Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) offiziell gestartet – Eine Bestandsaufnahme

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (links) und Gunda Rachut, Vorstand der ZSVR, standen der Presse Rede und Antwort. (Bild: BMU/Sascha Hilgers)
Bundesumweltministerin Svenja Schulze (links) und Gunda Rachut, Vorstand der ZSVR, standen der Presse Rede und Antwort. (Bild: BMU/Sascha Hilgers)

Die Stiftung „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ (ZSVR) ist seit Jahresbeginn als Behörde tätig und soll Übersicht und Kontrolle beim Einsatz und bei der Entsorgung von Verpackungen verbessern. Die Aufgaben in diesem Zusammenhang sind vielfältig und anspruchsvoll. Nach dem offiziellen Start am 14. Januar 2019 in Berlin haben wir die wichtigsten Fakten zusammengefasst und weitere Details aktuell nachgefragt.

Die Ziele der Stiftung sind neben der bundesweit einheitlichen Kontrolle der Entsorgung und des Recyclings von Verpackungen für den privaten Endverbraucher klar:

  • Transparenz bei der wettbewerblichen Verpackungsentsorgung zu schaffen,
  • eine faire Verteilung der dabei entstehenden Kosten im Markt zu etablieren,
  • durch die Veröffentlichung eines Mindeststandards zur Bemessung des recyclinggerechten Designs von Verpackungen das Vorhaben, die Entlastung der Umwelt und die Fortentwicklung der erweiterten Produktverantwortung in Deutschland, zu unterstützen.

Stiftung und Aufbau

Die Mitgliedsunternehmen der Stifter (Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V., Handelsverband Deutschland – HDE e. V., IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. sowie Markenverband e. V.) bzw. der hinter ihnen stehenden weiteren Verbände bringen die Mehrheit der betroffenen Um- und Verkaufsverpackungen in Verkehr.

Zu den Aufgaben der Stiftung (§ 26 VerpackG) gehören insbesondere

  • der Aufbau und Betrieb eines Registers für die Hersteller laut Verpackungsgesetz,
  • der Aufbau und Betrieb einer Datenbank mit Datenmeldungen von Herstellern und Systemen,
  • die Marktanteilsberechnung zur Aufteilung der Entsorgungskosten und -mengen der dualen Systeme,
  • die Definition und Veröffentlichung eines Mindeststandards für die Bemessung der Recyclingfähigkeit von Verpackungen (im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt),
  • die Prüfung der Mengenstromnachweise der dualen Systeme und Branchenlösungen,
  • die Einordnung von Verpackungen als systembeteiligungspflichtig sowie
  • die Einordnung von Getränkeverpackungen als pfandpflichtig.

Offizieller Start

Bundesumweltministerin Svenja Schulze und der Vorstand der ZSVR, Gunda Rachut, hatten am 14. Januar 2019 ins Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit nach Berlin eingeladen, um bei einem Pressegespräch unter anderem darüber zu informieren, wie viele Registrierungen bereits vorliegen und vor welchen Aufgaben das Verpackungsregister LUCID im ersten offiziellen Betriebsjahr steht.

(v.l.n.r.) Regine Zylka (Leiterin Presse und Kommunikation, BMU), Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Gunda Rachut (Vorstand ZSVR) und Dr. Bettina Sunderdiek (Leitung Kommunikation und Presse ZSVR) beim Pressetermin in Berlin.(Bild: BMU/Sascha Hilgers)

(v.l.n.r.) Regine Zylka (Leiterin Presse und Kommunikation, BMU), Bundesumweltministerin Svenja Schulze, Gunda Rachut (Vorstand ZSVR) und Dr. Bettina Sunderdiek (Leitung Kommunikation und Presse ZSVR) beim Pressetermin in Berlin.(Bild: BMU/Sascha Hilgers)

Wer Verpackungen mit Ware befüllt oder nach Deutschland einführt, muss gleichzeitig deren Entsorgung finanzieren. Für Verpackungen, die bei privaten Verbrauchern anfallen, geschieht das über Lizenzentgelte an die sogenannten dualen Systeme, die wiederum das Recycling organisieren.

