Faubel: Mehr als Etiketten für den Pharmabereich

Kennzeichnungen und Dienstleistungen für die pharmazeutische Industrie sind heute die Hauptgeschäftsfelder von Faubel.
Kennzeichnungen und Dienstleistungen für die pharmazeutische Industrie sind heute die Hauptgeschäftsfelder von Faubel.

Seit über 160 Jahren schreibt die Faubel & Co. Nachfolger GmbH Unternehmensgeschichte in der Druck- sowie Papier und Folie verarbeitenden Industrie. Die Entwicklung des weltweit agierenden Familienunternehmens begann am 1. Mai 1855 in Kassel, als Hermann Faubel die „Faubel & Co. Cartonagen und Papierwaren-Fabrik Cassel“ gründete. Heute ist das Unternehmen Spezialist für außergewöhnliche Etiketten, insbesondere für die pharmazeutische Industrie.

Zuerst etablierte sich Faubel als lokaler Lieferant für Apothekenkennzeichnungen. Beinahe 90 Jahre lang konnte sich das Unternehmen kontinuierlich entwickeln, bis zum 23. Oktober 1943. An diesem Tag wurde Kassel durch Bombenangriffe der alliierten Streitkräfte zum Großteil zerstört und auch das damalige Firmengebäude wurde vollständig ausgebombt. Damals beschäftigte Faubel 50 Mitarbeiter. Aufgrund der Zerstörung zog das Unternehmen 1946 nach Melsungen in den Schwarzenberger Weg, wo sich bis heute der Hauptsitz befindet.

Nur 15 Mitarbeiter nahmen die Produktion wieder auf, um Beutel und Etiketten für Apotheken aus der Region herzustellen. 1982 übernahm Druckermeister Reinhard Kuge die Leitung des Unternehmens und vergrößerte es während seiner 32-jährigen Tätigkeit als geschäftsführender Gesellschafter von 20 auf 160 Mitarbeiter. Unter seiner Führung avancierte Faubel zu einem Spezialisten für außergewöhnliche Etiketten, insbesondere für die pharmazeutische Industrie.

Faubel Produktion um 1950

Nach dem 2. Weltkrieg musste die Produktion neu aufgebaut werden.

Unermüdlich Einsatz zeigen

Unter seiner Leitung gab es aber nicht nur Fortschritte, es galt auch Rückschläge zu verkraften. Im Januar 1995 stieg das Wasser der nahe gelegenen Fulda auf ein gefährliches Niveau. Erhebliche Wassermassen drangen in das Firmengebäude ein und umspülten die Maschinen. Nur dank des unermüdlichen Einsatzes der damals 53 Mitarbeiter konnte der Schaden schnellstmöglich beseitigt werden.

„Das Engagement der Mitarbeiter und ihre Identifikation haben den Erfolg des Unternehmens erst möglich gemacht. Deshalb versuchen wir, auch bei einer ständig wachsenden Belegschaft eine persönliche Bindung aufrechtzuerhalten, sei es beispielsweise durch eine Mitarbeiterbeteiligung oder durch eine private Unfallversicherung“, erklärt Frank Ludwig, einer der aktuellen Geschäftsführer, die Philosophie von Faubel.

2014 gab der heutige Gesellschafter Reinhard Kuge die Unternehmensführung an seine drei Nachfolger, Martin Kuge, Frank Jäger und Frank Ludwig, ab. Mit Martin Kuge ist weiterhin ein Mitglied der Familie Kuge, die seit Ende 2012 alle Gesellschaftsanteile besitzt, in der Geschäftsführung vertreten. Der diplomierte Sozialwirt kam nach seinem Studium 2006 als Personalreferent zu Faubel und ist weiterhin für die Bereiche Personal und Finanzen zuständig. Der studierte Betriebswirt Frank Jäger trat 2012 als Leiter Vertrieb und Marketing ins Unternehmen ein. Dieser Bereich obliegt ihm auch als Geschäftsführer. Frank Ludwig ist schon seit über 30 Jahre bei Faubel tätig. Als Industriemeister Druck kennt er alle Produktionsschritte aus eigener Erfahrung und beschäftigt sich deshalb mit den technischen Fragestellungen.

Die Geschäftsführung von Faubel (v.l.n.r.): Frank Jäger, Martin Kuge und Frank Ludwig.

Die Geschäftsführung von Faubel (v.l.n.r.): Frank Jäger, Martin Kuge und Frank Ludwig.

Das Unternehmen international ausrichten

Die Aufteilung der Geschäftsführung in drei Zuständigkeiten spiegelt die gewachsenen Anforderungen an das Unternehmen durch die Internationalisierungs- und Wachstumsstrategien wider. Dass diese gelingen, zeigt das Jahr 2015 mit dem höchsten Umsatz seit der Gründung. Über eine Steigerung von 26 Prozent auf insgesamt 24,4 Millionen konnten sich die 191 Mitarbeiter am Ende des Jahres freuen. Dieses Wachstum war vor allem der Ausweitung der Vertriebsaktivitäten von Deutschland auf Europa sowie die USA und Asien zu verdanken.

