Kurze Produktzykluszeiten und der ungebrochene Trend zur Individualisierung bringen konventionell aufgebaute Montage- und Produktionsmaschinen zunehmend an ihre Grenzen. Neue Verpackungsformen und -materialien verschärfen die Situation. Die Wolf Maschinenbau GmbH demonstriert nun anhand einer neuen Maschine, wie sich Verpackungen mittels Track-Systemen von B&R besonders sanft und flexibel transportieren lassen.
„Die großen Handelsketten und globalen Player in der Verpackungsindustrie haben es sich zum Ziel gesetzt, innerhalb der nächsten Jahre auf umweltverträgliche Verpackungen umzustellen“, betont Markus Schmachtel, Leiter der Konstruktions- und Engineering-Abteilung bei Wolf. Mehr als 3.000 Abfüll- und Verpackungsmaschinen hat das Unternehmen seit der Firmengründung im Jahr 1988 ausgeliefert und sich insbesondere in der Lebensmittelbranche einen Namen gemacht. Schmachtel ist ebenfalls so lange in Sachen Verpackungstechnik unterwegs und hat schon viele Umbrüche in dieser Branche erlebt.
„Generell versucht ein Konstrukteur, neue Anforderungen über entsprechende Mechanik zu lösen. Doch die vermehrt aufkommenden Verpackungsformen und -materialien erfordern Transportlösungen, die deutlich flexibler und produktschonender sind, als die bisher meist verwendeten rein mechanischen Kettensysteme.“
Markus Schmachtel, Leiter der Konstruktions- und Engineering-Abteilung bei der Wolf Verpackungsmaschinen GmbH
Das Unternehmen hat eine Vertikalschlauchbeutelmaschine auf den Markt gebracht, die für alle gängigen Beutelformen geeignet ist und bei der sich der Umbauaufwand in Grenzen hält. Die Maschine kann für Flach- oder Seitenfaltbodenbeutel genauso verwendet werden wie für Standbodenbeutel mit Kantensiegelung.
Bei der angekoppelten Kopfverschließmaschine (KVM) wurde der Produkttransport mithilfe von verbundenen Mitnahmeketten realisiert. Die Mitnahmeketten bilden dabei Fächer für die Aufnahme der Beutel. Die Beutel werden bei diesem Konzept zusammen mit der kompletten Transportmechanik mit jedem Takt synchron zur Schlauchbeutelmaschine stehend weitergeschoben. Dabei gleitet der Beutelboden über das Blech des Transportsystemunterbaus.
Schonender Transport sensibler Öko-Verpackungen
Bei Verpackungen aus Papier, wie sie zunehmend aus Vermarktungs- und Umweltschutzgründen in den Regalen zu finden sind, könnte der Boden z. B. bei höheren Transportgeschwindigkeiten zu stark belastet oder sogar die ganze Verpackung verformt werden. Besonders gefährdet ist raues und steifes Papier.
„Das Problem der Beutelverformung könnte durch spezielle Beschichtungen der Gleitfläche minimiert werden“, erläutert Schmachtel. „Doch diese Beschichtung unterliegt einem erhöhten Verschleiß bei rauer Folienaußenseite und führt zu unerwünschtem Abrieb an Bauteilen der Maschine. Ich gehe davon aus, dass unsere Kunden den sicheren, schonenden und gleichzeitig nahezu verschleißfreien Transport ihrer Produkte gern annehmen werden.“
Um den aufkommenden Herausforderungen frühzeitig gerecht zu werden, entschieden sich die Verantwortlichen des Maschinenbauers für die Entwicklung einer neuen Kopfverschließmaschine. Dafür wurden verschiedene entkoppelte Transportsysteme bezüglich der Nutzlast, des Handlings der Shuttles und des Supports der Lieferanten miteinander verglichen. Dabei konnte sich B&R mit seinem Langstator-Linearmotor-System SuperTrak durchsetzen, das speziell für den höheren Leistungsbereich entwickelt wurde.
Ziel war, dass die KVM-S in Kombination mit einer oder zwei Schlauchbeutelmaschinen und entsprechender Dosiereinheit bis zu 80 Beutel pro Minute in der Singleversion produzieren, befüllen und verschließen können soll. In der Duplex-Variante sind es bis zu 130 Beutel in der Minute.
Umrüsten mit minimalem Aufwand
Die Maschine sollte sowohl den Transport verschiedenster Beutelformen aus unterschiedlichen Materialien bewältigen als auch vielfältige Verschließprozesse ohne großen Umbauaufwand ermöglichen. So könnten Anlagenbetreiber flexibel auf Marktanforderungen reagieren und zwischen Verschlussvarianten wie Etiketten-, Giebel-, Klippverschluss oder Reiteraufsatz wählen.
Um dies zu erreichen, muss der von der Schlauchbeutelmaschine geformte, befüllte und erstmals verschlossene Beutel an das Transportsystem der KVM-S übergeben und dann zu den verschiedenen Prozessstationen gefahren werden. Dort wird der Kopf im Fall eines Blockbodenbeutels mit Etikettenverschluss nachgeformt, abgedrückt, geschnitten, versiegelt und umgelegt. So lässt sich eine kompakte Beutelform ohne unnötigen Kopfraum erzielen. Zuletzt wird die umgelegte Kopffahne am klotzförmigen Beutel mit einem Etikett befestigt.
