Es gibt Produkte, die erkennt jeder an der Verpackung, obwohl er sie selbst möglicherweise noch nie benutzt hat. Wer denkt, dass sich erfolgreiche Marken quasi wie von selbst verkaufen, irrt allerdings. Selbst erfolgreiche Unternehmen richten ihren Markenauftritt immer wieder neu auf sich wandelnde Zielgruppen aus. Einige Beispiele aus dem Portfolio des Kosmetikriesen Beiersdorf illustrieren die Änderungen in den Verbrauchererwartungen.
Nivea: Wohl jeder und jede denkt dabei an eine nachtblaue Cremedose. Der Markenname prangt in weißer Schrift auf dem Deckel des runden Behältnisses. Doch die allseits bekannte Marke steht seit vielen Jahren nicht mehr nur für Handcremes. Auch andere Kosmetikprodukte tragen den renommierten Namen. Dementsprechend gibt es mittlerweile auch mehr als einen Verpackungstyp für Nivea.
Gerade jüngere Konsumentinnen und Konsumenten haben ihre eigenen Vorstellungen, was eine Verpackung leisten sollte. Über diese, von Marketingfachleuten „Generation Z“ getaufte Zielgruppe tauschten sich Experten beispielsweise Ende vorigen Jahres auf der Dresdner Verpackungstagung aus (das packaging journal berichtete ausführlich). Verpackungen müssten vor allem funktional sein. Das sei jungen Konsumierenden, die gerade ins Berufsleben starten, wichtiger als das schicke Aussehen der Produkthülle, bekräftigten die Vortragenden damals. Außerdem werde es gern gesehen, wenn Verpackungen materialsparend und wiederverwertbar sind.
Optische Attraktivität ist nicht alles
Auch ein weltweit führendes Unternehmen wie Beiersdorf berücksichtigt die geänderten Bedürfnisse der nachwachsenden Kundschaft. Das führt dazu, dass das gefällige Äußere einer Verpackung nicht mehr unbedingt der wichtigste Faktor sei. „Bei jeder einzelnen Produktentwicklung testen wir das Zusammenspiel von Produkt und Verpackung“, erläutert eine Sprecherin der Beiersdorf AG dem packaging journal. Vor allem das Thema Nachhaltigkeit spiele eine immer größere Rolle: „Unsere Verpackungen müssen daher nicht nur optisch attraktiv wirken und dabei individuelle produktspezifische Sicherheitsanforderungen erfüllen, sondern auch im Hinblick auf ihre Umweltverträglichkeit überzeugen.“ Als Beispiel führte die Unternehmensvertreterin „Nivea In-Dusch“ an. Durch die Umgestaltung der Verpackungen im vorigen Jahr habe man insgesamt etwa 20 Tonnen Verpackungsmaterial allein für diese Produktreihe eingespart.
Gleichwohl bleibt das Design ein wichtiges Instrument, um Beiersdorf-Produkte der jungen Kundschaft schmackhaft zu machen. Für die Antitranspirantien-Produktreihe „Nivea Black & White Invisible Deos“ kooperierte man im Sommer dieses Jahres mit dem Star-DJ Robin Schulz und band ihn in eine Kampagne ein. Der Elektronikmusiker gestaltete vier Versionen der Deodosen in einem bis September limitierten Design. Verbunden wurde das Ganze mit einer Verlosungsaktion am Point of Sale, bei der es Karten für ein exklusives Robin-Schulz-Konzert zu gewinnen gab.
Kugeliger kleiner Bruder für Labello
Noch umfassender ging Beiersdorf bei der bekannten Lippenpflegemarke „Labello“ vor. Hier wurden der Name, die Gestaltung und die Rezepturen angepasst. Labello wurde zu Labellino. Transportiert der Name bereits den Hinweis auf eine Verkleinerung, wurde die klassische Lippenstiftform zu einer – je nach Betrachtungsweise – Kugel- oder Eiform modifiziert. Die neue Verpackung ist der Lippenform angepasst und lässt sich wegen ihrer geringen Größe leicht in der Handtasche verstauen. Schließlich kamen auch noch neue Geschmacksrichtungen hinzu. Labellinos gibt es beispielsweise in Sorten wie Wassermelone, Granatapfel, Himbeere oder auch Vanille-Cakepops.
„Bei jeder Verpackungsentwicklung orientieren wir uns an den Bedürfnissen der Verbraucher und beziehen aktuelle Trends mit ein. So wurde beispielsweise die Verpackungsgestaltung des ‚Labellino‘ stärker auf eine jüngere Zielgruppe – wie beispielsweise die ‚Generation Z‘ – ausgerichtet“, lässt Beiersdorf verlauten. Dabei wurde in diesem Fall das Augenmerk auch, aber nicht nur auf eine außergewöhnliche, „trendige“ Form gelegt, hebt die Beiersdorf-Sprecherin hervor. Die Labellino-Lippenpflegeprodukte „lassen sich praktisch auftragen, sehen süß aus, und gerade jüngere Frauen und Mädchen zeigen sich gerne damit“, umschreibt sie die Produktvorteile, die zu Beginn des Jahres mit einer großen Social-Media-Kampagne kommuniziert wurden. Die Anwendung sei insofern besonders praktisch, weil sich Labellino mit nur einem „Swipe“, also einer Streichbewegung, auftragen lasse.
Inspiriert wurde der Trend, an dem sich Beiersdorf für den Labellino orientierte, aus den USA. Dort erzielte der Marktführer Eos große Erfolge bei der Zielgruppe der jungen Frauen von 25 bis 45 Jahren mit Lippenpflegeprodukten in Eiform, die über aufwendige Social-Media-Kampagnen beworben wurden. Nivea reagierte darauf, indem man sich vornahm, die Anregung aus Übersee aufzugreifen und ein noch besseres Produkt zu entwickeln, wie ein deutsches Wirtschaftsmagazin Beiersdorf-Chef Stefan Heidenreich wiedergibt.
Angenehme Haptik für die Handpflege
Die Verbesserung der Funktionalität stand wiederum im Vordergrund bei der Neugestaltung der Nivea-Handpflegeserie. Zugleich sollte sich das angenehme Gefühl gepflegter Hände bereits beim Berühren der Verpackung vermitteln. Mithilfe der Hamburger Agentur Lutz Herrmann Design fusionierte Nivea die beliebten Verpackungstypen Flasche und Tube zur „Tottle“. Auf überflüssige Gestaltungselemente verzichteten die Kreativen bewusst. Die klare Form der Verpackung sollte an einen vom Wasser rund gewaschenen Kiesel erinnern. Das Konzept kam nicht nur bei den Verbrauchern an. Dafür gab es den „Red Dot Design Award“ und den Deutschen Verpackungspreis.
„Wir haben spezielle Materialien eingesetzt, um eine weiche, flexible Oberfläche zu schaffen und sicherzustellen, dass sich die Creme einfach herausdrücken lässt.“
Regine Werner, leitende Verpackungsentwicklerin bei Beiersdorf
Besonderen Wert legte Beiersdorf auf die Haptik der „Tottle“. Sie wurde mit einem weichen, flexiblen Oberflächenmaterial ausgestattet. „Unser Ziel war es, eine Verpackung zu kreieren, die wie eine Tube funktioniert und sich zugleich angenehm anfühlt“, erläutert die leitende Verpackungsentwicklerin Regine Werner.