Neben Vertriebsbüros in Europa gründete Faubel 2009 das Schwesterunternehmen Faubel Pharma Services mit einem dazugehörigen Vertriebsbüro in Bordentown, New Jersey. 2014 wurde auch in der chinesischen Metropole Shanghai eine Präsenz eröffnet. Die Aktivitäten in beiden Vertriebsgebieten sind auf die Kernkompetenz von Faubel ausgerichtet: Etiketten, Verpackungen und Dienstleistungen für klinische Studien.

„Die internationale Ausrichtung sollte mittelfristig gedacht unseren Absatz stabilisieren. Erst langfristig haben wir mit einer solch hohen Auftragslage gerechnet. Das rasante Tempo hat uns selbst ein wenig überrascht“, äußert sich Ludwig.

Um die Qualität sicherzustellen, durchläuft jedes Etikett mehrere Kontrolleinheiten.

Um die Qualität sicherzustellen, durchläuft jedes Etikett mehrere Kontrolleinheiten.

Neue Kapazitäten schaffen

Die Auftragslage bedeutete gleichzeitig mehr Arbeit. So wurden 31 zusätzliche Arbeitsplätze allein 2015 geschaffen. Doch diese personelle Aufstockung blieb nicht die einzige Maßnahme der Geschäftsführung und der Gesellschafter, um neue Kapazitäten bereitzustellen. Der Maschinenpark wurde ergänzt. Eine weitere Falzmaschine, die gemeinsam mit einem Maschinenhersteller speziell auf die Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten wurde, soll zusätzliches Volumen abdecken. Darüber hinaus ersetzten drei noch modernere und effizientere Druckmaschinen, zwei Bogen- und eine Rollendruckmaschine, ältere Anlagen. Für die Abteilung Weiterverarbeitung wurde ebenfalls eine neue Maschine angeschafft. Die gesamte Investitionssumme betrug hier 4 Mio. Euro.

„Dadurch können wir dem Markt attraktive Lieferzeiten und zusätzliche technische Möglichkeiten bieten“, so der Geschäftsführer Technik.

Außerdem ist ein neues zweistöckiges Gebäude mit einer Grundfläche von 2.500 m² am Stammsitz in Melsungen geplant, das ab 2017 noch mehr Raum für Flexibilität und Wachstum zulässt. Das Gebäude wird rund 10 Mio. Euro kosten. Erst 2011 wurde zuletzt ein neues, zusätzliches Gebäude mit einer Produktionsfläche von 3.400 m² eingeweiht. Es wird helfen, sowohl die aktuellen Kapazitäten  auszuweiten als auch neue Technologien, zum Beispiel elektronische Etiketten, in das Produktionsprogramm aufzunehmen.

Das neue Gebäude soll 2017 fertiggestellt werden und weiteres Wachstum ermöglichen.

Das neue Gebäude soll 2017 fertiggestellt werden und weiteres Wachstum ermöglichen.

Den Bedarf erkennen

In Zeiten, in denen Etiketten und Verpackungen oft zur Massenware avancieren, ist es schwierig, kontinuierlich Gewinne zu erwirtschaften. Faubel ist dies über die Jahre gelungen, weil das Unternehmen den Bedarf des Marktes immer frühzeitig erkannte. Zuerst kam dieses Gespür nach dem Anfang der 80er-Jahre zum Tragen. Die pharmazeutische Industrie benötigte für ihre Arzneimittel anwenderfreundliche und beständige Kennzeichnungen direkt am Produkt.

Faubel baute 1986 eine Produktionshalle, die ausschließlich für die Etikettenproduktion vorgesehen war. Zur Erfüllung der komplexen Anforderungen der Kunden implementierte man ein Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9001 und gemäß dem GMP-Leitfaden. Je vertrauter das Unternehmen mit den Bedürfnissen dieser Branche wurde, desto spezialisierter wurde das Portfolio.

Mit der Internationalisierung von klinischen Studien wuchsen die Ansprüche an den Inhalt der Kennzeichnung. Die unterschiedlichen Teilnehmerländer benötigten die Produktinformationen in ihrer Sprache. Jede Sprache kann mit einer Etikettenversion abgedeckt werden. Diese enorme Menge an Etiketten muss dokumentiert, distribuiert und appliziert werden. Falls die passend gekennzeichnete Medikation für ein Land nicht verfügbar ist, entstehen große zeitliche Verzögerungen innerhalb der Studie, bis eine Nachproduktion den Engpass behebt. Eine bereits gekennzeichnete, aber nicht mehr benötigte Medikation kann nur mit ebenso hohem Aufwand umetikettiert und weiterverwendet werden.

