalb der GemPSI-Mitgliedsunternehmen gibt es verschiedene Initiativen, zum Beispiel durch Modernisierung der Anlagen, Nutzung von E-Fahrzeugen sowie ein stromsparendes Energiemanagement“, erklärt Dyckerhoff. „Jedoch machen Scope 1 und 2 nur zwei bis vier Prozent des CO2-Fußabdrucks eines Papiersacks aus. Den größten Anteil nimmt Scope 3 mit etwa 90 Prozent ein.“ Dieser umfasst alle indirekten Emissionen in der vor- und nachgelagerten Lieferkette, von den zugekauften Rohstoffen und deren Herstellung und Transport bis hin zum Lebenszyklusende eines Produkts. Die entsprechenden Daten für den Papiersack können Verarbeiter mit dem CO2-Fußabdruckrechner von RISE für ihre Kunden verwenden.

Scope 3 fasst alle indirekten Emissionen in der vor- und nachgelagerten Lieferkette zusammen. (Bild: GemPSI)

Einflussfaktor Rohstoff auf Scope-3-Emissionen

Von den eingekauften Rohstoffen hat Papier als Hauptbestandteil des Papiersacks einen großen Einfluss auf dessen Scope-3-Emissionen. Das verwendete Sackkraftpapier besteht aus nachwachsenden Rohstoffen, die aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern gewonnen werden. Allein in Deutschland hat die Waldfläche trotz einer intensiven wirtschaftlichen Nutzung dank nachhaltiger Forstwirtschaft in den letzten 50 Jahren um mehr als eine Million Hektar zugenommen.

Ein Großteil dieser CO2-Speichereigenschaft der Wälder bleibt bei der Weiterverarbeitung von Holz zu Papier erhalten. Papiersäcke sind demnach während ihres gesamten Lebenszyklus an der Speicherung von CO2 beteiligt.

In die Berechnung des CO2-Fußabdrucks fließen Scope-1-, -2- und -3-Emissionen ein. ((Bild: GemPSI)
In die Berechnung des CO2-Fußabdrucks fließen Scope-1-, -2- und -3-Emissionen ein. (Bild: GemPSI)

Würde man unter anderem diese Speichereigenschaft mit in die Berechnung des CO2-Fußabdrucks eines durchschnittlichen Papiersacks einbeziehen, so wäre er laut einer Studie von RISE aus 2020 mit minus 35 Gramm CO2e pro Papiersack schon heute positiv fürs Klima. Darüber hinaus hat die GemPSI bereits vor 30 Jahren das Rücknahmesystem Repasack für das Recycling von Kraftpapiersäcken eingeführt. Aus dem wertvollen langfaserigen Rohstoff der Papiersäcke lassen sich durch das Recycling andere Packmittel herstellen. Einer Studie der Technischen Universität Graz aus 2021 zufolge lassen sich Verpackungen auf Holzfaserbasis mehr als 25-mal recyceln, ohne dass ihre mechanischen Eigenschaften wesentlich abnehmen. Gemäß Fraunhofer-Institut Umsicht wurden im Jahr 2021 beim Recycling von einer Tonne Kraftpapiersäcken durchschnittlich 183 Kilogramm Klimagase sowie 3.150 Kilogramm Primärressourcen (Holz) eingespart.

„Ein Papiersack hat im Vergleich zu anderen Verpackungen einen sehr niedrigen, sogar teilweise auch negativen CO2-Fußabdruck. Mit einer sorgfältigen, klugen Auswahl der eingesetzten Rohstoffe und deren Lieferanten sowie cleveren Konstruktionsvarianten lassen sich die Emissionswerte noch weiter verringern“, sagt Dyckerhoff. „Dank der Bemühungen unserer Rohstofflieferanten werden wir künftig noch weitere Möglichkeiten haben, unsere Scope-3-Emissionen zu verringern.“ Ob Papier oder Barriereschutzfolie: Mit der Auswahl der jeweils besten Materialien sowie durch konstruktive Raffinessen gibt es viele Ansätze, den CO2-Fußabdruck des Papiersacks weiter zu senken.

Produktschutz entlang der Lieferkette

Einen guten Indikator, das Minimum des CO2-Aufwands für das Gesamtsystem „Verpackung und Packgut“ zu finden, liefert der von der Hochschule München definierte Impact Quotient. Der IQ beschreibt, wie viel Prozent der verpackten Produkte vor Schaden geschützt werden müssen, damit die dadurch erzielte CO2-Einsparung größer ist als der Aufwand für die Herstellung der eingesetzten Verpackungen. „Die Einbeziehung des Packguts in die Verpackungsauslegung ist für die Entwicklung des ökologisch optimalen Papiersacks sinnvoll, aber auch anspruchsvoll, denn sie erfordert viel Wissen. Wir können unsere jeweiligen Kunden am besten beraten, wenn wir die nachgelagerte Lieferkette ihres Produkts verstehen“, erklärt Dyckerhoff. „Dann können wir einen jeweils optimalen Papiersack mit möglichst geringem CO2-Fußabdruck konfigurieren.“

Papiersäcke sind extrem strapazierfähig und reißfest. Bei einem geringen Eigengewicht der Verpackung fassen sie typischerweise 15 bis 25 Kilogramm an Füllgewicht. Daher fällt ihr IQ generell niedrig aus. Ein typischer Nahrungsmittelsack weist beispielweise einen IQ von 0,16 Prozent auf. Das bedeutet, wenn einer von 625 Papiersäcken den Inhalt vor Schaden bewahrt, hat die gesamte Verpackung weniger CO2 verursacht als durch einen Produktverlust entstehen würde. Ein Chemiesack müsste sogar nur den Inhalt von rund jedem 2000. Sack vor Schaden bewahren.

„Generell weisen besonders kleine IQ-Werte darauf hin, dass dem Schutz des verpackten Produkts ein besonders hoher Stellenwert zukommt. Die CO2-Emissionen durch einen möglichen Produktverlust sind in diesem Fall schnell höher als die durch die Verpackung entstandenen Emissionen.“

Prof. Dr. Dirk Burth, Professor im Studiengang Verpackungstechnik und Nachhaltigkeit an der Hochschule München

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