Svenja Schulze betonte: „Wer seinen Müll umweltbewusst trennt, muss sich auch sicher sein können, dass die Verpackungen tatsächlich recycelt werden. Nur so schafft man Vertrauen in unser Recyclingsystem. Dafür leistet die Zentrale Stelle einen großen Beitrag.“

Denn obwohl seit 1993 in Deutschland die Produktverantwortung für Verpackungen gilt, sind zahlreiche Unternehmen dieser Pflicht bisher nicht gefolgt, ohne dass dies geahndet wurde. Dadurch fehlte auch der finanzielle Anreiz, auf überflüssige Verpackungen zu verzichten.

Dass es eine Vielzahl an Trittbrettfahrern gibt, war bekannt.

„Die hohe Anzahl an Anfragen von Erstinverkehrbringern, die nicht wissen, was Produktverantwortung ist, hat uns bestätigt, wie notwendig diese Maßnahme und auch das Verpackungsgesetz sind“, erläuterte Gunda Rachut. „Bis heute haben sich 130.000 Unternehmen im Verpackungsregister LUCID registriert. Das sind bereits 70.000 Unternehmen mehr, als dies bisher bei den dualen Systemen der Fall war.“

Als Ziel bis zum Jahresende wurde eine Verdopplung der Registrierung genannt.

In der Diskussion

Neben den Aufgaben der ZSVR wurden in Berlin auch die Ergebnisse und Ziele des Verpackungsgesetzes hinterfragt und insbesondere die Recyclingquoten diskutiert. Die Ministerin betonte in diesem Zusammenhang mehrfach, dass die Abfallvermeidung und Einsparung von Verpackungen Vorrang vor allen weiteren Maßnahmen haben müsse.

Uns interessierte, wer die Entgelte festlegt und ggf. für die Zahlung von Boni für den Einsatz von (höheren) Rezyklatanteilen in Verpackungen verantwortlich ist. Diese Entscheidungen liegen nach Auskunft der Verantwortlichen im Ermessen der Entsorgungssysteme. Eine Vorgehensweise, deren Transparenz sich noch etablieren muss und die wir daher aktuell zumindest als überdenkenswert erachten.

Trittbrettfahrer im Fokus

Auf unsere Frage nach den Instrumenten, Trittbrettfahrer aktiv zu enttarnen, hatte Gunda Rachut vor Ort geantwortet, dass dies über Onlinerecherchen im Prinzip ganz leicht sei. Das wollten wir genauer wissen und haben später noch nachgefragt, wie diese Möglichkeiten genutzt werden:

„Die Zentrale Stelle Verpackungsregister (ZSVR) baut aktuell den Bereich der Datenanalyse auf. Dies beginnt mit der Recherche von öffentlich verfügbaren Daten zu Anbietern und dem Abgleich mit unserer Datenbank und geht über verschiedenste Plausibilitätskontrollen bis hin zum Abgleich mit zugekauften Marktforschungsdaten. Neben den Daten der Hersteller haben wir noch die Komplementärmeldung der dualen Systeme. Neu ist, und das gelangt derzeit in das Bewusstsein der Unternehmen, dass die ZSVR auch mit diesen Daten des jeweils beauftragten (dualen) Systems abgleicht und Abweichungen schnell aufgedeckt werden. Nur so können die Kosten der Verpackungsentsorgung verursachergerecht aufgeteilt werden, mit dem Ziel, dass die Verpackungen über die finanzielle Belastung vermieden bzw. umweltfreundlicher werden“, erläutert Gunda Rachut.