Das Faubel-Compact® Label

Eine andere Option ist es, mehrere Sprachen in einem Etikett einzubinden. Für ein Booklet-Etikett mit 24 Seiten, das dank eines besonderen Verschlussbereiches für flache, eckige und runde Container geeignet ist, meldete das Unternehmen 1996 beim Deutschen und Europäischen Patentamt ein Patent an. Frank Ludwig war maßgeblich an dieser Innovation beteiligt:

„Nach einer Entwicklungszeit von zwei Jahren präsentierten wir ein Booklet-Etikett mit dem Namen Faubel-Compact® Label. Dieses Patent ist seitdem für Deutschland und zwölf europäische Länder gültig. Damit produzierten wir als einer der Ersten diese Kombination aus einem Haftetikett und einer Packungsbeilage.“

Reinhard Kuge (re.) nimmt 1999 für das Faubel-Compact®-Label den Verpackungspreis als bestes innovatives Etikett entgegen.

Reinhard Kuge (re.) nimmt 1999 für das Faubel-Compact®-Label den Verpackungspreis als bestes innovatives Etikett entgegen.

1998 erhielt das Sekundärpackmittel von der FINAT, dem europäischen Etikettenverband, den 1. Preis in der Gruppe „InnovativeEtiketten“. Das Deutsche Verpackungsinstitut kürte das Compact-Label zum besten innovativen Etikett im Jahr 1999.

Innerhalb der letzten 20 Jahre wurde das Booklet-Etikett fortwährend weiterentwickelt: Zusätzliche Funktionen wie ein integrierter Bügel zur Aufhängung von Infusionsflaschen, abnehmbare Dokumentationselemente oder eine Indexstanzung zur besseren Orientierung kamen hinzu. Die maximale Seitenzahl wurde von anfänglich 24 Seiten auf 113 Seiten erhöht. Die Optimierungen entsprachen der Nachfrage der Branche.

„Eine erneute Bedarfsanalyse ergab, dass die Verblindung von klinischen Prüfpräparaten weitere Potenziale ermöglichte. Generell dient diese dazu, unerwünschte Beeinflussungen auf die Studienergebnisse zu vermeiden. Entweder verblindet die Primärverpackung Form, Größe, Farbe, Textur, Gewicht, Geruch und Geschmack der Medikationen oder die Sekundärverpackung übernimmt diese Aufgabe“, erläutert Frank Ludwig.

Die vollflächige Kaschierung von Form, Größe und Gewicht der Primärverpackung und von der Farbigkeit der Studienpräparate erreicht die Blinding-Box von Faubel, die seit 2013 das Produktportfolio bereichert.

Spezielle Dienstleistungen wie die nachträgliche Bedruckung vorproduzierter Bulkware mit variablen Daten, das sogenannte Overprinting, oder die Einholung von länderspezifischen Freigaben wie das Routing sind auch auf die Ansprüche der klinischen Studien abgestimmt. Dass der Bedarf in diesem Markt noch nicht erschöpft ist, bezeugt eine weitere Innovation der Melsunger: Derzeit befindet sich ein elektronisches Etikett in der Testphase, dessen abgebildete Daten sich ändern lassen.

Ein innovatives Werbemittel, das hochwertiges Saatgut schonend integriert, ist post seed®.

Ein innovatives Werbemittel, das hochwertiges Saatgut schonend integriert, ist post seed®.

Mit „Creative Solutions“ überzeugen

Aber nicht nur bei klinischen Studien beweist Faubel seine Innovationskraft. 2011 wurde das Unternehmen für das CRSF-Label als „Ausgewählter Ort 2011“ im Wettbewerb „Deutschland – Land der Ideen“ geehrt. Im selben Jahr gehörten die Melsunger damit zu den Finalisten des Wettbewerbs „Hessen-Champions“ in der Kategorie Innovation. Das CRSF-Label („child resistant“ und „senior friendly“) wird bei Tablettenblistern angewendet und schützt Kleinkinder vor der fälschlichen Einnahme. Senioren können es dennoch leicht öffnen. Das CRSF-Label erfüllt höchste Sicherheitsstandards: Es ist zertifiziert nach EU-Norm DIN EN 14375 und nach US-Standard US 16 CFR § 1700.20.

Das umfangreiche Know-how und der moderne Maschinenpark, die dank der Spezialisierung auf außergewöhnliche Etiketten entstanden, dienten 2014 zur Gründung der neuen Geschäftseinheit Faubel Creative Solutions. Unter dem Dach der Faubel & Co. Nachfolger GmbH und der Markenbotschaft „Faubel – More than just labels“ vereinen sich seither die Geschäftseinheiten Faubel Pharma Services und Faubel Creative Solutions.

In der Geschäftseinheit Creative Solutions stellen die nunmehr über 200 Mitarbeiter des Unternehmens Etiketten, Anhänger und Karten her, die Information mit vielseitigen Marketing-Tools kombinieren. Die variantenreichen Kommunikationsmittel wie post seed® oder das Carry Label unterstützen unter anderem Produkteinführungen und das Dialogmarketing.

„Unsere Produkte eignen sich als ideale Mailingverstärker und lassen sich optimal als Medium für Cross-Selling-Konzepte nutzen“, erklärt Ludwig und blickt positiv gestimmt in die Zukunft. „Für beide Geschäftseinheiten sehe ich Wachstumspotenzial und somit steht den nächsten 160 Jahren von Faubel nichts entgegen.“