Marktanalyse: wie Deutschland der Rohstoffabhängigkeit entgegenwirken kann 

Industrie Snapshot: Recycling in Europa; der Rohstoffabhängigkeit entgegenwirken
(Bild: Shutterstock/RecycleMan)

Die deutsche Recycling-Industrie könnte laut einer aktuellen Marktanalyse Treiber einer neuen Kreislaufwirtschaft werden und damit der Rohstoffabhängigkeit entgegenwirken. Voraussetzungen sind regulatorische Klarheit, strategische Allianzen mit branchenorientierten Recycling-Tech-Start-ups und ein Paradigmenwechsel seitens produzierender Industrie beim Einsatz recycelter Kunststoffe.

Deutschland und Europa sind vergleichsweise rohstoffarme Regionen. In den kommenden Jahren werden die Rohstoffpreise, aber auch der gesellschaftliche Druck in Richtung Nachhaltigkeit weiter ansteigen. Der Bedarf an neuen, flexibleren Wiederaufbereitungstechnologien und höheren Recyclingkapazitäten steigt laut dem aktuellem Industry Snapshot: Recycling in Europe von Helbling Business Advisors rapide an.

Die Unternehmensberatung analysiert regelmäßig Entwicklungen, Trends und regulatorische Neuerungen im europäischen Recycling-Markt. Demnach sind Optimierungs- und Wachstumsmöglichkeiten vorhanden: Die EU-28-Länder produzieren jährlich insgesamt über 2,3 Mrd. Tonnen Müll (Deutschland: rund 417 Mio. Tonnen). Lediglich etwas über 38 Prozent davon werden aktuell recycelt, der Rest wird verbrannt oder in andere Länder exportiert – wodurch wertvolle Ressourcen ins Ausland wandern oder schlichtweg verschwendet werden.

Recycling-Branche wird zur Schlüsselindustrie 

Ein ökonomisches Fehlverhalten, mahnt Daniel Jürgenschellert, Geschäftsführer und für den Report federführender Industrie-Experte bei Helbling Business Advisors: „Deutschland und Europa sind gut beraten, den umfassenden Export von Altmaterialien zu reduzieren und kreiswirtschaftliche Zyklen weiter auszubauen. Umfassenderes Recycling, insbesondere von Materialien im Technologiesektor, ist unverzichtbar, um mittelfristig unabhängiger von internationalen Rohstoffimporten zu werden.“ Für größere Recycling-Anbieter biete der systematische Aufbau innovativer Kreislaufwirtschaftssysteme attraktive Wachstumsperspektiven. Regionale, spezialisierte Player könnten von einer Branchenkonsolidierung profitieren, meint Jürgenschellert. Nach Analyse von Helbling Business Advisors, auf deren Basis der aktuelle Industry Snapshot erstellt wurde, könne der europäische Recycling-Markt in den kommenden zehn Jahren auf über 242 Mrd. USD anwachsen (derzeit: 148 Mrd. USD).

Kreislaufgedanken bereits in Entwicklung berücksichtigen

Entscheidende Rolle bei einem Paradigmenwechsel müsse auch die produzierende Industrie spielen. „Der Import von Primär-Rohstoffen lohnt sich vor allem bei Kunststoffen immer weniger. Produzierende Unternehmen werden sich mittelfristig nach Alternativen zum Neukauf umsehen müssen“, prognostiziert Jürgenschellert. „Ob der nicht-sichtbare Unterbodenbereich im Automobilbau oder die hochwertige Optik von Verpackungen im Bereich Beauty und Körperpflege – Hersteller setzen bislang flächendeckend auf die Verwendung neuer, farblich stimmiger Rohmaterialien.“ Seiner Einschätzung nach werden Unternehmen, aber auch Endkunden in Deutschland künftig stärker abwägen müssen, ob sie Rentabilität und Nachhaltigkeitsaspekte beim Einsatz recycelter Rohstoffe nicht kleineren Abstrichen bei der Optik des Endproduktes vorziehen wollen. „Kunststoffverarbeitende Unternehmen sollten den Kreislaufgedanken und die verfügbaren Recycling-Verfahren deshalb schon heute bei der Konstruktion und Entwicklung ihrer Produkte stärker berücksichtigen.“

Der Industry Snapshot: Recycling in Europe wird jährlich von der Unternehmensberatung Helbling Business Advisors veröffentlicht. Die Marktanalyse bündelt aktuelle Zahlen, Trends und Herausforderungen der Recycling-Marktentwicklung in Europa, mit dezidierter Auswertung ausgewählter Industriematerialien, darunter etwa Batteriezellen, Aluminium, Kupfer, Stahl, Plastik, Glas und Papier.

Quelle: Helbling Business Advisors