Das Spektrum ist sehr breit gefächert. B&R bietet durchgängige Automatisierungslösungen für viele Bereiche des Verpackungssektors: von der Primärverpackung über die Sekundärverpackung bis hin zur Endverpackung. Wo sehen die Experten die aktuellen Herausforderungen, und welche Entwicklungen stehen aktuell und künftig im Fokus?
Durch flexible Produkttransportsysteme, die mit Robotik, Machine Vision und digitalen Zwillingen kombiniert und über eine zentrale Automatisierungsplattform gesteuert werden, ermöglicht B&R adaptive Fertigung. Durch das nahtlose Zusammenspiel unterstützt das Unternehmen Maschinenbauer hinsichtlich Leistung und Qualität. Die Anwender können von diesen neuen Möglichkeiten profitieren und die Produktion im laufenden Betrieb bis hin zu Losgröße 1 umstellen.
Wir haben Nikolai Feurer, Industry Segment Manager Packaging bei B&R, gebeten, die Positionen seines Unternehmens zu den aktuellen Herausforderungen am Markt, das Potenzial eigener Neuheiten sowie übergreifende Entwicklungstrends zu erläutern:
Herr Feurer, vor welchen Herausforderungen steht aus Ihrer Sicht derzeit die Automatisierung von Maschinen im Verpackungssektor, auf die die Hersteller von Verpackungsmaschinen und deren Anwender reagieren müssen?
Nikolai Feurer Die Verbraucher von heute erwarten, dass sie die Produkte erhalten, die sie wollen, wann sie sie wollen: personalisiert nach ihrem individuellen Geschmack. Daneben sehen wir ganz klar den Trend zu mehr Nachhaltigkeit in der Produktion und beim Produkt, was den bewussten Einsatz von Energie und Rohstoffen betrifft. Wichtige Fragen sind auch die Reduktion von Produktionsflächen sowie die Verknappung auf dem Arbeitsmarkt.
Welchen Komponenten stehen bei B&R zur Verfügung, um jeweils optimale Lösungen zu bieten?
Nikolai Feurer Um in den heutigen Märkten erfolgreich zu sein, bedarf es aus Sicht von B&R eines grundlegenden systemischen Umdenkens. Wir sind davon überzeugt, dass sich die Prozesse in der Maschine selbstständig an die zu verpackenden Produkte anpassen sollten. Dies ist nur möglich mit einer durchgehenden integrierten Automatisierungslandschaft, die von der Steuerung, dem Bedienen und Beobachten, den Ein- und Ausgabemodulen, der Bewegungssteuerung, den mechatronischen Transportsystemen, der Robotik bis hin zur Machine Vision reicht. Wir bieten ein komplettes Portfolio zur Automatisierung einer Produktionsanlage, das sich an die wandelnden Gegebenheiten im Produktportfolio anpasst: die adaptive Fertigung.

Wie unterscheiden sich Ihre Automatisierungslösungen von alternativen Angeboten am Markt?
Nikolai Feurer Mit unseren mechatronischen Systemen, wie AcoposTrak, SuperTrak, Acopos 6D und Robotik, steht den Anwendern aus der Verpackungsbranche ein sehr breites und flexibles Portfolio zur Verfügung. Alle Automatisierungskomponenten sind in Echtzeit miteinander verbunden, wodurch wir eine mikrosekundengenaue Synchronisation aller Bewegungen in der Maschine erreichen. Das Besondere an dieser Automatisierungslandschaft ist die Tiefe der Integration und die Durchgängigkeit über die komplette Automatisierungslösung: ein gemeinsames Engineering-Tool, ein Echtzeitbetriebssystem und ein Echtzeitnetzwerk für die komplette Maschine.
Welche besonderen Vorteile kann das mechatronische Portfolio für den Anwender bieten?
Nikolai Feurer Mit unseren mechatronischen Lösungen kann der Anwender seine Maschine maximal ausreizen und seine Produktivität steigern. Bei einer automatischen Abfülllinie für flüssige Kosmetika wird der Behälter für den Transport zwischen zwei individuell ansteuerbare AcoposTrak-Shuttles geklemmt. Dies ermöglicht eine sofortige Anpassung an die jeweilige Produktbreite, was die Formatwechselzeit reduziert oder komplett eliminiert.
Bei einem konventionellen Transport per Förderband von einer Station zur nächsten muss der Hersteller das Produkt an die technischen Gegebenheiten der Fertigungsanlage anpassen. Die Füllhöhe muss so bemessen sein, dass keine Flüssigkeit durch das Anfahren und Abbremsen der Gebinde herausschwappt. Mit unserem mechatronischen Antriebssystem wird jede Flasche mit einem individuellen Bewegungsprofil gesteuert. Dadurch wird prozessoptimiertes Abbremsen und Beschleunigen möglich. Im Ergebnis kann die Füllhöhe des Behälters erhöht werden.
Warum sollten Anwender im Verpackungsbereich künftig überhaupt auf adaptive Maschinen setzen?