Flexibel durch einzeln ansteuerbare Shuttles
Im Gegensatz zu fest gekoppelten Ketten erfolgt der Transport mit SuperTrak mit einzeln angesteuerten Shuttles, auf denen eine zur Verpackung passende Kassette montiert ist. Damit können die Shuttles unabhängig vom Takt der Schlauchbeutelmaschine durch die Prozessstationen der KVM geschleust werden. Da die Beutel mit der Kassette durch die Maschine geleitet werden, treten am Boden keine Querkräfte auf. Jedes einzelne Shuttle ist programmierbar und individuell ansteuerbar. Dadurch können die Verfahrprofile individuell an die Anforderungen der Verpackung und der Füllung angepasst werden. Eine noch effizientere und schonendere Produktion als bisher wird möglich.
Die Shuttles können auch rückwärts fahren. Die Wolf-Konstrukteure haben diese Option verwendet, um eine Rüttelbewegung in das Verfahrprofil der KVM-S einzubauen. Damit entfällt eine separate Rüttelprozessstation zur Verdichtung des Schüttguts. Der Rüttelprozess unterliegt nicht mehr einer bestimmten Zykluszeit und lässt sich damit schonender oder wirkungsvoller als in einer konventionellen Rüttelstation ausgestalten.
Den Durchsatz erhöhen
Durch die frei programmierbaren Verfahrprofile kann der Anlagenbauer Stationen frei anordnen oder zusätzlich anfahren oder überspringen. Dies lässt sich nutzen, um zeitkritische Stationen zu doppeln. So kann z. B. der Durchsatz erhöht oder die angepeilte Zykluszeit gewährleistet werden. Es müssen aber nicht alle Stationen zweifach angelegt werden, wie das bei einem fest verketteten Transfersystem erforderlich wäre.
Die programmierbaren Verfahrprofile bieten auch die Möglichkeit, bei bestimmten Beuteln Prozessschritte hinzuzufügen oder wegzulassen und so verschiedene Verpackungsmaterialien oder -typen mit geringem Zusatzaufwand auf derselben Anlage zu verarbeiten. Damit ist die KVM-S mit SuperTrak das optimale Pendant zur flexiblen Schlauchbeutelmaschine von Wolf:
„Mit SuperTrak lässt sich sowohl eine investitionssparende Art und Weise der Variantenfertigung oder der Durchsatzsteigerung umsetzen als auch die Anlage einfacher in die Produktionslinie beim Anwender integrieren“, fügt Schmachtel an. „Die flexible Gestaltung der Verfahrwege bedeutet auch, dass wir beim Positionieren der Übergabestationen für die Schlauchbeutelmaschine oder den Packer mehr Freiheitsgrade haben. Damit können wir das Layout der Gesamtanlage einfacher an die Gegebenheiten vor Ort anpassen.“
Zusätzliche Freiheitsgrade bei der Ausgestaltung des Maschinenlayouts erhält der Maschinenbauer durch den modularen Aufbau der Schienen des High-Speed-Track-Systems SuperTrak. „Wir können damit die KVM-S bei Bedarf verlängern, verkürzen und die Anzahl der Shuttles flexibel ändern“, sagt Schmachtel. Die flexible Festlegung der Laufrichtung des Gesamtsystems ermöglicht die einfache Anpassung an neue Anforderungen.
Anlagenlayout mit vielen Freiheitsgraden
Bei der ersten von Wolf gebauten Maschine der neuen Generation reichte ein einfaches SuperTrak-Oval, bestehend aus zwei 180-Grad-Kurvensegmenten und sechs jeweils einen Meter langen Geradensegmenten, zur Einhaltung der Vorgaben aus. Dies vor allem auch deshalb, weil sich auch die Kurvenbereiche von SuperTrak nutzen lassen.
„Mit dem Simulator von B&R kann vorab überprüft werden, ob bei der geplanten Konstruktion oder Erweiterung einer Anlage die angestrebte Zykluszeit erreicht wird. Ausschlaggebend sind dabei die Anzahl an geplanten Shuttles und Prozessstationen sowie die jeweilige Beutelform. So können unnötige Investitionen vermieden und das Risiko einer Neuentwicklung minimiert werden“, erläutert Schmachtel.
Kostendämpfend für den Betreiber wirkt auch die hohe Energieeffizienz der Anlage: Da bei der Lösung mit SuperTrak nur die Shuttles mit dem Kassettenaufbau und damit deutlich geringeren Massen als bei fest gekoppelten Transportsystemen bewegt werden müssen, ist auch die aufzubringende Beschleunigungs- und Bremsenergie niedriger. Zudem wird die Bremsenergie zurückgespeist und für die Beschleunigung von Shuttles verwendet.
Nährboden für Innovationen
Das Potenzial der neuen Transportlösung ist noch lange nicht ausgeschöpft und gibt Wolf Raum für weitere bahnbrechende Innovationen, wie Schmachtel zufrieden feststellt: „Was die Möglichkeiten von SuperTrak angeht, sind wir erst ganz am Anfang. Zwei Shuttles lassen sich z. B. so steuern, dass sie einen Beutel greifen und während der Fahrt zur nächsten Station aufziehen. Zudem kann die Nutzlast durch die Kombination von Shuttles erhöht werden. Dadurch eröffnen sich weitere interessante Ansätze bei der Konstruktion richtungsweisender Abfüll- und Verpackungsmaschinen.“
Weitere Informationen zu den Unternehmen finden Sie auf http://www.wolf-pack.de und http://www.br-automation.com