Es wurde auch darüber informiert, dass bereits 30 Anzeigen von Unternehmen bei der ZSVR eingegangen seien. Da keine Namen genannt werden konnten, diente als fiktives Beispiel: Online-Händler A zeigt Online-Händler B an. Unsere Fragen dazu: Was passiert mit diesen Anzeigen? Wer verfolgt sie? Und wie sind die Länder (Städte/Gemeinden) auf diese Aufgaben vorbereitet?

„Wir haben seit dem Herbst 2017 eine Arbeitsgruppe mit den Ländern, mit denen wir genau abstimmen, wann welche Informationen wie aufbereitet an welche Behörden geleitet werden. Eine reine Weiterleitung von Informationen sieht das Gesetz nicht vor, dies wäre keine schlanke Lösung. Es ist vielmehr so, dass nunmehr die Aufklärung des Sachverhalts zentralisiert und damit auch deutlich effizienter geworden ist. Erst wenn eine Ordnungswidrigkeit durch die ZSVR bewiesen ist und mit den Beweisdokumenten eine vollständige Akte vorliegt, wird dies an die Vollzugsbehörde abgegeben, die dann entsprechend nur noch umsetzen muss“, erklärt Gunda Rachut.

Um säumige Importeure zu enttarnen, sollten europarechtliche Lösungen angestrebt werden.

Neue Standards auf dem Prüfstand

Gleichzeitig hat das Verpackungsregister neue Standards erarbeitet. Dazu gehören ein „Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen“ und eine „Orientierungshilfe zur Bemessung der Recyclingfähigkeit einer Verpackung“, die den dualen Systemen helfen soll, ökologische Aspekte bei der Berechnung der Lizenzentgelte zu berücksichtigen. Die Standards sollen ein hohes Niveau vom Design der Verpackung bis hin zum Recycling sichern. „Gleichzeitig liefern sie einen verlässlichen Rechtsrahmen für die Verpflichteten, die nun sehr viel einfacher ihre Pflichten ermitteln können“, so Gunda Rachut.

Dass die Industrie beispielsweise mit der Bemessung der Recyclingfähigkeit nicht in jedem Fall einverstanden sein wird, zeigt bereits das Beispiel airpop®. Der in Fachkreisen unter dem Namen expandierte Polystyrol (EPS) und den Verbrauchern als Styropor bekannte Packstoff wurde von den sogenannten Gutmaterialien ausgeschlossen und gilt damit nach Definition als nicht recyclingfähig. Die Industrie wehrt sich gegen diesen Stempel und erklärt, dass airpop® sehr wohl erfolgreich recycelt wird. Die Kriterien für die Einstufung seien von ökonomischen Faktoren geprägt. Es besteht also auch in diesem Zusammenhang momentan noch Handlungsbedarf.

Verpackungsregister LUCID im Selbstversuch

Möglich ist die Registrierung über die Website der ZSVR ganz unkompliziert und mit wenig Zeitaufwand unter www.verpackungsregister.org. Als fiktives Unternehmen haben wir das einmal durchgespielt. Die Preise pro Tonne unterscheiden sich nach Packmittelart deutlich, die Kosten werden direkt angezeigt. Will man verpflichtete Unternehmen, also Hersteller, Händler und Importeure, auf die Übernahme ihrer Verantwortung überprüfen, kann man sich dies im Herstellerregister über eine Suchmaske anzeigen lassen und findet den Unternehmensnamen, die Registriernummer sowie die Anschrift, im Detail auch Markennamen, aber keine Mengenangaben. Das wäre wohl auch nicht im Sinne des Datenschutzes.

Eine „Unterminierung“ der Kreislaufwirtschaft befürchtet Reinhard Schneider, Inhaber von Werner & Mertz, in einem offenen Brief an die Vorsitzenden fast aller im Bundestag vertretenen Parteien. Er fordert vor allem eine Konkretisierung des Verpackungsgesetzes, um stärkere Anreize zur Nutzung von „Post-Consumer-Rezyklaten“ zu setzen. Hier weiterlesen.