Nikolai Feurer Wirtschaftlich gesehen ist aus unserer Sicht für Maschinen, bei denen mit häufigen Produktwechseln und schwankenden Losgrößen zu rechnen ist, heutzutage nichts anderes mehr sinnvoll. Auch wenn wir Automatisierer mit Leib und Seele sind und wir die technischen Herausforderungen lieben, haben wir den wirtschaftlichen Nutzen unserer Lösungen von Anfang an im Fokus. Und adaptive Fertigung liefert in dieser Hinsicht.
Die Fähigkeit, personalisierte Produkte bis zu Losgröße 1 herzustellen, und damit schnell auf dynamische Marktschwankungen zu reagieren, sowie der gesteigerte Output pro Fläche erhöhen den Return on Investment (ROI). Und last but not least ist eine adaptive Fertigungslinie der Schlüssel, um mit neuen Produkten schneller auf dem Markt zu sein als der Wettbewerb.
Der Anspruch Ihres Unternehmens ist es, zusammen mit dem Kunden eine maßgefertigte Automatisierungslösung zu erstellen. Wie funktioniert das in der Praxis?
Nikolai Feurer Dafür bieten wir den Co-Creation-Prozess, in dem wir unser Wissen über die Automatisierungslösung und die jeweilige Verpackungsapplikation in den gemeinsamen Entwicklungsprozess mit dem Kunden einbringen. Dabei sehen wir uns die eingesetzte Technik an und entwickeln dann gemeinsam mit dem Kunden auf Basis seiner Anforderungen die neue Maschine. Ein Bestandteil sind Tests und Konzeptnachweise in unseren weltweiten Labors sowie Simulationen mit dem digitalen Zwilling. So lassen sich Entwicklungsrisiken reduzieren und die Projektentwicklung beschleunigen.

Welchen Stellenwert hat der Nachhaltigkeitsaspekt bei den Entscheidungen?
Nikolai Feurer Nachhaltigkeit hat in unserem Unternehmen einen hohen Stellenwert. Unser eigenes wirtschaftliches Handeln ist auf die Einsparung von Energie und Ressourcen orientiert. In der Verpackungsbranche tragen unsere Automatisierungstechnologien dazu bei, dass der „Footprint“ der Anlagen sinkt. Damit sind sowohl die Stellflächen der Anlagen gemeint als auch der Carbon-Footprint bei der Herstellung eines Produkts.
Wir sehen beispielsweise bei den Antriebssystemen einen Trend, pneumatische oder hydraulische Systeme durch elektrische Antriebe zu ersetzen. Damit lässt sich der Energieverbrauch der Anlagen bedeutend reduzieren.
Doch wir setzen auch schon viel früher an und berücksichtigen Nachhaltigkeit bei der ersten Konzeption einer Produktionsmaschine und der Prozessoptimierung. Sehr anschaulich wird das am Beispiel eines unserer Kunden, der Plastikflaschen aus nachhaltigen Materialien produziert. Gemeinsam mit dem Kunden ist es uns in dem oben angesprochenen Co-Creation-Prozess gelungen, die Wandungsstärke der Flaschen weiter zu verringern, sodass sie nun schneller und mit reduziertem Materialeinsatz produziert werden können.
Oft erfordern Prozesse mit recycelten Materialien aufgrund veränderter Materialeigenschaften auch einen behutsameren Produkttransport. Technologien in Transportsystemen, wie unserer Antisloshing, also das kontrollierte Abbremsen und Beschleunigen von Flüssiggebinden, sparen Rohstoffe durch weniger Verluste und optimieren die Ausnutzung von Verpackungen.
Welche Impulse für künftige Schritte hat die interpack gegeben?
Nikolai Feurer Die letzte interpack hat gezeigt, dass unsere flexiblen Technologien, wie die Transportsysteme AcoposTrak und Acopos 6D in Kombination mit Robotik am Markt angekommen sind. Bei Kunden und Partnern wurden 20 Maschinen, die mit unseren mechatronischen Lösungen ausgerüstet waren, ausgestellt.
Auf dem Stand von B&R hat ein bekannter Kosmetikhersteller eine Lösung auf Basis vom Acopos 6D präsentiert, um individualisierte Puderdosen in Stückzahl eins unter wirtschaftlichen Rahmenbedingungen herzustellen. Zudem waren erste Anwendungen des planaren Transportsystems Acopos 6D zu sehen, die einen Vorgeschmack auf die Möglichkeiten vermitteln, die Hersteller künftig in ihrem Shopfloor, aber auch darüber hinaus am PoS nutzen können.
Wo geht die Reise bei B&R in den nächsten Jahren hin?
Nikolai Feurer Ich bin davon überzeugt, dass die Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen und Produkte zunehmend zu einer Grundvoraussetzung bei der Investition in Maschinen wird. Niemand wird um das Thema Digitalisierung bei seinen Geschäftsmodellen herumkommen. Wir stärken die OEMs, also die Maschinenbauer in ihrer Wettbewerbsfähigkeit, indem wir sie zu Enablern für neue Geschäftsmodelle ihrer Kunden mit adaptiven Maschinen machen. Und in Zukunft werden wir Maschinen sehen, die sich ohne menschliches Zutun auf neue Produkte rekonfigurieren.
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